Bamberg lacht sich schlapp

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Viele Gesten, viele Gesichter: Bülent Ceylan ließ in Bamberg nur andeuten, dass er eigentlich viel mehr kann als kreuzbrave und biedere Integrationswitze. Fotos: Ronald Rinklef
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Der deutsch-türkische Comedian Bülent Ceylan begeisterte in der Bamberger Konzerthalle sein Publikum. Dabei waren seine Gags kreuzbrav und vorhersehbar.

Es ist still geworden um Thilo Sarrazin. Eher lustlos meldeten die Zeitungen zuletzt, dass Sarrazin einige besonders umstrittene Sätze aus der Neuauflage seines Integrationsschockers "Deutschland schafft sich ab" streichen ließ. Eine Debatte mochte sich daran nicht mehr entzünden.

Die Menschen sind Sarrazin-müde und seine grobschlächtigen Thesen inzwischen dort angekommen, wo sie auch hingehören: auf die Comedybühne.

Dort macht sich gerade der deutsch-türkische Comedian Bülent Ceylan einen immer besseren Namen und schickt sich an, Branchenführer Mario Barth langsam den Rang abzulaufen. Mit seinem Programm "Ganz schön turbülent" gastierte Ceylan am Donnerstag nun in der bis auf den letzten Platz gefüllten Bamberger Konzerthalle.

Und auch Ceylans Welt ist recht übersichtlich eingerichtet. Da darf der Türke noch zwielichtiger Gemüsehändler sein, der es mit dem Verfallsdatum seiner Ware nicht allzu genau nimmt.

Der Deutsche ist ganz als chauvinistischer Hausmeister bei sich, der nur dank vorher eingenommener "Anti-Rassismus-Pillen" den festen Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht vollends verlässt. Und dazwischen darf sich der Ostdeutsche noch für Dialekt und "Jammerlappigkeit" belachen lassen.

Ceylan schonte sich wahrlich nicht in Bamberg.

Er schlüpfte in ungezählte Kostüme und Rollen und war sich nicht einmal für Hitler-Parodien zu schade. Vielleicht überraschte es ihn sogar selbst, dass das bescheuerte Idiom des beispielosen Menschenschlächters das Publikum noch immer zum Brüllen bringt.

Man sollte sich aber nicht täuschen:

Nichts an Ceylan Figuren und Witzen ist kontrovers oder auch nur hintersinnig. Er lässt die Türken eben charmant-debile Türken sein und die Deutschen ordnungsfanatische, vorurteilsbeladene Deutsche. Aber nicht einmal darin traut Ceylan seinen holzschnittartigen Figuren und dem Verstand seines Publikums völlig über den Weg. Als er es als Hausmeister Manfred wieder einmal besonders dreist getrieben zu haben glaubt, wird Ceylan umgehend staatstragend: Tatsächlich meine er alles doch ganz anders und trete vorbehaltslos gegen Rassismus ein.

Deutlicher kann ein Künstler seiner Kunst sein Misstrauen eigentlich gar nicht aussprechen.

Es ist deshalb nur folgerichtig, dass die beste Pointe des Abends keine politische war, sondern dem Fach des gepflegten Herrenwitzes entspringt. Der Mann ihrer Freundin, so ließ Ceylan als dekadente Pelzverkäuferin Anneliese das Publikum wissen, sei ein notorischer Fremdgänger: "Meine Freundin ist sich deshalb gar nicht mehr sicher, ob ihre gemeinsamen Kinder überhaupt von ihm sind."

Aber es ist nicht zu leugnen: Das Bamberger Publikum fraß Ceylan aus der Hand und machte seinen Auftritt zum Triumph.

Nachdem es an seinem Programm aber kaum gelegen haben kann, liegt eine andere Vermutung nahe: Neben seinem eindrucksvollen Haupthaar lassen vor allem sein verwaschener badischer Dialekt und die grundsympathische Art die Zuschauerherzen höher schlagen.
Zumal er auch große Schlagfertigkeit darin bewies, Zurufe aus dem Publikum aufzunehmen und daraus spontane Gags zu entwickeln.

Hier deutete Ceylan an, dass er eigentlich viel mehr kann als kreuzbrave und biedere Integrationswitzchen.

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