Der damalige Direktor des Unesco-Welterbezentrums in Paris, Bernd von Droste zu Hülshoff (rechts), sprach beim Festakt in der Konzerthalle. Bamberg hätte eine "Auszeichnung im Weltmaßstab" erhalten, die aber auch eine Verpflichtung beinhalte. Foto: Rudolf Mader
Der Plan zum "Durchbruch Mitte" von der Königstraße Richtung Bamberg-Ost mit dem neuen Rathaus (rechts) Repro: Fränkischer Tag
Die Domstadt in einer Reihe mit Venedig, Rom und Jerusalem: 1993 erhielt Bamberg ein Prädikat, das zu dieser Zeit nur wenige deutsche Städte besaßen.
Im rund 9000 Kilometer entfernten Cartagena fiel die Entscheidung: Am 11. Dezember 1993 beschloss die Unesco in der kolumbianischen Stadt bei einer Konferenz, Bamberg zum Weltkulturerbe der Menschheit zu ernennen. In einer Reihe mit Venedig, Rom, Florenz, St. Petersburg, Jerusalem und Damaskus stand Bamberg fortan. So wanderte nicht wie in Aachen nur der Dom oder in Würzburg allein die Residenz, sondern die gesamte Alt- und Gärtnerstadt auf die Liste der kulturell bedeutendsten Orte.
Im Zeichen der Moderne
Mehr als in anderen Städten wie beispielsweise auch Bayreuth, wo im Zeichen der Moderne bis in die 70er Jahre hinein die Abrissbirne wütete, bemühte man sich in Bamberg eben um den Erhalt des historischen Stadtbildes. Schon 1899 war eine "ortspolizeiliche Vorschrift" zum Schutz hervorragender Gebäude in Kraft getreten, wie Karin Dengler-Schreiber und Christine Hans-Schuller in dem Band "Vom Aschenputtel zum Welterbe" berichten. Als Förderprogramm für Denkmalbesitzer machte das "Bamberger Modell" Schule, das fast zwei Jahrzehnte vor dem Bayerischen Denkmalschutzgesetzes (1973) initiiert wurde.
Kampf gegen die Abrissbirne
Natürlich gab es im Kampf um das historische Erbe auch Verluste: Am Schillerplatz musste das Klarissenkloster 1936 einem "Aufmarschplatz" weichen. Das Schützenhaus am Schönleinsplatz fiel 1955. 1968 wurde das "Haus zum Marienbild" am Fuße des Kaulbergs plattgemacht - um nur einige Beispiele aus einer traurigen Reihe zu nennen. Es gab eben auch Gegner des Denkmalschutzgedankens, gerade zu Wirtschaftswunderzeiten. Ihnen sprach ein Stadtrat aus der Seele, der sich in der Nachkriegszeit mit den Worten erboste: "Macht aus Bamberg ein Museum und lasst das Bauen überhaupt sein."
Der "Durchbruch Mitte"
Noch rechtzeitig verhindert wurde ein gigantisches Straßenprojekt, das Mitte der 60er Jahre auf den entschiedenen Widerstand der Gärtner stieß: Der ominöse "Durchbruch Mitte", mit dem der Stadtrat eine Schneise durchs Gärtnerviertel schlagen wollte - für eine vierspurige Straße, ein neues Rathaus und Einkaufszentrum, was Bamberg wohl den Welterbetitel gekostet hätte.
Entscheidend waren glücklicherweise andere Einflüsse: Allen voran hatte Baurat Hans Rothenburger ab 1958 als Leiter des Neubauamtes für den Erhalt von Baudenkmälern gesorgt, die Touristen heute auf Schritt und Tritt bewundern. Er sprach sich für finanzielle Anreize aus, um Eigentümer zur Sanierung zu bewegen und war damit Initiator des "Bamberger Modells". 1968 formierte sich dann auch die Schutzgemeinschaft Alt Bamberg, um den Kampf gegen die Abrissbirne aufzunehmen - gefolgt von anderen Initiativen.
Erste Auszeichnungen
1977 erhielt Bamberg als erste deutsche Stadt die Europa-Goldmedaille für sämtliche Bemühungen um den Erhalt des "Gesamtkunstwerks". Eine weitere Goldplakette gab's 1979 beim Bundeswettbewerb "Stadtgestaltung und Denkmalschutz im Städtebau" - was den damaligen OB Theodor Mathieu auf den Gedanken brachte, nun auch auf Bambergs Aufnahme in die deutsche Vorschlagsliste für den Welterbetitel zu drängen. Woran Paul Röhner als Nachfolger anknüpfte, in dessen Amtszeit die Altstadt als Gesamtensemble ausgewiesen wurde und der Stein ins Rollen kam. Kurz vor Weihnachten wurde Bamberg 1993 endlich nach Lübeck und Goslar zur dritten deutschen Stadt, deren gesamter historischer Kern zum Weltkulturerbe avancierte.
Offiziell übergeben wurde die Urkunde, die Bambergs Aufnahme bestätigte, am 15. April des darauffolgenden Jahres: 14 Tage vor dem Ende seiner zwölfjährigen Amtszeit nahm Röhner die Auszeichnung in der Konzerthalle entgegen. Als Direktor des Unesco-Welterbezentrums in Paris war Bernd von Droste zu Hülshoff gekommen. Und betonte in seiner Rede auch die Verpflichtung, die Berg-, Insel- und Gärtnerstadt nunmehr "vollständig und dauerhaft" zu schützen, ganz so wie es in der Welterbe-Konvention von 1972 festgehalten wurde.
Neues Bewusstsein
Was aber brachte die hohe Auszeichnung Bambergern - von der Touristenschwemme mal abgesehen? "Ein neues Bewusstsein", sagt Karin Dengler-Schreiber. Viele Menschen hätten dadurch erst "den Wert der historischen Stadt, in der sie leben, zu schätzen gelernt", meint die Historikerin, die die Entwicklungen ab 1983 als ehrenamtliche Heimatpflegerin und später Leiterin des Welterbezentrums begleitete. Zumal sich seit den 90er Jahren unter den Städten "ein Affentanz um den Welterbetitel entwickelte - einem wahren Edelstein unter den Auszeichnungen". Einen höheren Stellenwert hätte der Denkmalschutzgedanke somit natürlich auch bei Entscheidungen wie beispielsweise zum Erhalt der Unteren Mühlen. "Auch beim Quartier an der Stadtmauer hätte man sich früher vielleicht für den totalen Abriss einschließlich der historischen Bausubstanz entschieden."