Bamberger Sozialrechtler Birk hält Flüchtlingskompromiss für nicht umsetzbar

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Ulrich-Arthur Birk
Ulrich-Arthur Birk

Der emeritierte Sozialrechts-Professor Ulrich-Arthur Birk aus Bamberg erklärt, warum er den Flüchtlingskompromiss für "politische Augenwischerei" hält.

Deutschland ist attraktiv. Freiheit, Sicherheit und ein Rechtsstaat, der unter anderem garantiert, dass alle - nicht nur Inländer - ein Grundrecht auf ein staatlich gesichertes soziokulturelles Existenzminimum haben. Mit dem Asylbewerberleistungsgesetz hat sich der Bamberger Rechtsanwalt und emeritierte Sozialrechts-Professor Ulrich-Arthur Birk befasst. Hier erklärt er, warum er den Flüchtlingskompromiss für nicht umsetzbar hält.

Wie passt das Bekenntnis zum Grundrecht auf Asyl und zur Genfer Flüchtlingskonvention zum Ziel, höchstens 200 000 Flüchtlinge aufzunehmen?
Ulrich-Arthur Birk: Gar nicht. Das Grundrecht auf Asyl kennt eine Obergrenze höchstens bei einem Staatsnotstand. Den haben wir aber nicht. Das Recht auf Asyl nach dem Grundgesetz ist aber nebensächlich, denn es umfasst nur Menschen, die staatlich verfolgt werden. 2016 waren das 0,3 Prozent der Asylsuchenden. Die Genfer Konvention hat niedrigere Anerkennungsvoraussetzungen. Sie gilt auch für diejenigen, die z.B. unter Bürgerkrieg leiden oder vom IS verfolgt werden. Vergangenes Jahr fielen 37 Prozent der Asylentscheidungen (256 000 Anträge) darunter. Eine Kontingentierung ist nach der Genfer Konvention nicht möglich. Dafür müsste diese geändert werden und das wird ja nicht angestrebt.

Kann man überhaupt ein festes Kontingent einführen?
Man könnte höchstens bei den so genannten subsidiär Schutzbedürftigen eine Obergrenze setzen, bei Menschen, die weder unter die Genfer Konvention noch unter das deutsche Grundrecht auf Asyl fallen, aber aus humanitären Gründen schutzbedürftig sind. Das waren 2016 weitere 22 Prozent (153 000 Asylanträge). Hierfür müsste man aber EU-Recht ändern.

Wie bewerten Sie die geplanten Maßnahmen?
In den 1990er Jahren kürzte die Kohlregierung die Leistungen für Asylbewerber im Vergleich zu Inländern um 30 bis 40 Prozent. So sollte Deutschland während des Bosnienkrieges als Asylland weniger attraktiv werden. Das funktionierte. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht 2012 eine solche Absenkung verboten, weil das soziokulturelle Existenzminimum für alle gilt. Die nun geplanten Maßnahmen sollen Deutschland ebenfalls weniger attraktiv für Flüchtlinge machen. Das hat aber mit einer Kontingentierung aber nichts zu tun, damit lässt sich keine fixe Zahl von 200 000 erreichen. Das ist politische Augenwischerei.

Das Gespräch führte
Natalie Schalk
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