Bamberger schlampern bei der braunen Tonne: Zu viel Plastik im Biomüll

3 Min
Foto: /AWM/dpa
Foto: /AWM/dpa
 

Eine Analyse ergibt: In Bamberg landen zu viele Fremdstoffe in der braunen Tonne. Was viele nicht wissen: Auch vermeintlich abbaubare Kunststoffbeutel können nicht wiederverwertet werden. Im Stadtrat werden verschiedene Konsequenzen diskutiert - von kostenlosen Papierbeuteln bis zu Sanktionen.

Etwas ist faul im Biomüll Bambergs. Und die Rede ist nicht von verschimmeltem Gemüse oder vergammelten Fleischresten, denn die sind in der braunen Tonne gut und richtig aufgehoben - und können in der Kompostieranlage verwertet werden. Es geht darum, dass fast die Hälfte der Bamberger ihren Biomüll falsch verpackt einwirft, wie eine Analyse des Witzenhausen-Instituts zeigt, die kürzlich im Senat für Mobilität und Umwelt vorgestellt wurde.

Knapp ein Drittel schmeißt den Biomüll gedankenlos in Plastikbeuteln oder noch in Kunststoff eingepackte Lebensmittel in die braune Tonne. 15 Prozent der Bamberger haben es wohl gut gemeint, aber nicht gut gemacht: Denn die vermeintlich biologisch abbaubaren Kunststoffbeutel, die sie verwenden, brauchen zu lange, um sich in verwertbare Bestandteile zu zerlegen - zumindest in der hiesigen Kompostieranlage. Denn wie lange der Zerfall dauert, hängt von Feuchtigkeits- und Temperaturbedingungen ab. So sind die Bio-Plastiktüten erst recht nichts für den eigenen Kompost. Zudem zerlegen sie sich in der Regel nicht in wertvolle Bodenbestandteile, sondern sie bauen sich nur zu Kohlendioxid und Wasser ab. Wer den Müll nicht lose sammeln will, sollte deshalb - wie zehn Prozent der Bamberger - Papier verwenden.

Anonymität verleitet zur Müllsünde

Was in der Untersuchung auch auffällt: Besonders hoch war der Anteil der Fremdstoffe in der Innenstadt (6 Prozent) und in Mehrfamilienhäusern, wo jeweils viele Menschen eine Tonne nutzen (5,9 Prozent). Deutlich geringer ist der Anteil an Störstoffen wie Plastik, Metall und Glas, wenn relativ klar ist, wer hier etwas in den Müll wirft - nämlich bei Ein-, Zweifamilien- und Reihenhäusern (0,6 Prozent). Auch beim Biomüll verleitet Anonymität zu faulem Verhalten.

Insgesamt ist Bamberg allerdings noch unter dem derzeit gültigen Grenzwert, nach dem bis zu fünf Prozent Störstoffe in der Biotonne sein dürfen. Der Analyse nach befindet sich insgesamt etwa 2,7 Prozent nicht verwertbarer Müll in Bamberger Tonnen, darunter vor allem verschiedene Kunststoffe, aber etwa auch Glas und Metall. Die Bundesgütegemeinschaft Kompost geht jedoch davon aus, dass der Grenzwert im kommenden Jahr auf ein Prozent sinken wird - "und dann würden wir Probleme bekommen, wenn wir so weitermachen", sagt Zweiter Bürgermeister Jonas Glüsenkamp (Grünes Bamberg).

Mögliche Maßnahmen

Was wird die Stadt nun aufgrund der Analyse unternehmen? Eine Möglichkeit ist die kostenlose Abgabe von Papiertüten an die Bürger, ähnlich wie beim Gelben Sack. Städte wie Fürth, Nürnberg und Ingolstadt tun dies teils seit vielen Jahren. Der Anteil an Fremdstoffen ist dort erheblich geringer. Grünen-Stadtrat Wolfgang Grader schlug ein solches Konzept bereits im Februar 2019 vor.

Allerdings ist das nicht billig: Ingolstadt gibt dafür jährlich 400 000 Euro aus. Und hat etwa doppelt so viele Einwohner wie Bamberg. Nun sind die Kassen der Welterbestadt durch die Pandemie klamm wie nie, und 200 000 Euro für die Tonne schrecken die Räte entsprechend ab. Eine Möglichkeit, die die Verwaltung prüfen will, ist die Gegenfinanzierung durch eine Erhöhung der Müllgebühren um fünf Euro (80-Liter-Tonne) bis 65 Euro pro Jahr (1100-Liter-Tonne). Oder man druckt wie in Fürth Werbung auf die Rückseite der Tüten. Auch ist eine Erkenntnis der Untersuchung, dass die Tonnen im Winter nicht einmal halb voll sind. Entsprechend könnten hier längere Abhol-Intervalle für finanziellen Ausgleich sorgen.

"Das lässt sich aber sicher auch anders angehen, als 200 000 Euro in Einwegtüten zu investieren", findet Andreas Eichenseher (Grünes Bamberg) - auch um Ressourcen zu sparen. In der Sitzung schlug er deshalb vor, mit Bäckereien zusammenzuarbeiten, die ja täglich viele Einwegtüten ausgeben. Man könne zum Beispiel dem Personal empfehlen, die Kunden darauf hinzuweisen, dass sie die Bäckertüten auch als Biomüll-Verpackung nutzen können. Und entsprechende Hinweise aufdrucken - "dann haben wir geschätzt 197 000 Euro für andere Dinge übrig". Sollten bei bestimmten Wohnhäusern vermehrt zu viele Fremdstoffe in den Biomülltonnen landen, könnte der Entsorgungs- und Baubetrieb (EBB) dort "Rote Karten" mit entsprechenden Hinweisen anbringen, so eine weitere Idee von Eichenseher. Andreas Triffo (BBB) regte an, das Rathaus-Journal zu nutzen, um die Bürger über die korrekte Befüllung der Biotonne zu informieren.

Auch Sanktionen für Biomüllsünder, etwa zusätzliche Restmülltonnen, die sich auf die Nebenkosten auswirken, oder auch Bußgelder, wurden in der Senatssitzung diskutiert. Allerdings ist eine eindeutige Zuordnung der Tonnen derzeit nicht möglich, da diese nicht wie in manchen anderen Städten mit einem Chip versehen sind. Das Bechippen würde eine "enorme finanzielle Investition" bedeuten, wie es im Sitzungsvortrag heißt. Doch erst dann "wäre über schärfere Kontrollen und Sanktionen zu entscheiden".

FDP-Stadtrat Pöhner würde ein Umdenken lieber über Anreize statt Verbote einleiten. Und Triffo ergänzt: "Es ist vielleicht nicht angenehm, jemand anderen anzusprechen. Aber wenn das in der Nachbarschaft passiert, wird sich auch etwas verbessern. Vielleicht braucht es einfach mehr Vorbilder."