Lkw-Fahrer stehen wegen ihrer Fahrweise immer wieder in der Kritik. Bei einer Testtour wird deutlich: Die täglichen Herausforderungen sind groß.
Der Arbeitstag von Mike "Lemmi" Lehmann beginnt um 5 Uhr früh. Der Lkw-Fahrer hat die letzte Nacht auf einem Parkplatz nahe Bamberg verbracht, bevor es wieder auf Tour geht, gönnt er sich am Autohof in Breitengüßbach noch eine kurze Pause. "Kaffee muss einfach sein."
Um 6 Uhr schmeißt "Lemmi" seinen knapp 17 Meter langen Sattelzug an. Während sich die ersten Sonnenstrahlen am Horizont zeigen, biegt der 40-Tonner auf die A73 ein. Es geht circa 60 Kilometer in Richtung Schmölz im Landkreis Kronach. Das Leermaterial einer Metallfirma, für die er gestern in Rheinland Pfalz unterwegs war, muss abgeliefert werden.
Lehmann ist ein "Frischling" in der Branche. Früher hat der Fan des FC Bayern München als Garten- und Landschaftsbauer gearbeitet, den Lkw-Führerschein besitzt er erst seit April. Das Arbeiten auf der Straße sei auf der einen Seite anstrengend. "Manche Ecken sind nicht ohne. Rund um Aschaffenburg zum Beispiel." Trotzdem: Der neue Beruf sei genau das richtige. "Unterwegs ist man sein eigener Chef."
"Halte mich an die Vorschriften"
Während die Autos auf der linken Spur an ihm vorbei schießen, beobachtet "Lemmi" konzentriert sein Tacho. Stressen lässt er sich nicht - auch wenn dies einige Verkehrsteilnehmer nicht immer akzeptieren wollen. "Ich habe auch schon den Stinkefinger gesehen. Aber ich halte mich an die Vorschriften. Wenn es jemand eilig hat und seinen Führerschein unbedingt riskieren will, bitte schön."
Eine Stunde später rangiert Lehmann seinen Lkw durch die engen Schmölzer Straßen in der Marktgemeinde Küps. Auf dem Parkplatz der Metallfirma wartet sein Chef Manfred Hanna. Der Mitinhaber der "Intex-Cool-Trans"-Spedition aus Pressig ist seit 40 Jahren im Geschäft. Hanna weiß also, was sich auf den Straßen abspielt.
Unerlaubte Überholmanöver
Die öffentliche Diskussion um die Zunahme von Lkw-Unfällen hat er natürlich mitbekommen. "Das kommt nicht von ungefähr." Zum einen gebe es immer mehr Fahrzeuge, weil der Transport so günstig ist. Konsequenz: Die Unfallgefahr steigt. Zudem nehme die Aggressivität auf der Straße zu. Das läge unter anderem an den schwarzen Schafen unter den Lkw-Kollegen. Hanna berichtet von "Elefantenrennen" und gefährlichen Manövern. "Überholen ist für viele wie eine Droge, die drängeln sich sinnlos vor dir rein. Aber was bringt das?"
Als vorbildlicher Fahrer sei man bei vielen Kollegen schnell unten durch. "Dann wird man über Funk gemobbt", berichtet der Chef von sechs Kraftfahrern. "Teilweise ist Krieg da draußen." Die moderne Technik würde es den Fahrern zudem heutzutage viel zu leicht machen. "Heute hat man Tempomat und Bremsassistenz. Man muss nicht viel denken."
Auch viele Pkw-Lenker seien durch ihr rücksichtsloses Fahren Schuld an Unfällen. "In Baustellen wird es eng, aber viele müssen unbedingt überholen, obwohl auch sie nicht schneller sein dürfen." Das Prinzip des versetzten Fahrens würde kaum jemand kennen. "Der Lkw-Fahrer ist nicht der Böse. In der Masse ereignen sich Baustellenunfälle wegen der Pkw."
"Jeder Stau bedeutet Verspätung"
Ein weiteres Problem aus Hannas Sicht: Die Fahrer geraten nicht wegen der eigenen Chefs, sondern wegen der vorgegebenen Zeitfenster der Auftraggeber unter Druck. "Jeder Stau bedeutet Verspätung." Wer nicht pünktlich liefert, der kann Probleme bekommen. "Manche Firmen akzeptieren Verspätungen nicht. Dann muss man teilweise stundenlang warten."
"Lemmi" ist mit seinem Sattelschlepper zwischenzeitlich nach Ebersdorf bei Coburg gefahren. Bei einer Firma hat er knapp 20 Tonnen Holzpaletten aufgeladen. Die müssen heute noch in der Nähe von Regensburg abgeliefert werden.
Voll beladen geht es am späten Vormittag wieder auf die A 73. Die Straßen sind fast leer, im Radio kündigt ein Sprecher Regen an. Der Job des Lkw-Fahrers, sagt "Lemmi", sei sein absoluter Traumberuf. "Schau dich doch um: Alles, was ich brauche, habe ich immer dabei. Das hier ist so etwas wie meine kleine Wohnung."
Gefährliche Situationen, tja, ich denke, da sind LKW- und PKW-Fahrer alle irgendwie gemeinsam Schuld daran. Das Problem ist das sehr weit verbreitete "ICH, ICH, ICH".
Aber weil Herr Hanna das rücksichtlose Überholen der PKWs in Baustellen erwähnt ...
Nun, in den letzten Monaten habe ich es praktisch täglich erlebt, daß LKWs im Baustellenbereich bei erlaubten 60km/h und einer erlaubte Maximalbreite auf der linken Spur von 2m andere Fahrzeuge überholt haben ... mit geschätzen 80-90km/h. Da habe ich mich wirklich gefragt, ob diese Fahrer Idioten sind. Wenn der Hänger da auch nur einen Hauch von Schlenker macht, landet man als PKW-Fahrer neben dran entweder unter den Rädern oder in rechts der Betonleitplanke.
Naja, hat ja auch mindestens einmal in der Woche auf dieser Strecke deswegen gescheppert.
Oder: Paketdienste (weniger die Zusteller, sondern die großen LKWs, und egal welcher Dienst, die geben sich alle nichts), die überholen auch dann (schnurz wie dicht der Verkehr ist), wenn ich nach Tacho 100-105km/h fahre. Und dabei weiß ich, daß das dann real 95-100km/h sind. Ich frage mich, ob die Behauptung, daß die LKW-Tachos geeicht sind, nur eine Lüge ist. Ich meine mich aus meiner Fahrschulzeit dunkel daran zu erinnern, daß LKWs eigentlich maximal 80km/h auf der Autobahn fahren dürfen ... oder hat sich in letzter Zeit etwas daran geändert? Ich glaube nicht ...
Klar, auch PKWs fahren zu schnell, was es auch nicht besser macht. Aber ich denke schon, daß es einen Unterschied für den leidtragenden und unschuldigen Verkehrsteilnehmer macht, ob man mit einem 40-Tonner reinrauscht oder mit einem PKW ...
Ja, genau! Und ich bin selbst mit dem 40-tonner täglich auf europäischen Autobahnen unterwegs. Und mehrmals täglich nickt meine Zugmaschine weil intelligente Pkw - Fahrer 100 Meter vor der Ausfahrt knapp vor mir einscherern, dadurch meinen Notbremsassistenten auslösen und dann abfahren. Und vielen Dank für diese Weckmanöver...
Wenn Sie aufmerksam fahren würden, dann würde das Notbremsinstrument sie nicht nicken lassen, dann würden Sie vorausschauend nämlich schon mal den Fuß vom Gas nehmen. Denn wenn sie nicken, heißt das für mich schon, dass sie sich von irgendwas haben ablenken lassen und eben nicht aufmerksam waren.
Leider haben offenbar einige LKW-Fahrer noch nicht erkannt, dass sie potenzielle Mörder sind.
Ich habe letzte Woche auf einer Strecke von ca. 250 km Autobahn drei Mal gebremst, dass mir das ABS um die Ohren geflogen ist, weil so rücksichtslose Trottel auf Gedeih und Verderben überholen und ich fahre keine 200 km/h sondern mit Tempomat 140 km/h!
Was wir dringend bräuchten, wäre ein generelles Überholverbot für LKW und eine verbindliche Lagerhaltung für Firmen, das nähme den Zeitdruck für den Transport!
Da haben sie recht. Auf zweispurigen Richtungsfahrbahnen ist ein Überholverbot auf alle Fälle angebracht, mit mindestens 150m Abstand zwischen den LKW um das Auf- und Abfahren anderen von der Autobahn zu ermöglichen. Auch hat die Politik total versagt, vieles gehört auf die Schiene, aber die Bahn ist zu unflexibel. Außerdem muss es ausreichend Parkplätze an den Autobahnen geben damit die Fahrer ohne jegliche Probleme ihre Pausen einhalten können und das auch ruhig genug um schlafen zu können.