Vom Wirtssohn zum Oberbürgermeister

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Steigt gern aufs Fahrrad: Jochen Partsch, Oberbürgermeister von Darmstadt Foto: Archiv
Steigt gern aufs Fahrrad: Jochen Partsch, Oberbürgermeister von Darmstadt Foto: Archiv

Ein herzliches Wiedersehen mit ehemaligen Schulkameraden und Lehrern bereiten die Freunde des Frobenius Gymnasiums Jochen Partsch. Im Frobenius Forum erzählt der Oberbürgermeister von Darmstadt von seiner Schulzeit.

Der Besuch weckt Emotionen: "Ja, ich verspüre noch ganz heftig Heimatgefühle, wenn ich in
diese Gegend komme", gibt Jochen Partsch zu. Und dann freut er sich, seinen alten Geschichts- und Sozialkundelehrer, Erwin Schreiner, in die Arme nehmen zu können. Gerade die soziale Gerechtigkeit habe ihn ein Leben lang fasziniert, sagt der Oberbürgermeister von Darmstadt (Bündnis 90/ Die Grüne).

Als Kind der Wirtsfamilie Partsch 1962 in Langendorf geboren, sollte Partsch ursprünglich eher in der Landwirtschaft und im Gasthaus arbeiten als aufs Gymnasium gehen. "Ich hatte anfangs nicht den Mut und war als Kind völlig unsicher in der großen Stadt Hammelburg", schildert er seine Schulzeit auf dem Frobenius-Gymnasium.
"Bewundert habe ich die coolen Typen von der Schülermitverwaltung, die lange Haare trugen und lässige Kleidung", erinnert sich Partsch. Doch blieb er nicht lange eine Randfigur: Das stetige Lernen und der Mut zur eigenen Meinung seien der Schlüssel zum persönlichen Erfolg gewesen. Partsch dankt seinen Lehrern noch heute.

Die älteren Zuhörer können es nachempfinden, wenn Partsch von den 70er Jahren berichtet: RAF-Terror, Franz Josef Strauß und Willy Brandt. "Es gab zwei uninteressante Fernsehprogramme, noch lange kein Handy, aber die Eisdiele in Hammelburg." Mit 14 habe Partsch in die Junge Union eintreten wollen, doch sein Vater habe ihm in so jungen Jahren davon abgeraten. 1981 machte Partsch dann sein Abitur.

In den frühen 80er Jahren sei es nicht leicht gewesen, eine grüne Partei in seiner Heimat zu gründen, erklärt Partsch. Umgeben von Militär und Landwirtschaft, halfen auch keine Flugblätter gegen das Thema Atomwaffen. An seinem Studienort Göttingen ging es da schon ganz anders zu: "In den Augen der Hammelburger war ich damals ein Linker."

"Es folgten der Zivildienst in der Göttinger Uniklinik, eine kurze Beschäftigungszeit bei FAG in Elfershausen und Zeiten der neuen Werteorientierung inklusive der persönlichen Demut", schildert Partsch seinen weiteren Lebensweg. Seine Ehefrau, die hessische Grünenpolitikerin Daniela Wagner, lernte er 1992 bei einem Ortstermin auf dem Truppenübungsplatz Wildflecken kennen. 1994 heirateten die beiden. Fortan wohnte das Ehepaar in Darmstadt.

Dort engagierte sich Partsch als Sozialdezernent vor allem für Gerechtigkeit beim Wohnen. "Meine Siegessonne leuchtete, als ich nach der Stichwahl erster Grüner Oberbürgermeister einer hessischen Großstadt wurde und die 60-jährige Ära der SPD ablöste."