Bamberg wird momentan mit Plakaten zugepflastert. Neun Parteien treten bei den Stadtratswahlen an. Aber das Rennen um die besten Plätze in der Stadt ist schon gelaufen.
Bamberg ist im Wahlkampf. Man kann es unschwer an den vielen Plakaten erkennen, die momentan die Stadt zieren. "So viele waren es noch nie", findet Lothar Seubert, der vor dem Rathaus ein wenig ratlos im Schilderwald steht - vor lauter Parteien und Köpfen sieht der Bamberger Bürger den Maxplatz nicht mehr. Und das Ende der Plakatflut ist längst nicht erreicht. Denn noch fehlen die Tafeln der Grünen Alternativen Liste (GAL) und der Bamberger Linken.
Die Schlacht beginnt früh Einige Tausend Plakate hängen dann in der Weltkulturerbestadt. Neun Parteien treten bei der Stadtratswahl am 16. März an - so viele wie noch nie. Die Plakate des Bamberger-Bürger-Blocks (BBB), der CSU, SPD, FDP, BUB, der Bamberger Realisten und der Freien Wähler hängen schon - und jeder kämpft um den besten Platz. Die Schlacht beginnt immer früher.
Vier Wochen vor der Wahl ist es den Parteien erlaubt, ihre Plakate frei in der Stadt aufzuhängen, so lange sie nicht den Verkehr gefährden, wie Ralf Haupt, Ordnungsreferent der Stadt, erklärt. Plakate sind schließlich ein demokratisches Mittel, um auf die Wahl aufmerksam zu machen. Nun haben aber einige Parteien bereits vor der Vier-Wochen-Frist, die am 15. Februar begonnen hat, ihre Plakate aufgehängt.
In der Zeit muss die Werbung vom Straßenverkehrsamt genehmigt werden, das eine Sondernutzungsgebühr verlangt. Abgerechnet wird über die Deutsche Städtemedien GmbH (DSM), die das Werbemonopol der Stadt inne hat. Ein Plakat DIN A1 kostet knapp über einen Euro pro Tag. Das Material selbst ist darin noch nicht enthalten. Die Parteien, die diese Sondernutzung in Anspruch genommen haben, hatten laut der DSM und der Stadt eine Genehmigung. Auch die CSU.
Preis der Aufmerksamkeit "Wir wollten einen Akzent im Wahlkampf setzen", sagt CSU-Kreisvorsitzender Christian Lange zur Strategie seiner Partei. 81 Plakate hat die CSU beantragt bei der DSM. Am 9. Februar hat sie bereits plakatiert. Jedoch nur vermeintlich als erste Partei, denn der BBB mit Norbert Tscherner an der Spitze war noch etwas eher dran: am 7. Februar.
Aufmerksamkeit ist das Stichwort. Für den Platz an der Sonne wird alles gegeben. Die FDP hat am 12. Februar nachgezogen. "Wenn zwei Platzhirsche anfangen, dann wollten wir schauen, dass wir auch noch einen der guten Plätze ergattern", sagt Jobst Giehler, Kreisvorsitzender der FDP. Seine Partei hat rund 165 Euro bezahlt, um für drei Tage an 50 Stellen ihre Plakate in der Innenstadt zu positionieren, dort, wo die besten Plätze sind.
Man habe mitgezogen, sagt Giehler, doch kritisiere seine Partei die Sondergenehmigungen generell. "Wir müssen uns auch darüber unterhalten, was das für das Weltkulturerbe bedeutet." Ob das mit den Plakaten so früh vor der Wahl überhaupt sein müsse.
In dasselbe Horn stößt auch Michael Bosch, Vorsitzender der Bamberger Realisten (BR). Man müsse die Stadt nicht zuknallen, meint er. Die Plakate, auf denen die Kandidaten abgebildet sind, wollen die Realisten deshalb erst nächste Woche aufhängen. Bisher habe man nur die "recycelten" Exemplare aus dem vergangenen Wahlkampf verteilt. "Wir versuchen da ökologisch zu arbeiten", sagt Bosch.
Realisten stehen Kopf Im Kampf um den besten Platz sind dabei aber auch schon Kuriositäten aufgetreten: In der Nähe des Bambados hängen drei BR-Plakate auf dem Kopf. Ob das Absicht war oder nicht, weiß Michael Bosch spontan auch nicht zu sagen. "Eigentlich sind das gute Leute." Nach kurzer Rückfrage habe ihm der kreative Plakatierer aber zu verstehen gegeben: Das war Absicht. Schließlich stehe Bamberg derzeit Kopf.
Ein paar Hundert Wahlplakate werden in den nächsten Tagen noch dazukommen, wenn die GAL und die Linke zu plakatieren beginnen. Wobei: Manches verschwindet auch wieder. Laut Daniela Reinfelder, Vorsitzende von Bambergs Unabhängigen Bürgern (BUB), sind zwei ihrer Plakate in der Mittelstraße entwendet worden. Die darunter hängenden Plakate der CSU seien dagegen immer noch an alter Stelle.
Verkehr hat VorfahrtErlaubnis Nach Paragraf 5 der Sondernutzungssatzung der Stadt Bamberg ist die Sondernutzung zur Wahl oder Stimmenwerbung von Parteien oder Wählergemeinschaften im Zeitraum von vier Wochen vor Wahlen, Volksentscheiden oder in der Eintragungsfrist für Volksbegehren erlaubnisfrei. Im Landkreis gilt eine Frist von sechs Wochen.
Vorschrift Wahlwerbung darf nur so angebracht werden, dass die Sicht an Kreuzungen und Einmündungen sowie in Innenkurven nicht beeinträchtigt wird. An Verkehrszeichen darf Wahlwerbung grundsätzlich nicht angebracht werden. Der Verkehr darf generell nicht behindert werden. Auch bei Fußgängerüberwegen darf keine Wahlwerbung aufgestellt werden. In der Nähe von Schulen und Kindergärten sind Sichtbehinderungen durch Plakatständer zu vermeiden.
Gegen informative Plakate wäre wenig einzuwenden - so sie nicht behindernd bzw. gefährdend angebracht sind. Doch ist keine dieser drei Bedingungen erfüllt:
Auf dem Regensburger Ring (stadteinwärts) zwingen Plakate der CSU, SPD, FDP, Freien Wähler und Bamberger Realisten die Fußgänger, vom viel zu schmalen Gehweg auf den gleichfalls zu schmalen (und damit illegal benutzungspflichtigen) Zweirichtungsradweg auszuweichen. Dieselben Parteien, welche die unzureichende und gefährdende Gestaltung der Verkehrsräume für Unmotorisierte zulassen (auch die FDP war in den derzeit noch amtierenden Stadtrat gewählt worden), erhöhen die Gefährdung zusätzlich.
Andernorts werden Radwege durch hereinragende oder zumindest keinen Sicherheitsabstand beachtende Plakate beeinträchtigt, so daß (verbotenes) Ausweichen über den Gehweg geradezu provoziert wird. Legales (!) Ausweichen über die Fahrbahn wiederum wird des häufigeren seitens der Autofahrer nicht akzeptiert und mit aggressivem Hupen oder mehr "geahndet".
Die städtischen Behörden haben zwar eine entsprechende Pressemeldung veröffentlicht, kommen jedoch ihrer Verkehrssicherungspflicht mittels angemessener Überwachung und Ahndung augenscheinlich nicht nach. In früheren Wahlkämpfen blieben auch konkrete Beschwerden meist erfolglos, wenn nicht Autoverkehr betroffen war.
Und informative Inhalte sucht der interessierte Wahlberechtigte auf den Plakaten vergeblich. Statt dessen liest er massenhaft hohle Sprüche, die sich - so sie überhaupt politische Sachverhalte ansprechen - in der bisherigen Politik nicht wirklich wiederfinden lassen. Natürlich dürfen bei dieser Werbeform keine ausführlichen Konzeptdarstellungen erwartet werden. Aber Luft nach oben wäre noch reichlich vorhanden.
So bleibt der Eindruck: Da wenig Substanz geboten werden kann, wird halt Gehirnwäsche mittels permanenter Eintrichterung des Partei- bzw. Gruppennamens versucht. Hoffentlich ist die Mehrzahl der Wähler aufmerksam genug, darauf nicht hereinzufallen.
Offensichtlich handeln viele unsere Parteien im Wahlkampffieber nach dem olympischen Motto - höher - weiter - schneller - ! Weit gefehlt: nicht die Anzahl und Größe der öffentlichen Plakatwerbung zählt - sondern eine bürgernahe verlässliche Umsetzung der vielfachen Wahlversprechen.
Für unsere schöne Stadt Bamberg würde ich mich deutlich weniger öffentliche Wahlwerbung wünschen.
Klaus Linsner
... wo man sich sonst wegen jedes Hundehäufchens Gedanken um den Weltkulturerbestatus macht!
Wie sollen sich kleinere Bürgerlisten denn gegen die Übermacht der großen Parteien mit ihrem gesponsertem Sparschwein durchsetzen um vom Wähler wahrgenommen zu werden ?
Es bleibt ja nur die Plakatwahl! Auf die weiteren Monsterplakate am Schönleinsplatz könnten die " Großen" schon verzichten. Mit Stil hat das jedenfalls nichts zu tun.
Betrachtet man die Quantität statt der Qualität hängen die " Großen" jedenfalls auch faktisch viermal soviel Plakate auf im Vergleich zu den kleineren Bürgerlisten. Die gewählten Fotos spiegeln die Realität nicht wider.