Bahn darf Kita nicht anknabbern

3 Min
An der Amlingstadter Straße, zwischen Bahngleis und Kita, soll so wenig Fläche wie möglich verlorengehen. Foto: Ronald Rinklef
An der Amlingstadter Straße, zwischen Bahngleis und Kita, soll so wenig  Fläche wie möglich verlorengehen.   Foto:  Ronald Rinklef
 
 
 
 
 

In einer zweiten Sondersitzung arbeitete der Marktgemeinderat Hirschaid weitere Probleme auf, die sich beim Ausbau der Bahnstrecke ergeben werden.

Beim Thema Bahnausbau lässt Hirschaid nicht die Zügel locker. Im Rahmen des derzeit laufenden Anhörungsverfahrens zur Planfeststellung des letzten noch unvollendeten Verkehrsprojekts Deutsche Einheit formulierte der Marktgemeinderat zusammen mit dem Fachanwalt Andreas Lehners, München, Forderungen an den Vorhabensträger, die Deutsche Bahn.
Weil Lehners vom Träger des Kindergartens St. Vitus ein Mandat bekommen hat, darf er in diesem Punkt nicht gleichzeitig die Gemeinde vertreten. Es stellte sich in der Diskussion jedoch heraus, dass sich die Interessen der Marktgemeinde von denen des Kindergartens kaum unterscheiden: Beide legen gesteigerten Wert darauf, dass durch die unvermeidliche Verbreiterung des Bahnkörpers auf die komplette Fahrbahn der Amlingstadter Straße so wenig wie möglich von der Freifläche des Kindergartens abgeknabbert wird.
Diplom-Ingenieur Wolfgang Harrer zeigte zwar skizzenhaft auf, dass neben der künftigen Lärmschutzwand noch eine sechs Meter breite Fahrbahn gebaut werden könnte, die selbstredend sogar den Begegnungsverkehr zuließe. Dann aber müsste der von den Kindern gern genutzte Lärmschutzwall der Kita reduziert oder sogar abgetragen werden.


Geringstmöglicher Eingriff

Beschlossen wurde letztlich bei einer Gegenstimme, im Bereich des Kindergartens St. Vitus parallel zum Bahnkörper die Errichtung eines etwa drei Meter breiten Geh- und Radweges zu fordern und sich auf den geringstmöglichen Eingriff in die Grünfläche der Kita zu beschränken.
Mit dem Ersatzneubau eines Pumpwerkes zur Entwässerung der Unterführung der Maximilianstraße erklärt sich der Marktgemeinderat einverstanden. Er besteht allerdings auf die Verlängerung der Entwässerungsleitung zwischen dem Pumpwerk auf der östlichen Seite der Bahnstrecke durch eine separate Leitung unter die Bahnlinie hindurch in den Bereich Stiberstraße. Zum Durchlass des Friesnitzgrabens erhebt die Marktgemeinde die Forderung, den bestehenden Sandfang zu optimieren, damit die Sedimentationswirkung langfristig ihren Zweck erfüllt.


Sperrung wird abgelehnt

Auf glatte Ablehnung stößt die Absicht der Bahn, die Unterführung Maximilianstraße während der Bauphase für bis zu zehn Monate komplett zu sperren. Bei einer Frequentierung von bis zu 14 000 Fahrzeugen am Tag wären Umleitungen "unvorstellbar". Gemäß dem Erlanger Vorbild, wo der Verkehr im eingeschränkten Umfang aufrecht erhalten wurde, wird die "ständige Befahrbarkeit der Unterführung Maximilianstraße" während der gesamten Baumaßnahme verlangt. Nur für den Schwerverkehr will man Umleitungen akzeptieren. Einschränkungen durch die Fahrbahnverengung und stundenweise Sperrungen müssen in Kauf genommen werden.
Entsprechend einem Plan aus dem Jahr 1998 beharrt der Marktgemeinderat auf die Verlängerung der beiden Außenbahnsteige des Haltepunkts Hirschaid auf 210 Meter Länge und über die Maximilianstraße hinweg. Damit können das Schulzentrum und die künftigen Pendlerparkplätze am Leimhüll fußläufig komfortabel und vor allem verkehrssicher an den Bahnhof angebunden werden.
Um im Kompetenzwirrwarr der Bahn nicht auf verlorenem Posten zu stehen, erwartet die Marktgemeinde eine örtliche Anlaufstelle, damit bei etwaigen Schäden während der Baumaßnahme unverzüglich reagiert werden kann.


Toilettenanlage muss her

Beschlossen wurde ferner die Forderung, auf jedem der drei Bahnsteige Unterstellkabinen mit Sitzgelegenheiten und Abfallbehältnissen zu errichten, dazu je einen Ticketautomaten an Ost- und Westseite des Haltepunkts. Auch der Bau einer Toilettenanlage wird mit Blick auf die hohen Fahrgastzahlen von der Bahn erwartet. Nicht einverstanden ist der Marktgemeinderat mit den von der Bahn geplanten Baustelleneinrichtungsflächen im Leimhüll und in der Stiberstraße. Diese Flächen werden als Pendlerparkplätze benötigt. Der Markt bietet der Bahn als Ausgleichsfläche ein entsprechendes Grundstück am Hirschaider Pendlerparkplatz nahe der Autobahnausfahrt an.
Sorge bereitet dem Marktgemeinderat jahrelange, innerörtliche Baustellenverkehr. Es wird deshalb der Einsatz von Fahrzeugen mit höchstens 20 Tonnen Gesamtgewicht verlangt. Die Zufahrten sollen ausschließlich vom Osten her erfolgen. Außerdem wird davon ausgegangen, dass die Bahn zum Antransport von allem erdenklichen Material weitestgehend selbst den Schienenweg nutzt. Um die Amlingstadter Straße zu entlasten, wird vorgeschlagen, über die Löserstraße und den Ausbau eines Feldweges eine Zufahrt zur Bahnbaustelle zu schaffen. Wegen des für den Streckenausbau geplanten Wegfalls eines Wirtschaftsweges im Bereich der Firma Schaeffler erwartet die Gemeinde Auskunft, wie dort im Bedarfsfall Rettungskräfte und Polizei zu der Bahnstrecke gelangen können.


Schienenbonus auf Prüfstand

Eindringlich wurde der Fachanwalt gebeten, den sogenannten Schienenbonus, durch den sich der Vorhabensträger Erleichterungen bei den Schallschutzmaßnahmen verschaffen will, zu Fall zu bringen. Notfalls soll eine gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden. Der Markt Hirschaid ist nicht damit einverstanden, dass nach Abschaffung des Schienenbonusses zum 1. Januar 2015 noch immer mit diesem Vorteil für die Bahn aus dem Planfeststellungsverfahren der 1990er Jahre operiert wird.
Bürgermeister Klaus Homann (CSU) legte in der Sitzung Wert darauf, erst einmal alle Forderungen der Marktgemeinde an die Bahn zu formulieren, um sie fristgerecht und mit größter Rechtssicherheit im Planfeststellungsverfahren zur Geltung zu bringen.