Auf den Spuren eines Kriegsgefangenen

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Udo Pörschke mit einem Zeitzeugen, der mit seinem Großvater in den polnischen Kohlegruben arbeitete: Pavel Broj Foto: privat
Udo Pörschke mit einem Zeitzeugen, der mit seinem Großvater in den polnischen Kohlegruben arbeitete: Pavel Broj Foto: privat

Auf Phoenix wird die bewegende Dokumentation eines Bambergers ausgestrahlt.

Für Udo Pörschke war es eine Reise zu den eigenen Wurzeln. Nachdem er auf das Tagebuch seines verstobenen Großvaters stieß, besuchte der gebürtige Bamberger all die Orte, an denen sich Martin Welz während des Krieges und seiner Gefangenschaft aufhielt. Diese Spurensuche wird nun auch im Fernsehen gezeigt. Ein Grund für uns, Pörschke zum Kurzinterview zu bitten.

Der Krieg ist schon so lange vorbei. Was brachte Sie dazu, in diese düstere Vergangenheit einzutauchen?
In unserer Familie wurde über den Krieg nie gesprochen. Meinen Großvater, der in meiner Jugend schon dement war, konnte ich dazu auch nicht befragen. Vieles, was damals geschah, war für mich unfassbar. So ergriff ich die Chance, mehr über die Vergangenheit zu erfahren, nachdem mir mein Vater vor seinem Tod ein altes Soldbuch seines Vaters übergab, in dem ich auf das Kriegstagebuch stieß.

Wo begann Ihre Reise, wo endete sie?
Sie begann in Alt Madlitz, wo die Odyssee meines Großvaters, der lange als verschollen galt, ihren Anfang nahm. 3000 Kilometer legten wir letztendlich zurück und zeichneten seinen Weg Station für Station nach. Mit fast 40 Jahren war mein Opa ja "zwangseingezogen" worden, der bei Halbe im April 1945 die Einkesselung deutscher Truppen durch die Rote Armee erlebte. Er wurde gefangen genommen und nach Polen deportiert - ins Kohlerevier, wo die letzten Tagebuch-Einträge entstanden. Hier mussten die Kriegsgefangenen Zwangsarbeit leisten.

Auf der gesamten Reise begleitete Sie Ihr Freund Karl Hertel mit der Kamera. Wie kamen Fernsehsender an die Dokumentation, die daraus entstand?
Wir haben unseren 2015 fertiggestellten Beitrag in kleinen Kinos gezeigt - auch im Bamberger Lichtspiel. In Marktheidenfeld wurde ein ehemaliger "Drehscheibe"-Moderator auf uns aufmerksam und ließ seine Kontakte spielen. So war unsere Doku im April erstmals probeweise bei Phoenix zu sehen und fand tatsächlich so viel Zuschauerzuspruch, dass sie im Oktober nochmals gezeigt wird: als Eröffnung der am 9. Oktober ab 1 Uhr laufenden Themennacht "Die Rückkehr der Zehntausend."

Eine Themennacht zur Rückkehr der letzten Kriegsgefangenen aus sowjetischen Lagern?
Genau. Adenauer hatte ihre Freilassung im Oktober 1955 in Moskau erwirkt. Und zu diesem Themenkomplex passt unser Film als persönliche Reise, die exemplarisch an das Schicksal von Millionen Kriegsgefangener erinnert. Wobei unsere Dokumentation gekürzt und unter dem neuen Titel "Verborgene Zeilen aus der Kriegsgefangenschaft" zu sehen ist. Am 23. Oktober ist dann noch ein Live-Gespräch mit mir beim ZDF-Mittagsmagazin geplant.
Gibt's ein Buch zur filmischen Dokumentation?
Ja. Vom Aufbau her stimmt das Buch mit unserem Film überein, ist nur ausführlicher - eine spannende Reisedokumentation. Da werden noch mehr Hintergründe zu Ereignissen und Interviews beleuchtet, die wir auf unserer Reise mit fast 40 Zeitzeugen führten. Bei der Buchmesse soll mein Werk, das ebenfalls den Titel "Verborgene Zeilen aus der Kriegsgefangenschaft" trägt, vorgestellt werden. Es erscheint zeitgleich mit der Ausstrahlung der filmischen Dokumentation bei Phoenix.

Das Interview führte
Petra Mayer.