Nach fast 40 Jahren Polizeidienst wird Kripo-Chef Edgar Pfahlmann in den Ruhestand verabschiedet. Zeit für einen Rückblick.
Er hätte auch Mathe und Physik studieren können. Aber der Bund kam dem jungen Edgar Pfahlmann dazwischen. In den Nachwehen der 68er war der Wehrdienst verpönt. Dann doch lieber zur Polizei, hatte der Beinahe-Student überlegt. "Ich hätte es ja nicht geglaubt, dass sie mich nehmen." Aber der gebürtige Ebracher schaffte es aus bayernweit 600 Bewerbern unter die auserwählten 40 seines Jahrgangs.
So abwegig war der Polizeidienst freilich nicht, für den Sohn eines Polizisten, dem der Vater hoch geschätztes Vorbild geworden ist. Damit auch Werte und genaue Vorstellungen von dem, was man darf und was nicht. "Der Beruf des Vaters faszinierte mich, die ganze Familie stand dahinter und trug das mit." So wie später dann auch Edgar Pfahlmanns eigene Familie.
Beinahe 40 Jahre Polizeidienst haben den Oberfranken an viele Stationen in ganz Bayern und viele Einsatzgebiete geführt: Fürstenfeldbruck, Eichstätt, Dachau, Nürnberg, Ebermannstadt, Bamberg. Pfahlmann, der durch das Studium (bei der Polizei) in den gehobenen Dienst einstieg , war unter anderem bei Verkehrspolizei, bei den Polizeiinspektionen Bamberg Stadt, Bamberg Land und zuletzt bei der Kripo, davon die letzten 15 Jahre als deren Chef. Zuständig für gut 90 Mitarbeiter.
"Jede Station hat mir Spaß gemacht," stellt er am Ende seiner Laufbahn zufrieden fest. Was hat ihm gefallen? "Es hat mich immer fasziniert, für Recht, Sicherheit und Ordnung zuständig zu sein, hier gestalten zu können." Was er meint, ist, sich für Schwächere einzusetzen.
Und sei es nur verbal.
Heute viele Taten nicht mehr nachvollziehbar Fast 40 Jahre Polizeidienst - hat sich während dieser Zeit auch Pfahlmanns "Kundschaft" verändert? "Das hat sie," stellt der Kripo-Chef fest. Viele Taten sind für ihn nicht mehr nachvollziehbar. Er meint damit Demütigungen, oder wenn auf Wehrlose, die schon am Boden liegen , eingetreten wird. Insgesamt stellt er oft vollkommen fehlendes Mitleid fest. Was ihn gleichfalls schockiert ist, dass Kinder - als Täter - mit Sexualstraftaten in Berührung kommen, andererseits dabei die Opfer sich gar nicht mehr als solche fühlen. Die Maxime "das tut man nicht" fehle zusehends, ebenso wie die Moral. Zwar nicht überall in der Gesellschaft, aber doch in einem zunehmendem Maß, habe er feststellen müssen.
Die Verrohung beginne aber schon viel früher, meint der Polizist, der lange Jahre auch als Polizeipressesprecher fungierte. "Sie beginnt mit der Wortwahl." Pfahlmann spielt dabei auf die Werbung einer großen Elektronikmarkt-Kette an, die vor Jahren mit dem Prädikat "affengeil" warb. Derartige Begriffe gebe es in Pfahlmanns eigenem Sprachgebrauch nicht. Auch in Jahrzehnten Polizeidienst ist der 61-Jährige nicht abgestumpft. Im Gegenteil, manche Fälle gehen ihm immer noch nach, "die vergisst man nie". Dazu gehört das tote Baby von Walsdorf vor drei Jahren. Er bewundere die Kollegen, die so einen Fall "knallhart bearbeiten können." Das konnte der Kripochef auch nicht in seinem letzten großen Fall (das Verfahren läuft noch), es geht um den Arzt am Klinikum, der Patientinnen missbraucht haben soll. Nachdem er die Beweismittel, also die Bilder, angesehen hatte, sei er eine Stunde lang sprachlos gewesen.
"Es geht doch nichts über einen anständigen Raub, da wird mit offenem Visier gekämpft."
Familie muss viel Verständnis aufbringen Aber die anderen Fälle, gerade mit Hilflosen, Wehrlosen, Schutzlosen, Kindern und alten Menschen als Opfer - "solche Sachen belasten", auch die eigene Familie. Die musste immer viel Verständnis für den Polizisten und Vater aufbringen. Darüber haben Polizeiangewohnheiten abgefärbt. "Die Kinder schauen immer sicherheitshalber noch mal nach, ob sie richtig abgeschlossen haben, wenn sie fortgehen.
Fast wäre eine der drei Töchter zur Polizei gegangen. "Aber sie war einen Zentimeter zu klein," merkt Pfahlmann an.
Würde er wieder diesen Beruf erwählen? "Auf jeden Fall, ein Traumberuf." Warum? "Weil man Verantwortung für die Gesellschaft übernimmt, sich engagieren und helfen kann."
Fast 40-jähriges Engagement bringt ihm nun aber Wiedergutmachung ein: bei der Familie. Die musste oft zurückstecken, jetzt steht sie und vor allem Ehefrau Angelika im Mittelpunkt. Jetzt kommen die Dinge an die Reihe, die Edgar Pfahlmann immer auf die Zeit des Ruhestands verschoben hat. Dazu gehören intensive Arbeiten an den Streuobstwiesen, auf die sich der Landkreisbürger freut.
Nachfolger des "Polarsterns" vorgestellt In diesem Fall war Paul Freudensprung indiskret: Der Leiter der Verkehrspolizeiinspektion hat Edgar Pfahlmanns Spitznamen verraten.
Das war Teil der Sternstunde, durch die Georg Löffler (Präsidialbüro) führte, und zu der die vielen Laudatoren die Verabschiedung des Kripochefs machten. Nicht nur Oberfrankens Polizeivizepräsident Werner Mikulasch würdigte den 60-Jährigen als liebenswerten Kollegen, absoluten Teamplayer und hoch erfolgreichen Polizisten mit beispielhafter Karriere.
Auch Personalratsvorsitzender Hermann Benkel skizzierte die beruflichen Verdienste Pfahlmanns mit persönlichen Worten. Die enge und überaus erfolgreiche Kooperation zwischen Kripo und Staatsanwaltschaft Bamberg hob Leitender Oberstaatsanwalt Bardo Backert hervor, nicht ohne die herausragenden menschlichen Qualitäten Pfahlmanns zu vergessen.
Für Stadt und Landkreis sagte Klaus Stieringer feinsinnig "danke". Von so viel Lob bewegt, dankte Pfahlmann all seinen beruflichen Wegbegleitern und speziell seiner Ehefrau.
Es seien große Schuhe, die er sich anziehe, stellte Pfahlmanns designierter Nachfolger Ralf Popp fest. Der 53-Jährige war die letzten sieben Jahre Kripo-Chef in Bayreuth. Der Familienvater ist in Bad Staffelstein geboren und erklärter Klassikfan. Als solcher trauere er den Wagner-Festspielen schon jetzt nach. Aber die Bamberger Symphoniker sollen auch ganz gut sein, hat der Kriminaler "ermittelt".