Seit fünf Jahren leben rund 1000 Flüchtlinge in Bamberg in der Ankereinrichtung Bamberg. Wird der Freistaat das Areal 2025 an die Stadt abgeben?
CSU-Stadtrat Stefan Kuhn war es, der den Appell erneuerte, den man schon unzählige Male in Bamberg gehört hat: Die Stadtspitze möge dringend Verhandlungen aufnehmen und den Freistaat auffordern, Teile der Ankereinrichtung Oberfranken (AEO) schon vor Ende 2025 herauszulösen. Glaubt man Kuhn und der Bamberger CSU, dann gibt es neue Argumente für einen solchen Vorstoß: Denn die Belegung in der Großunterkunft liege anhaltend deutlich unter 1000, der Leerstand sei also erheblich.
Die Retourkutsche ließ nicht lange auf sich warten: Ursula Sowa, die grüne Landtagsabgeordnete aus Bamberg, fasste das Ergebnis eigener Gespräche mit dem CSU-Innenminister Joachim Herrmann unter dem Stichwort Beton zusammen. Herrmann weiche keinen Millimeter von der bekannten Haltung ab, dass die ganze Fläche als Ankerzentrum benötigt werde. Um die "versteinerte Haltung" der Staatsregierung aufzuweichen, könne die Bamberger CSU selbst gerne zu neuen Gespräch mit Herrmann dazukommen.
Das parteipolitische Scharmützel, das sich vergangene Woche im Konversionssenat abspielte, verdeutlicht zweierlei: In Sachen AEO und Ankerzentrum hat die Stadt auch fünf Jahre nach dessen Eröffnung wenig bis keine Sicherheit. Und sie muss weiter damit leben, was andere entscheiden.
Bezahlbares Wohnen?
Dabei haben sich die Rahmenbedingungen seit 2015 noch einmal deutlich verschärft: So ließ Harald Lang, Leiter des Konversionsamtes, keinen Zweifel daran, welche Bedeutung den 20 Wohnblocks der ehemaligen US-Flynn-Siedlung in einer Schwarmstadt mit steigender Wohnungsnot zukommen könnte. Schon der Flächenvergleich zeigt: Mit 20,3 Hektar ist das Ankerzentrum größer als die 18 Hektar des Lagarde-Campus. Und gerade beim Thema bezahlbares Wohnen könne der Stadtteil mit seinen über 500 bestehenden Wohnungen "Hilfestellung" leisten, glaubt Lang.
Wie geht es an der Pödeldorfer Straße weiter?
Auf Antrag der CSU-Fraktion hat Lang im Konversionssenat erstmals den Zeitplan vorgestellt, wie sich die Stadt die Übernahme vorstellt. Diese Liste beginnt 2021 und endet 2026 mit einem städtebaulichen Wettbewerb. Neu ist: Nächstes Jahre soll eine Sondersitzung zur Zukunft der AEO stattfinden. Welche Ziele hat die Stadt?
Bis Mitte 2023 will die Stadt einen Rahmenplan erarbeiten, der zeigt, wie es mit dem Areal weitergehen könnte. Sicher wird dabei auch die Verdichtung durch neue Häuser eine Rolle spielen. Platz genug ist auf dem nur locker bebauten Gelände. Klar ist auch: Angesichts der Größenordnung der künftigen Besiedlung braucht es auf dem Gelände auch Gemeinflächen für Kita und Schule. Wann dürfen die Bürger mitreden? In den Jahren 2023 und 2024 sollen sich vergleichbar zu anderen Konversionsvorhaben die Bürger mit ihren Vorschlägen einbringen können. Das Ergebnis dieses Prozesses soll dann auch in die so genannte Zweckerklärung einfließen, mit der die Stadt gegenüber dem Bund erklärt, welche Nutzungen ihr auf der Fläche im Detail vorschweben. Davon hängt auch der Kaufpreis ab, der 2025 gezahlt werden soll. Ist die Übernahme des Ankerzentrums sicher? Das ist die spannende Grundsatzfrage, die sich auch 2020 nicht sicher beantworten lässt. Zwar verweisen Stadträte auf die am 14. August 2015 unterzeichnete Vereinbarung der Stadt mit der Staatsregierung, in der das unwiderrufliche Ende der Einrichtung mit Ablauf des Jahres 2025 terminiert wird. Doch das ist nur ein politisches Versprechen. Was wirklich geschieht, entscheiden alleine die beiden Vertragspartner Bund als Eigentümer und Land als Mieter. Spannend wird es im Jahr 2023, wenn der Freistaat vertraglich gegenüber dem Bund Farbe bekennen muss. Denn spätestens 2023 steht die Kündigung des Mietvertrags an. Sie wäre Voraussetzung für die Entmietung bis Ende 2025. Wo liegen die Risiken? Unter dem Eindruck der Flüchtlingskrise 2015 wurde das Ankerzentrum in Bamberg auf 3400 Plätze ausgebaut. Die maximale Belegung liegt bei 1500 Menschen. Doch niemand gibt eine Garantie dafür ab, was passiert, wenn neue Krisenherde in der Welt Millionen zur Flucht zwingen. Diese Unsicherheit lässt auch Stadträte an der Verlässlichkeit der Zusagen der Staatsregierung zweifeln. Man muss außerdem wissen: Die AEO Bamberg ist dem Freistaat zum Nulltarif in den Schoß gefallen. Bayern zahlt für das Zentrum keinen Cent Miete an den Bund. Nicht zuletzt könnte auch der Eigenbedarf des Bundes die Entwicklung bremsen: Aktuell prüft die Bundesbehörde, ob sie selbst Flächen braucht, auf denen Wohnungen für Bundesbeschäftigte entstehen könnten. Grund sind der Wohnungsmangel und die exorbitant gestiegenen Wohnkosten in Bamberg.