Uwe Smola hat seine Fahrgäste beschützt, indem er einen aggressiven Randalierer aus dem Stadtbus schob. Allerdings hat der Vorfall Spuren hinterlassen.
Es ist die erste Runde nach der Pause, als Uwe Smola (51) an diesem 5. April 2017 in seinen Stadtbus steigt. Linie 910 Richtung Michaelsberg, 16.05 Uhr. Smola weiß es noch genau. Auch, was dann geschah: "Am ZOB war eine Schlägerei, die Polizei war schon vor Ort. Zwei aus der Gruppe wollten dann in meinen Bus steigen, da hab ich schnell die Türen zu gemacht."
Aber weil ein älteres Ehepaar noch einsteigen will, öffnet der Stadtbusfahrer wieder - und die beiden jungen Männer huschen hinein. "Ich hab denen gesagt, sie sollen sich ordentlich aufführen." Zunächst sei alles in Ordnung gewesen, sie hätten brav ihren Fahrschein gezahlt.
Dann, kurz nach der Haltestelle "Am Kranen", rastet einer der beiden völlig aus. Der 21-Jährige schlägt gegen Haltestangen und Sitze, geht Fahrgäste an. "Einen hat er am Kragen gepackt und gedroht: Wenn du's Maul aufmachst, gibt's auf die Fresse", berichtet Smola.
Er beobachtet die Situation im Rückspiegel, sieht, wie der 21-Jährige anfängt, eine Jugendliche zu belästigen. "Die Stimmung war sehr angespannt, die Leute wollten aussteigen. Ich hab sofort an der nächsten Haltestelle in der Markusstraße gestoppt." Die beiden jungen Männer bittet er hinaus. "Da ist der eine plötzlich vorgehastet, hat mit einer Wucht einen Fahrkartenentwerter zerstört und mich angebrüllt: Du schmeißt mich nicht raus!"
Schläge in Niere und Nacken
Smola will die Polizei rufen, doch der 21-Jährige ringt mit ihm um das Handy. Diese Situation nutzt der Busfahrer, um den Angreifer aus dem Fahrzeug zu schieben, "die Leute waren ja noch im Bus". Draußen will Uwe Smola sein Handy aufheben, "doch da hat der Typ voll aufgezogen und mir einen Faustschlag in die Nieren verpasst." Es folgen drei bis vier weitere Schläge ins Genick, am Ende nimmt der 21-Jährige den Busfahrer noch in den Schwitzkasten. Die 15-jährige Jugendliche, die von dem Angreifer zuvor belästigt worden war, schreit noch laut, er solle den Busfahrer in Ruhe lassen.
Dann kommt endlich die Erlösung: Als die Sirenen der Polizei zu hören sind, haut der Angreifer in Richtung Uni-Caféteria in der Markusstraße ab und randaliert dort weiter. Ein Fahrgast hatte die Polizei gerufen. Die nimmt den 21-jährigen Einheimischen fest, doch der wehrt sich, verletzt einen Beamten leicht, wie Polizeisprecher Erich Günther sagt. Er bestätigt auch: "Die Person war bereits polizeilich auffällig" und habe bei der Festnahme Widerstand geleistet. War da vielleicht die ein oder andere Substanz im Blut? Günther verweist auf das laufende Ermittlungsverfahren, deutet aber an: "Es gibt einen Verdacht auf Drogen- und Alkoholkonsum." Busfahrer Uwe Smola will damals etwas von 2,3 Promille mitbekommen haben.
Er wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass er noch länger etwas von dem Vorfall haben würde. Nach der Versorgung im Rettungswagen hat von zu Hause aus seine Frau angerufen. "Sie hatte im Radio davon gehört und nur noch gesagt: Oh nein, das bist nicht du." Sie fährt ihren Ehemann später ins Krankenhaus, denn der konnte seinen Hals nicht mehr bewegen, Verdacht auf einen angebrochenen Wirbel. Doch die Ärztin gab Entwarnung. "Sie sagte, dass es gut sei, dass ich trainiere. So habe der Muskel viel abgefangen", sagt Smola. 9 ½ Wochen und viele Sitzungen bei der Krankengymnastik hat es gedauert, bis er wieder arbeiten konnte. Der Anfang war schwer. "Es war ein komisches Gefühl, wenn ich Betrunkene gesehen habe."
Und dann ist da noch etwas anderes: die blöden Sprüche aus dem Umfeld. Dass er halt hätte hinschlagen sollen, warum er als großer Kerl sich das habe bieten lassen. "Das hat mich geärgert. Aber die haben nicht seinen Blick gesehen. Was, wenn so einer ein Messer zieht?"
Polizei lobt Verhalten
Bestätigung für Smolas Verhalten kommt von der Polizei. Von Bambergs Leitendem Polizeidirektor Thomas Schreiber hat er 100 Euro und ein Begleitschreiben des oberfränkischen Polizeipräsidenten Alfons Schieder erhalten - für seine Zivilcourage. Auch von Stadtwerke-Geschäftsführer Michael Fiedeldey kamen Lob und Anerkennung.
Zwar werden die Busfahrer auf kritische Situationen vorbereitet, erläutert Stadtwerke-Sprecher Jan Giersberg. Zudem verfügen die Busse über einen Notfallknopf und werden nach und nach mit Videotechnik ausgestattet. "Trotzdem ist es wichtig, dass die Leute nicht wegschauen, wenn so etwas passiert", sagt Smola.
Er liebt trotz allem seinen Job. "Du kannst eine Tour zehn Mal fahren, sie ist jedes Mal anders, weil die Leute so unterschiedlich sind." Und dann erzählt er von der "Gaudi" an Fasching oder älteren Damen, die ihm immer was erzählen. Seine Lieblings-Linie bleibt übrigens die 910, auch nach dem Vorfall. "Wegen der vielen engen Gässchen, wo immer keiner glauben kann, dass wir da rum kommen."
Kommentar der Autorin:Hinschauen und helfen
Der Appell des Busfahrers ist eindeutig: "Nicht wegschauen!" Eine Aufforderung, die man immer wieder hört. Aber haben wir sie wirklich verinnerlicht? Gerade, wenn Menschen unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stehen, können sie heftig austicken. Umso wichtiger ist besonnenes Handeln. Schlaue Sprüche von Unbeteiligten, die gar nicht dabei waren, braucht keiner. Deshalb ist es ein schöner Zug der Polizei, dass sie den Busfahrer in seinem Handeln bestärkt hat.
Aha, komisch; in diesem Bericht wird wieder einmal die Herkunft des Täters angegeben
"... Die nimmt den 21-jährigen Einheimischen fest ..."
In den sonst üblichen Berichten fehlt diese Information immer öfters
Beispielsweise bei den aktuellen Themen:
"Mann zeigt mehrfach schlaffes Glied und macht Kurbelbewegungen" oder
"25-Jähriger bedrängt Frau in Bamberg und spuckt ihr dann ins Gesicht" oder aber
"Frau am Bahnhof sexuell belästigt"
Naja, dann bilden wir uns halt unsere eigene Meinung!
PS: Der Bursche, der einer Frau ins Gesicht gespuckt hat war ein Mann aus Casablanca. Siehe Polizeibericht: http://www.radio-bamberg.de/fiese-spuckattacke-in-der-nacht-in-bamberg-5934493/
Mein erster Gedanke war auch: warum hat er sich nicht gewehrt.
Aber wie er schon sagt, man weiß ja nie...
Was mich interessiert: bekommen die Fahrer eine Ausbildung in Selbstverteidigung? Bestenfalls regelmäßig und nicht nur einmal einen Kurs? Wenn nicht, könnte das für die Sicherheit doch angedacht werden.