8,50 Euro sind das Mindeste

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Julian Biondolillo ist Auszubildender im Ristorante da Francesco Bamberg am Michelsberg. Und stellt bereits eine Ausnahme des Mindestlohns dar: Für Azubis unter 18 gelten die Regelungen nicht. Foto: Barbara Herbst
Julian Biondolillo ist Auszubildender im Ristorante da Francesco Bamberg am Michelsberg. Und stellt bereits eine Ausnahme des Mindestlohns dar: Für Azubis unter 18 gelten die Regelungen nicht. Foto: Barbara Herbst

Was bedeutet es, wenn Bamberger Unternehmen aus Handwerk und Gastronomie ihren Mitarbeitern ab Januar 8,50 Euro die Stunde bezahlen müssen? So viel sei vorweggenommen: Das Geld spielt dabei eigentlich keine Rolle.

Kurz nachdem im Juli der Mindestlohn beschlossen wurde, erhielt Siegfried Dibowski, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft in Bamberg, einen Anruf. Eine Frau war am Apparat. Ob denn der Mindestlohn dann auch für sie gelte, hatte sie gefragt. Sie arbeite in Unterfranken, in einer Bäckerei. Für sieben Euro die Stunde.

Hier in Bamberg könne sich eigentlich kein Handwerksbetrieb leisten so schlecht zu bezahlen, sagt Dibowski. Der Wettbewerb der Unternehmen sei zu groß, die Arbeitnehmer würden abwandern. Oder gar nicht erst kommen. "Wir müssen mittlerweile über Tarif bezahlen, um überhaupt Leute zu bekommen", sagt Norbert Liebig von der Fleischer-Innung Bamberg. 10,65 Euro verdient der Geselle.

Kontrolliert wird vom Zoll

Auch bei Volker Wrede, Inhaber des Live-Clubs, werde sich eigentlich nichts ändern.
Sicher, der Verwaltungsaufwand werde sich leicht erhöhen. Mit dem Mindestlohn kehrt auch die lückenlose Aufzeichnungspflicht in die Gaststube ein. Arbeitsbeginn, Ende und Pause müssen maximal sieben Tage später dokumentiert sein.
Kontrolliert wird die Einhaltung des Mindestlohns vom Zoll - alles was künftig unter 8,50 Euro liegt, fällt unter Schwarzarbeit. 1600 Mitarbeiter will die Zollverwaltung dafür zusätzlich einstellen. Arbeitgebern, die keinen Mindestlohn zahlen, droht ein Bußgeld.

Aber nicht nur beim Zoll, auch bei Volker Wrede im Live-Club sind die Arbeitsplätze sicher. Entlassen werde er niemanden, er zahle sowieso schon jedem mehr als den Mindestlohn. Allein, Minijobber werde er keine mehr einstellen.

Minijobber bekommen 8,50 Euro, die Lohnnebenkosten trägt der Arbeitgeber, 30 Prozent, am Ende käme er so auf einen Stundenlohn von 11 Euro. Die Minijobs, das sei der Bereich, der mit dem Mindestlohn wegfallen werde, sagt Wrede.

Und die Kaufkraft, fügt er noch hinzu, die werde durch den Mindestlohn nicht besser, da im Umkehrschluss auch die Preise steigen würden. Dibowski sieht das etwas anders. Im Niedriglohnsektor, sagt er, werde die Lohnsteigerung höher sein, als der Kaufkraftverlust durch steigende Preise. Diejenigen aber, deren Gehalt bisher knapp über dem Mindestlohn lag, deren Kaufkraft werde sich nicht verbessern.

Von Friseuren und Putzfrauen

8,94 Euro verdient ein Friseurgeselle nach dem ersten Jahr. Das regelt der Tarifvertrag der Friseurinnung in Bayern. Und seit 2013 regelt ein bundesweiter Tarifvertrag noch etwas anderes: die Einführung eines tariflichen Mindestlohns von 8,50 Euro. Ab dem 1. August 2015. In Bayern ab dem 1. Mai.

Ein wenig kompliziert sei das bei den Friseuren, sagt Doris Ortlieb, vom Innungsverband des bayerischen Friseurhandwerks. Da der Tarifvertrag der Friseurinnung bereits lange vor dem gesetzlichen Mindestlohn ausgehandelt wurde, laufe nun der Antrag, dass die Friseure die dort gesetzten Fristen für die Anhebung beibehalten können und nicht mit dem 1. Januar die Löhne heben müssen. Es ginge dabei vor allem um Betriebe im Osten, die von einem ganz anderen Lohnniveau gekommen seien. Bayerische Betriebe, sagt Ortlieb, wären kaum betroffen, die würden auch verkraften den Mindestlohn ab dem 1. Januar zu zahlen. Momentan liege der Lohn in der untersten Klasse, also für ungelernte Kräfte und Neueinsteiger bei 8,22 Euro.

Auch für die Angestellten der Gebäudereinigung wird sich mit dem 1. Januar 2015 etwas ändern - ihr bereits seit Jahren tariflich festgelegter Mindestlohn von 9,32 Euro wird sich auf 9,51 Euro erhöhen, sagt Markus Pinsel von der Gebäudereinigerinnung Nordbayern. Ihn ärgere es, wenn beim Thema Mindestlohn immer zuerst auf die Gebäudereinigung gezeigt werde.

Saisonarbeit wird teurer

Eine Branche, die nicht unbedingt an erster Stelle steht, wenn es ums Thema Mindestlohn geht ist die Landwirtschaft. Hier geht es vor allem um die Saisonarbeitskräfte, insgesamt 330 000 sind es deutschlandweit. In Bamberg sind die meisten Betriebe davon jedoch nicht betroffen, sagt Werner Nützel, Geschäftsführer des Kreisverbandes bayerischen Bauernverbandes. Zum einen, weil über 95 Prozent der Betriebe Familienbetriebe sind. Zum anderen, weil die meisten Acker- oder Viehbetriebe sind. Dort werden, im Gegensatz zu Betrieben mit Obst-, Spargel-, Gemüse- oder Weinanbau, keine Saisonarbeitskräfte eingesetzt.

Für die Landwirte, die von der Mindestlohn-Regelung betroffen sind, stelle sich dann vor allem das Problem, die höheren Lohnkosten auch auf die Produkte umlegen zu können. Im Zweifel, sagt Nützel, werde der Handel auf billigere Produkte aus dem Ausland zurückgreifen.

Mehr Aufwand

Was nun die eingangs erwähnte Angestellte betrifft: Hätte sie in einer Bäckerei in Bamberg gearbeitet, sie hätte die Frage wohl nicht stellen müssen: Die meisten hier bezahlen sowieso über Tarif, sagt Alfred Seel von der Bäckerinnung Bamberg. Für ihn ändere sich mit dem Mindestlohn nichts, außer der Dokumentationspflicht und der damit einhergehenden Haftung.

Ein wenig mehr Aufwand also. Mehr Aufwand für einen Lohn, der am Ende vor allem eines ist: eine Untergrenze. Oder, wie Siegfried Dibowski es ausdrückt: "Ob der Mindestlohn reicht für ein anständiges Leben?"