Bamberg will bezahlbaren Wohnraum schaffen

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Auch hier könnten Wohnungen und neue Büroflächen entstehen: Headquarter der US-Armee (oben links) mit einem heute als Parkplatz genutztem Areal. Rechts im Eck: das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei. Foto: Ronald Rinklef
Auch hier könnten Wohnungen und neue Büroflächen entstehen: Headquarter der US-Armee (oben links) mit einem heute als Parkplatz genutztem Areal. Rechts im Eck: das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei. Foto: Ronald Rinklef
Mitveranstalter der Vortragsreihe ,Konversion' - Chance für Bamberg": Christoph Gatz.
Mitveranstalter der Vortragsreihe ,Konversion' - Chance für Bamberg": Christoph Gatz.
 

Der Abzug der Amerikaner gilt vielen in Bamberg als Jahrhundertchance. Vor allem neue Wohnungen für Familien sollen geschaffen werden. Doch es gibt auch Zeichen, dass die Stadt sich nicht allzu viel Zeit damit lassen sollte. Nach 2025 droht ein Bevölkerungsrückgang.

Ortstermin im historischen Teil der Pödeldorfer Straße. Architekturtreff Bamberg, Kunstverein und Schutzgemeinschaft Alt Bamberg kündigen in einem Backsteinbau aus der Gründerzeit eine Vortragsreihe zur Konversion an. Der Treffpunkt ist mit Bedacht gewählt. Wo heute die bayerische Bereitschaftspolizei ihren Sitz hat, konnte Bamberg schon vor über einem Jahrzehnt erleben, was gelungene Konversion bedeutet: In den ehemaligen Militär-Gebäuden der Lagardkaserne arbeiten heute 175 Mitarbeiter des Freistaats, das Gebäude ist mit Millionenaufwand saniert und entfaltet mehr repräsentativen Charme als die meisten Neubauten ringsum.

Doch die Sanierung von fünf Häusern an der Pödeldorfer Straße ist nur eine Winzigkeit. gemessen an dem, was Bamberg bevorsteht, wenn am 30. September 2014 der letzte Zapfenstreich in der US-Kaserne ertönen wird. Ein historischer Tag, wie viele in Bamberg finden. Denn gleichsam über Nacht steht eine Stadt in der Stadt ohne Nachfolgenutzung da. Eine Unzahl von Wohngebäuden, Hallen, Büros, mehr oder weniger attraktive Gewerbeflächen, Schulen, Sporthalle, ja sogar Bannwald müssen in eine Kommune integriert werden, die in den letzten Jahren mehr und mehr an Platzmangel litt.



"Jeder Bürger, vom Mieter bis zum Eigentümer, vom Selbstständigen bis zum Angestellten wird die Folgen der Konversion spüren. Eine Jahrhundertchance tut sich für Bamberg auf", glaubt der Bamberger Architekt Christoph Gatz. Er hat zusammen mit Franz Ullrich und Jörg Händler Experten aus dem ganzen Bundesgebiet zu einer Vortragsreihe zusammengetrommelt. "Bamberg könnte durch eine gelungene Konversion viele seiner Defizite bereinigen."

Mehr Wohnungen, mehr Gewerbeflächen, niedrigere Miet- und Kaufpreise? Steht das aus den Nähten platzende Bamberg etwa vor einem goldenen Zeitalter? Wird die Einwohnerzahl gar auf 80 000 steigen? Harald Lang, Konversionsbeauftragter der Stadt, dämpft allzu hohe Erwartungen: Einfach die bestehenden Gebäude zu sanieren und auf den Markt zu werfen, das wird nicht funktionieren. "Niemand, schon gar nicht die jungen Familien ziehen in eine Kaserne", sagt Lang. Ganz abgesehen davon, dass im Moment nicht abzusehen ist, wie die Stadt das Geld für die Flächen aufbringen soll, wenn es zu einem Wertgutachten nach den Vorstellungen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) kommt.

Rein rechnerisch ist das Potenzial riesig. Auf dem 155 Hektar großen Areal zwischen Autobahn und Weißenburgstraße befinden sich 1800 Einzelappartements, 720 Wohneinheiten für Familien, 30 Doppelhaushälften und drei Einfamilienhäuser. Dazu kommen 150 Privatgebäude, die von Amerikanern bewohnt werden, sowie 180 Mietwohnungen in der Stadt und 600 im Umkreis, die meisten in Memmelsdorf, Stegaurach und Burgebrach.
Welche Wohnungen davon wie schnell auf den Markt kommen, kann heute niemand sagen. Sicher ist: Die Stadt möchte die Konversion benutzen, um neue attraktive Gewerbeflächen zu gewinnen, aber vor allem, um sich zu verjüngen. "Hier können bezahlbare Wohngebiete entstehen, vor allem für junge Familien, die in Bamberg bleiben möchten", sagt Lang.

Eine Offensive in der Wohnungsbaupolitik für Familien wäre in der Tat bitter nötig: Seit Jahrzehnten klagt man in Bamberg über einen Exodus der jungen Leute in den Landkreis, ohne der Abwanderung entgegenwirken zu können. Der Abzug der US-Armee bietet die Chance, eine Trendwende einzuleiten, allerdings nur, gibt Konversionsreferent Christian Hinterstein zu bedenken, wenn es gelingt, auf dem US-Gelände neue attraktive Wohnformen zu schaffen und einen Imagewandel herbeizuführen.

Viel Zeit will sich die Stadt dabei nicht lassen und die Bima schnell davon überzeugen, möglichst schon vor 2014 einzelne Geländeteile zur Entwicklung freizugeben: "Wir sollten die sieben fetten Jahre nutzen", appellieren Hinterstein und sein Kollege Lang an den Bund, die Kommunen bei ihren Bemühungen nach einer sinnvollen Entwicklung zu unterstützen statt auszubremsen. Ihre Befürchtung: Weil die Geburtenquote seit Jahren stagniert, ist absehbar, "dass es ab 2025 zu einem signifikanten Bevölkerungsrückgang kommen wird". Ein Zuzug könne diesen Trend allenfalls bremsen, aber nicht aufhalten.

Doch was wünschen Bamberger Bürger? Wo setzen sie ihre Prioritäten? "Bei der derzeitigen Wohnungsnot und unbezahlbaren Gewerbeobjekten würde der Stadt eine kostengünstige Neuerschließung als Mischgebiet gut tun", meint Peter Henschel. Elmar Brückner fragt sich, welche eigenen Gestaltungsmöglichkeiten die Stadt "nach dem gigantischen Finanz -Kotau vor der Firma Brose" bei der Konversion überhaupt noch hat. Sylvia Schaible schlägt entsprechend einem Vorschlag der GAL auf dem Kasernengelände eine internationale Bauausstellung abzuhalten. "Das gab es in Bayern noch nie und könnte erkleckliche Fördergelder locker machen."
Bezahlbaren Wohnraum wünscht sich Christian Lange (CSU) vom Bürgerverein Bamberg-Ost, ebenso wie Gewerbeflächen für den heimischen Mittelstand. Seine Forderung: "Die Stadt soll die Planungen im Dialog mit den Bürgern - und nicht über deren Köpfe hinweg - entwickeln".


Das Veranstaltungsprogramm:

Veranstalter: Architekturtreff, Schutzgemeinschaft Alt Bamberg und Kunstverein laden zur Veranstaltungsreihe "Konversion - Chance für Bamberg" ein. Die Vorträge finden jeweils um 19 Uhr in der Aula des Franz-Ludwig-Gymnasiums statt.

28. Februar: Dietmar Most, Leiter Planungsamt, berichtet über Konversion in Fürth.

21. März: Karl-Josef Jansen referiert über die für ihre städtebauliche Qualität preisgekrönte Konversion in Ostfildern bei Stuttgart.

18. April : Konrad Hummel, Konversionsbeauftragter, Stadt Mannheim, beleuchtet die
Konversion in Mannheim, die 2011 mit einer intensiven Bürgerbeteiligung begann.

16. Mai : Harald Lang, Leiter Konversionsamt Bamberg, gibt eine Übersicht über die Planungen und zeitlichen Perspektiven der Konversion für Bamberg.

13. Juni: Christian Baumgart, Baureferent Würzburg, erläutert die Bedingungen, unter denen die Stadt Würzburg Flächen beim Bund erworben hat.

10. Juli : In einer Podiumsdiskussion debattieren Konversionsexperten über den anstehenden Wandel in Bamberg.