Eine Operation sei die letzte Wahl. Die Möglichkeiten hätten sich im Vergleich zu früher erheblich verbessert. Bei Bandscheibenvorfällen haben die Ärzte viele Optionen, den Patienten zu versorgen, ohne zur Knochenfräse zu greifen. Das gilt etwa, wenn die Schmerzen von Muskeln, Faszien oder Sehnen ausgehen. Wohlwender betont: "Sorgen vor unnötigen Operationen sind unbegründet. Wir operieren nicht als erstes, sondern verwenden viele andere Angebote, die die moderne Medizin zu bieten hat und die erprobt sind."
Die Sprechstunde in Bad Kissingen ist für die klassischen Beschwerden vorgesehen, soll aber auch Notfälle abdecken.
Alarmsignale Wirbelsäule: Bei Taubheit sofort zum Arzt
Patienten müssen nicht sofort bei jedem Rückenschmerz zum Arzt. "Bei der einfachen Verrenkung reichen oft lokale Wärmeanwendungen und leichte Bewegung aus", sagt Neurochirurg Wohlwender. Wenn die Schmerzen sich allerdings über einen längeren Zeitraum nicht bessern, sollte ein Facharzt konsultiert werden.
1. Ein Fall für die Wirbelsäulenspezialisten sind Rückenschmerzen, wenn sie auf andere Körperteile wie Arme und Beine ausstrahlen und vor allem wenn eine Reduktion der Muskelkraft und Taubheitsgefühle dazukommen - etwa in den Händen, in den Füßen oder im Unterleib. "Bei Rückenschmerzen mit Problemen beim Wasserlassen wird gleich eine Notfall-Operation in die Wege geleitet", sagt Wohlwender. Die Entleerung der Blase werde über Nervenbahnen im Spinalkanal der Wirbelsäule gesteuert. Ist diese Funktion gestört, ist das ein ernstes Warnzeichen.
Patienten mit Beschwerden an der Halswirbelsäule leiden häufig unter heftigen Nackenschmerzen. Falls zusätzlich der Schmerz in die Arme ausstrahlt, oder ein gestörter Gleichgewichtssinn, taube Hände oder eine eingeschränkte Feinmotorik dazukommen, ist eine Notfallvorstellung in der Praxis erforderlich. "Oft klagen Patienten zum Beispiel darüber, Messer und Gabel nicht mehr richtig halten zu können", erklärt der Facharzt.
2. Typisch für ältere Patienten ist die Schaufensterkrankheit. Betroffene müssen beim Laufen nach kurzen Strecken immer wieder Pausen einlegen, weil die Schmerzen sie dazu zwingen. Zugrunde liegt oftmals eine Spinalkanalstenose, bei der sich der Spinalkanal im Alter verengt und die Nerven einengt. "Man sollte sich nicht aufgrund seines Alters damit abfinden und sagen, dass die Schmerzen beim Laufen normal sind. Unbehandelt ziehen die Patienten sich zunehmend aus dem öffentlichen Leben zurück. Dies fördert zum Beispiel die Entwicklung einer Demenz", sagt Wohlwender. Die Stenosen seien operativ gut behandelbar. Die Patienten und die Angehörigen erhalten durch eine OP ein erhebliches Stück Lebensqualität zurück.
3. Ebenfalls verbreitet leiden ältere Menschen an Osteoporose, also an einem Schwund der Knochenmasse. Manchmal reicht das bloße Körpergewicht der Betroffenen, um Wirbelkörper brechen zu lassen. Diese Frakturen führen zu erheblichen Schmerzen, teilweise entwickelt sich ein Witwenbuckel. Unbehandelt ziehen die Patienten sich zunehmend aus dem öffentlichen Leben zurück, und entwickeln Parallelerkrankungen wie Demenz, Arthrose, Kurzatmigkeit und Lungenentzündungen. "Bei der Behandlung werden die Wirbel stabilisiert", erklärt der Spezialist. Bei weniger schweren Frakturen reiche es aus, Knochenzement einzuspritzen, bei schweren Verläufen werden Stäbe einoperiert.
4. Bei Bandscheibenvorfällen ist laut Wohlwender auffällig, dass zunehmend auch jüngere Patienten betroffen sind. Die meisten sind zwischen 30 und 60 Jahren alt, in Einzelfällen werden im Wirbelsäulenzentrum aber schon Betroffene im Teenager-Alter behandelt. Bewegungsmangel und stundenlanges Sitzen in einer starren Position begünstigen das, genauso wie Übergewicht.
Die Klinik Bavaria behandelt viele Patienten des Wirbelsäulenzentrums in der Reha weiter. Darüber hinaus kooperieren beide Einrichtungen bei der kurzfristigen Schmerztherapie. Das heißt, Patienten des Zentrums können sich vier Tage stationär in der Bavaria behandeln lassen. Sie bekommen Spritzen gegen reflektorische Verspannungen der Muskulatur, und zusätzlich therapeutische Anwendungen. "Das ist oft die letzte Möglichkeit vor einem operativen Eingriff", sagt Wohlwender.
Von der neuen Praxis profitiere auch die Klinik, betont Bavaria Verwaltungsleiter Heiko Escherich. "Wir sind orthopädisch bereits sehr gut aufgestellt, aber im Wirbelsäulenbereich ist es für uns ein fachlicher Zugewinn", sagt er. Die Sprechstunden kommen auch den eigenen Patienten zugute. Er freue sich aber vor allem, dass die Fachversorgung in der Rhön durch die Kooperation gestärkt werde.
Sprechstunde
Termine Der Besuch der Sprechstunde in der Klinik Bavaria ist nur mit Termin möglich. Die Terminvergabe und das Abklären der Beschwerden übernimmt das Zentrum in Würzburg. Patienten melden sich unter Tel.: 0931/ 417 910.
Die Sprechstunden finden montags und donnerstags Nachmittag statt. Die Untersuchungen übernehmen die Neurochirurgen Adam Wohlwender und Dr. Joachim Harth. Patienten werden im Testzentrum der Klinik auf Covid-19 getestet.