Die Stadt lenkt eine Dreiviertelmillion Euro in eine Rücklage für die Sanierung der Jugendherberge. Welchen Einfluss Norbert Tscherners Unterschriftenaktion hatte, darüber entflammte ein heftiger Streit.
Im Bamberger Bürgerpark Hain zaubert der Lerchensporn alias Haingöger bunte Farbteppiche auf den Waldboden, doch auf der anderen Flussseite fällt das Frühlingserwachen etwas anders aus als gewohnt. Hier leben derzeit 26 Asylbewerber, die mehrheitlich aus der russischen Föderation nach Deutschland geflohen sind. Doch das Intermezzo als Flüchtlingsheim, zu dem sich der Stadtrat mangels Alternativen im vergangenen Dezember durchgerungen hatte, währt nicht mehr allzu lange.
Bereits im Sommer bietet sich eine Alternative an. Wie Ralf Haupt im Stadtrat berichtete, sollen voraussichtlich ab Juli rund 20 zusätzliche Plätze im Haus Ludwigstraße 14 für Asylbewerber zur Verfügung stehen. Die Regierung will das Anwesen gemeinsam mjt dem bereits als Flüchtlingsunterkunft genutzten Nachbarhaus Ludwigstraße 16 als Sammelunterkunft anmieten. Der dafür nötige Umbau wird laut Christian Wonka vom Amt für Immobilienmanagement mit Hochdruck erfolgen. Ein Umzug der Flüchtlinge vom Hain in die Ludwigstraße könnte direkt im Anschluss erfolgen.
Eine wichtige Weichenstellung für eine Zukunft des Jahrzehnte lang als Jugendherberge genutzten ehemaligen Bootshauses hat unterdessen der Finanzsenat gegen eine Stimme beschlossen. Sämtliche Fraktionen votierten dafür, vom überraschenden Überschuss der Jahresrechnung für das Haushaltsjahr 2012, insgesamt 4,9 Millionen Euro, 750 000 Euro für die geplante Erneuerung des beliebten Gästehauses abzuzweigen. Nur Bürgermeister Werner Hipelius (CSU) fürchtet, dass durch die Festlegung das Geld für die geplante Sanierung der Schulen fehlen könnte.
In der Stadtratssitzung am Mittwoch wurde dieser Beschluss bestätigt. Hier erfuhren die Politiker auch, wie die Verwaltung die Sanierung der Wolfsschlucht in Angriff nehmen will. Laut Wonka laufen derzeit sowohl mit dem Deutschen Jugendherbergswerk, als auch mit dem oberfränkischen Schullandheimwerk Verhandlungen über die Nutzung der Wolfsschlucht in der nicht mehr allzu fernen Zukunft.
Dabei sollen auch die Idee eines Fahrradhotels und der Antrag der Freien Wähler berücksichtigt werden, die den Vorschlag eines Jugendgästehauses ins Gespräch brachten. Ein solches schließe die Aufnahme von kleinen Gruppen und Einzelpersonen nicht aus, habe aber niedrigere Standards als das Jugendherbergswerk.
Auch die Bamberger Touristikförderer würden es begrüßen, wenn die Wolfsschlucht als spezielles Übernachtungsangebot für junge Leute erhalten bliebe. Andreas Christel, der Leiter des Tourismusservice, sieht neben dem Jugendgästehaus am Kaulberg noch ausreichend Potenzial, die jungen Zielgruppe an Bamberg zu binden. Der Grund: Bamberg ist wegen seiner Vielfalt und seiner Bedeutung als Welterbe ein ganz besonders beliebtes Jugendreiseziel.
Freilich wird die "Neue Wolfsschlucht" nicht zum Nulltarif zu haben sein. Wie seit Jahren bekannt, ist in der ehemaligen Jugendherberge viel zu sanieren, unter anderem die Heizung, das Rohrleitungsnetz, die aus energetischer Sicht völlig veralteten Fenster sowie Zahl und Funktion der Nasszellen.
Um den Kostenrahmen abzustecken, billigte der Stadtrat ein abgestuftes Vorgehen. Danach soll zuerst eine Kostenschätzung für den höchsten Nutzungsstandard ermittelt werden, um in einem zweiten Schritt Einsparmöglichkeiten zu überlegen.
In der Stadtratssitzung am Mittwoch entflammte eine heftige Debatte darüber, welchen Einfluss es auf den Fortgang der Dinge hatte, dass Norbert Tscherner vom Bürger-Block 7000 Unterschriften für den Weiterbetrieb der Jugendherberge gesammelt hatte. "Wenn er das nicht gemacht hätte, dann wären wir jetzt nicht so weit", wagte CSU-Sprecher Helmut Müller zu sagen und erntete dafür den entschiedenen Widerspruch von Wolfgang Metzner (SPD). Der sprach von einem "verirrten fraktionslosen Stadtrat". Tscherners Aktion nannte er "überflüssig wie ein Kropf". Der Stadtrat habe von Anfang dafür gestimmt, dass die Herberge erhalten bleiben soll - mit Tscherners eigener Stimme, wie Metzner betonte.
Auch von der grünen Fraktion und von Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) musste sich Tscherner Vorhaltungen machen lassen. Er betreibe ein gefährliches Spiel und müsse es verantworten, dass Bamberg in den Ruch der Ausländerfeindlichkeit komme. "Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht", sagte OB Starke.
Eindringlich war der Appell der Mehrheit im Stadtrat an den Bürger-Block-Stadtrat, es nun gut sein zu lassen und den Antrag auf ein Bürgerbegehren zurückzuziehen. Mit dem Beschluss, 750 000 Euro zurückzulegen, sei es gesichert, dass die Wolfsschlucht als Jugendstätte erhalten bleibt. "Wir zeigen damit, dass wir nicht nur reden, sondern auch handeln", hatte Helmut Müller gesagt.
Tscherner wies die Schuld an der Entwicklung im Hain der Stadtspitze zu. Nachdem die Regierung die Stadt vor einem Jahr aufgefordert habe, 150 Asylbewerber aufzunehmen, habe es diese versäumt, sich rechtzeitig um Alternativen zu kümmern. Erst nachdem er angefangen habe, Unterschriften zu sammeln, habe sich die Stadt wirklich bemüht. Ein schnelles Zurückziehen des Begehren lehnte Tscherner ab. Er will sich erst mit seinen Mitinitiatoren beraten und sicher gehen, dass die Sanierung wirklich erfolgt.