Die gemeinnützige Organisation setzt sich für den Erhalt von lokalen Nahrungsmitteln ein. Jetzt wurden auch drei Bamberger Gemüsesorten in die "Arche des Geschmacks" aufgenommen. Die Gärtnereien bauen die alten Sorten wieder an.
"Wir haben heute ein Weltereignis zu feiern", begrüßte Andreas Schneider die zahlreichen Gäste zwischen Stiefmütterchen und Majoran in der Hofstadtgärtnerei der Familie Dechant. Die Arche durfte nämlich drei neue Bamberger Passagiere begrüßen. Nein, nicht Noahs Arche mit den Giraffen und Vögeln, sondern die "Arche des Geschmacks", mit der die internationale Organisation Slow Food für den Erhalt bedrohter kulinarischer Spezialitäten eintritt. Nun sind auch Bamberger Spitzwirsing, Rettich und Knoblauch mit an Bord des rettenden Schiffs.
Eigenständige Knoblauchsorte Letzterer wird jetzt wieder in der Gärtnerei der Familie Dechant angebaut, nachdem es die Bamberger Spezialität über zehn Jahre lang nicht mehr gegeben hatte.
Teilweise unter Vlies geschützt, aber auch entlang der langen Gartenmauer wurden 2210 Pflanzen einzeln gesteckt, nun soll beobachtet werden, wo der Knoblauch am besten gedeiht. Der Samen sei über ehemalige Gärtner und das Projekt "Urbaner Gartenbau im Welterbe Bamberg" an Carmen Dechant gelangt, berichtet Georg Lang, Mitbegründer des Bamberger Sortengartens. Der Knoblauch, der ursprünglich in Hallstadt angebaut wurde, war genetisch untersucht worden, sodass es nun "amtlich" sei, dass es zwei eigenständige Lokaltypen in Bamberg gäbe.
Auch der Spitzwirsing, der ebenfalls neuer Passagier der kulinarischen Arche wurde, zählt zu den lokalen Spezialitäten der Stadt. Viele Bamberger Gärtnereien bauen vermutlich schon seit dem 18. Jahrhundert eigene Haussorten an.
Dieses "Spitzenprodukt", wie Georg Lang das Bamberger Gemüse bezeichnet, sei wesentlich zarter und feiner als andere Wirsingsorten und ein anerkanntes Produkt auf dem Markt, so dass die Spezialität auch in Zukunft erhalten werden müsse.
Gleiches gilt für den Bamberger Rettich. Nur noch drei Gärtnereien gibt es im Welterbe, die ihre eigene Haussorte anbauen, etwa zwei weitere Typen werden im Sortengarten kultiviert. Die Lokalsorten, so sagt Lang, die "eindeutige geschmackliche Vorzüge" hätten, seien besonders kälteunempfindlich, weshalb sie meist schon zwei bis drei Wochen früher als andere Sorten geerntet werden können.
Optimal an Umgebung angepasst Wie der Rettich an die Kälte, so sind die Bamberger Gemüsesorten generell optimal an die Anbaubedingungen der Stadt angepasst.
Sie entstanden nicht etwa durch Züchtungsarbeit, sondern durch Auslese der besten Samen über einen sehr langen Zeitraum hinweg.
So habe sich auch der gute Geschmack der Gemüsesorten entwickelt, meint Gerd Sych von Slow Food. Zudem seien die lokalen Spezialitäten hervorragend für den Bio-Anbau geeignet, da sie ausreichend auf die Umgebung abgestimmt sind, so dass Schädlingsbekämpfungsmittel hinfällig sind.
Neben Knoblauch, Spitzwirsing und Rettich, gab es in Bamberg früher wohl noch besondere Tomaten- und Salatsorten, die heute allerdings nicht mehr zu finden sind. "Kann sein, dass wir da vielleicht noch etwas haben", sagt Carmen Dechant dazu, "mein Onkel hat uns etliche Lebkuchendosen voll mit Samen hinterlassen".
"Auch Verbraucher sind gefragt" Die Gärtnerin, die mit dem Anbau des Knoblauchs zum Erhalt der lokalen Besonderheit beiträgt, ist
sich mit den Vertretern von Slow Food Deutschland einig: Auch die Verbraucher sind gefragt. "Sie müssen die Arbeit der Gärtner wertschätzen, denn sie haben mehr Macht als sie vielleicht glauben", meint auch Diana Büttner vom Zentrum Welterbe. Mit dem Projekt "Urbaner Gartenbau im Welterbe" soll der Bamberger Gartenbau seitens der Stadt unterstützt und in eine erfolgreiche Zukunft geführt werden. Im Rahmen dieses Projekts wurden auch die Sortenbeschreibungen des Bamberger Gemüses erarbeitet und somit die Vorarbeit zur Aufnahme in die Arche geleistet.
Nun sollen sie wieder vermehrt durch die Gärtnereien angebaut werden. "Die gehören einfach zu Bamberg dazu", findet die Historikerin Karin Dengler-Schreiber.
Auch Hörnla auf der Arche Neben den Gärtnereien, die die alten Gemüsesorten anbauen, werden die Lokalsorten auch im Bamberger Sortengarten kultiviert. Besucher können dort die seltenen Pflanzen "leibhaftig und in natura erleben", sagt Georg Lang, der sich seit Jahren für den Erhalt von Spitzwirsing und Co. einsetzt. Nachdem bereits das Bamberger Hörnla, die sonderförmige Kartoffel aus dem Weltkulturerbe, in die "Arche des Geschmacks" aufgenommen wurde, hat er auch die Anträge für die drei neuen Passagiere auf den Weg gebracht.
Und noch ein weiteres Gemüse soll bald auf der Passagierliste stehen, die nun schon 46 Kulturpflanzen umfasst: Die Birnenförmige Zwiebel. Bislang nur im Sortengarten angebaut, soll sie schon bald auch wieder in den Gärtnereien gedeihen und in den Kochtöpfen der Region landen.
Bis dahin wird die Aufnahme von Wirsing, Knoblauch und Rettich in die Arche gefeiert - natürlich mit regionalen Spezialitäten: Traubenschwarz, Gärtnerwasser und Bamberger Hörnchen.