Emil Müller gibt sein Amt als Vorsitzender der Kissinger Caritas nach 27 Jahren ab. Ein ehrenamtlicher Nachfolger wurde nicht gefunden. Wie es für den Kreisverband nun weitergeht und warum die Caritas manchmal gezwungen ist, ihre christlichen Werte hinten anzustellen.
27 Jahre lang hat Emil Müller den Caritas Kreisverband ehrenamtlich geführt. Das ist fast ein ganzes Berufsleben. Offiziell steht der Lokalpolitiker aus Burkardroth noch ein paar Wochen an der Spitze des Wohlfahrtsverbandes, inoffiziell hat er sich im Juli aus der aktiven Arbeit zurückgezogen. " Es war eine spannende, eine bereichernde, aber auch eine fordernde Zeit", sagt der stellvertretende Landrat. Die Arbeit für die Caritas habe seine persönliche Sicht geprägt. Aber: "Ich habe es fast ein bisschen lange gemacht." Der Wechsel ist aus seiner Sicht überfällig. Dass er nicht schon eher erfolgt ist, hing mit Personalsorgen zusammen.
Müller hatte schon bei der Vorstandswahl vor vier Jahren signalisiert, aufhören zu wollen. Weil es keinen passenden Nachfolger gab und Anne Hilpert-Böse damals gerade neu die hauptamtliche Geschäftsführung übernommen hatte, entschied er sich jedoch, noch eine Amtszeit weiterzumachen.
Die ist nun zu Ende gegangen, jedoch ohne dass ein ehrenamtlicher Nachfolger gefunden wurde. "Die jüngere Generation hat ein anderes Verständnis von Ehrenamt. Es gibt immer noch viele Leute, die sich engagieren, aber eher temporär", kommentiert Müller die schwierige Suche. Heute wollen sich viele nicht mehr auf Jahre ein ein Amt binden. Gleichzeitig schrecke es ab, für einen großen Verband mit 230 Beschäftigten und einem Haushaltsvolumen von sechs bis sieben Millionen Euro die Verantwortung zu tragen. Der Caritas Kreisverband Bad Kissingen sei zu groß, als dass mögliche Nachfolger es sich zutrauen, Beruf, Familie und Ehrenamt unter einen Hut zu kriegen. "Die Maßstäbe haben sich geändert. Darauf müssen wir nun eingehen"", sagt Müller.
Der Kreisverband wechselt somit von einem ehrenamtlichen auf einen hauptamtlichen Vorstand, der ab sofort auch von Geschäftsführerin Anne Hilpert-Böse geführt wird. Ihr wird ein Aufsichtsrat zur Seite gestellt. Der Wechsel ist formell noch nicht vollzogen, die neue Vereinssatzung liegt aktuell beim Vereinsgericht zur Eintragung.
Das letzte Rettungstuch Caritas
Müller kam unverhofft zur Caritas. 1994 war die Stelle des Caritasvorsitzenden wegen Krankheit vakant. "Das war in einer Phase, als meine Mutter pflegebedürftig war und von der Caritas gepflegt wurde. Vorher hatte ich mit der Caritas nicht viel am Hut", erzählt der CSU-Politiker. Er wurde gefragt, ob er den Vorsitz übernehmen wolle. "Ich konnte mir nicht vorstellen, was es heißt, einen Wohlfahrtsverband zu führen", sagt er. Müller war damals Bürgermeister von Burkardroth. Weil die eigene Familie auf die Pflege angewiesen war und weil er als Bürgermeister nicht nur Engagement predigen, sondern vorleben wollte, sagte er zu.
Insgesamt war das die richtige Entscheidung. "Man weiß, man engagiert sich für Leute, die keine große Lobby haben. Wir haben uns immer mit den Menschen beschäftigt, die durch alle Raster fallen." Das können Menschen sein, die so weit abseits wohnen, dass sie Probleme haben, einen Pflegedienst zu finden, der sie betreut. Das können Eltern sein, die Rat bei der Erziehung ihrer Kinder suchen, Menschen mit Suchtproblemen, Menschen, denen das Geld zum Leben fehlt, Menschen, die vor Krieg geflohen sind und nun Hilfe brauchen, sich zu integrieren.
Die Caritas bearbeitet ein wichtiges, aber kein leichtes Feld - gleichwohl hatte der Verband in den 27 Jahren auch selbst immer wieder mit großen Herausforderungen zu kämpfen, sei es durch personelle Wechsel oder Geldsorgen. "Es gab Phasen, da habe ich mich gefragt, warum tust du dir das eigentlich an?"