Wo Friedrich war, will Grau noch hin

4 Min
Im Hochsprung wie im Umgang mit der Kamera, Ariane Friedrich (r.) ist und bleibt eine Meisterin ihres Faches. Gemeinsam mit Hindernisläufer Martin Grau vom LSC Höchstadt (l.) rührt die Thüringerin die Werbetrommel für die deutschen Leichtathletik-Meisterschaften Ende Juli in Nürnberg. Foto: Hendrik Steffens
Im Hochsprung wie im Umgang mit der Kamera, Ariane Friedrich (r.) ist und bleibt eine Meisterin ihres Faches. Gemeinsam mit Hindernisläufer Martin Grau vom LSC Höchstadt (l.) rührt die Thüringerin die Werbetrommel für die deutschen Leichtathletik-Meisterschaften Ende Juli in Nürnberg.  Foto: Hendrik Steffens
Foto: Hendrik Steffens
Foto: Hendrik Steffens
 
 

Ariane Friedrich ist zurück - und sie hat nichts von ihrer Aura eingebüßt: Nach Jahren der Pause ist die beste Hochspringerin Deutschlands auf Werbe-Tour für die DM in Nürnberg, gemeinsam mit dem Hindernisläufer Martin Grau. Ein Duo voller Gegensätze.

Sie könnte einfach loslassen vom Sport, jetzt, da sie ein neues Leben begonnen hat. Mit kleinem Baby, dem Ex-Bob-Piloten André Lange als Partner und die berufliche Laufbahn als Polizei-Kommissarin vor Augen. Sie könnte, aber sie will nicht. Noch nicht. "Ich will selbst entscheiden, wann Schluss ist. Und noch ist der Zeitpunkt nicht gekommen", sagt Ariane Friedrich, betont selbstbewusst und in jeder Silbe überzeugend.

So kennt man sie. Deutschlands Rekordhalterin im Hochsprung ist keine Tagträumerin, sie weiß, dass der Höhepunkt ihrer Karriere vorüber ist, nun, mit 31 Jahren und angesichts vieler Verletzungen. Die Achillessehne ist ihr 2010 gerissen, für einen Hochspringer mit das schlimmste Übel, in etwa, als würde man beim Springreiten auf das Pferd verzichten.

"Die Vernarbungen an der Sehne führen zu geringerer Sprungkraft und Explosivität. So ist das eben. Pech gehabt. Ich kann nicht mehr wie eine 20-Jährige trainieren", sagte die Thüringerin, wissend, dass Höhen wie beim deutschen Rekord (2,06 Meter) im Jahr 2009 nicht mehr zu wiederholen sein werden. Und es vielleicht nur noch zu Marken von 1,93 Meter reicht, wie 2012, als sie bei Olympia in London das Finale verpasste. Trotzdem will sie zurück ins Rampenlicht der Öffentlichkeit, das sie immer gesucht und genossen hat.

Unvergessen ist etwa der spektakuläre Dreikampf mit der Kroatin Blanka Vlasic und Anna Tschitscherowa aus Russland, 2009 war das, bei der WM in Berlin, als Friedrich vor ihren Sprüngen den Finger auf die Lippen legte und 70 000 Menschen sofort verstummten. Großes Kino und großer Sport, vereint in einem einzigen Moment.

Früher ein Klacks, nun ein Kampf

Für die deutsche Meisterschaft in Nürnberg (Freitag, 24. Juli, bis Sonntag, 26. Juli) kommt das Comeback allerdings noch zu früh. Friedrich arbeitet auf Ziele hin, die noch etwas weiter in der Zukunft liegen, auch die WM im August in Peking ist kein Thema, dafür aber die Olympischen Spiele in Rio 2016, sofern Friedrich die Norm dafür vorweisen kann. 1,95 Meter sind gefordert, früher wäre das ein Klacks gewesen, nun muss Friedrich aber um diese Höhe kämpfen.

Während die Thüringerin schon viele der großen Arenen gesehen hat, mit Medaillen dekoriert ist und mit ihrer Höhe von 2,06 Meter wohl noch sehr lange in der deutschen Bestenliste ganz oben stehen wird, ist das bei Martin Grau ganz anders.

Der Hindernisläufer vom LSC Höchstadt will den Heimvorteil nutzen und sich im zweiten Anlauf erstmals die Krone aufsetzen. 2014, seinem ersten Jahr bei den Männern, musste sich der Sportfördersoldat bei der DM noch dem erfahrenen Steffen Uliczka geschlagen geben. Dieser hat sich inzwischen aber auf Straßenläufe verlegt, und so findet sich Grau über 3000 Meter Hindernis in der Favoritenrolle wieder.

Die kommt nicht von ungefähr, schließlich steigerte der Drittplatzierte der U20-EM (2011) seine persönliche Bestzeit im vergangenen Jahr um 22 Sekunden auf 8:24,29 Minuten und stellte damit sein internationales Format unter Beweis. Drei Zehntelsekunden fehlen dem 23-Jährigen damit für die WM-Norm. Doch die hat er hinten angestellt, weil ihm 2015 bisher die Spritzigkeit fehlte und er sich bei Zeiten um die 8:30 Minuten einpendelte.

Letzter Schliff in Südkorea

Trotzdem sagt Grau entschlossen: "Das ist meine DM, das ist mein Ding. Der Titel bleibt in Franken. Das ist seit meiner Niederlage im letzten Jahr mein Ziel und mein Ansporn." Den Fehler, die Konkurrenz zu unterschätzen, macht der Höchstadter aber nicht. "Wenn ich einen schlechten Tag erwische, werden die Karten neu gemischt. Es kann ein offener Kampf werden." Um es nicht soweit kommen zu lassen, hat Grau gut gearbeitet, unter anderem bei zwei Höhentrainingslagern in Arizona. Am kommenden Wochenende schnuppert er in Südkorea bei der Universiade, den Weltspielen der Studierenden, noch einmal internationale Wettkampfluft und setzt vielleicht zusätzliche Kräfte frei, die ihn zum deutschen Meistertitel tragen. Es wäre für Grau - nach Gold und Silber mit der deutschen Mannschaft bei der Team-EM - der erste große Einzeltriumph bei den Erwachsenen.
Am liebsten würde Grau das Heimspiel in Nürnberg zusammen mit seinem Zwillingsbruder Bastian genießen. Der steht aufgrund einiger Verletzungen in Martins Schatten, ist nach überstandenem Ermüdungsbruch in der Wade nun aber drauf und dran, die DM-Norm über 1500 Meter zu knacken.



Weitsprung-Elite duelliert sich zur Prime-Time

Die Leichtathletik-DM in Nürnberg verzichtet auf den Aperitif, serviert wird gleich zum Auftakt am Freitag, 24. Juli, ein Hauptgang. Gekürt wird der deutsche Weitsprung-Meister - und zwar nicht wie die anderen Wettkämpfe im weiten Rund des Grundig-Stadions, sondern im Herzen der Stadt, direkt am Hauptmarkt. Ein kalkuliertes Spektakel, um den Fans eine nicht gekannte Nähe zu den Athleten in Aktion zu ermöglichen und das Interesse für die folgenden Wettkampftage in die Höhe zu schrauben.

Kein Wunder also, dass der deutsche Leichtathletikverband (DLV) für die Auftaktveranstaltung einen immens hohen Aufwand betreibt. Mit einer ausgeklügelten, 75x8 Meter großen Bodenkonstruktion werden die Höhenunterschiede in der Altstadt überwunden, um Platz für den Sprungsteg und die knapp zehn Meter lange Sandgrube zu schaffen. Links und rechts davon - keine fünf Meter von den Springern entfernt - ragen 40 Meter breite und wuchtige neun Meter hohe Tribünen in den Nürnberger Himmel. 4000 Menschen werden von dort aus kostenlos und hautnah beobachten können, wie sich die deutsche Weitsprung-Elite duelliert und vielleicht noch das erhoffte Ticket für die WM Ende August in Peking löst.

Dazu transportieren Kameraschlitten die ganze Dynamik des Sports auf die TV-Geräte in den Wohnzimmern und die 14 Meter breite Videowand vor Ort. DLV-Veranstaltungsdirektor Frank Kowalski zweifelt nicht daran, dass der Wettkampf die gewünschte Wirkung erzielt: "Wir werden überhaupt keine Probleme haben, diese Arena zu füllen. Wir mussten im letzten Jahr in Ulm sogar Leute wieder nach Hause schicken. Das bereitet uns keine Sorgen." Genauso wenig wie die guten Bedingungen, die für die Athleten geschaffen wurden. Nur das Wetter lässt sich wie immer nicht beeinflussen. "28 Grad und leichten Wind von der Burg", wünscht sich Kowalski, damit die Springer große Weiten erreichen.

Um 17.45 Uhr werden die Tribünen für die Zuschauer geöffnet - es herrscht freie Platzwahl. Eine Viertelstunde später betreten die Frauen die Arena zum Einspringen, der Wettkampf samt anschließender Siegerehrung startet um 18.30 Uhr. Die Männer machen sich dann ab 19.45 Uhr mit der Bahn vertraut, ehe sie sich eine halbe Stunde später - zur Primetime - auf die Weitenjagd begeben und ihren Meister küren.



Mitmachen und gewinnen

Wir verlosen für Samstag, 25. Juli, 2x2 Sitzplatz-Tickets auf der Gegengerade (Kategorie 1) und 7x4 Karten der Kategorie 3. Wer gewinnen möchte, sollte folgende Frage beantworten können:

In welcher Stadt wird die deutsche Leichtathletik-Meisterschaft 2015 ausgetragen?
Die richtige Antwort schicken Sie unter dem Stichwort "Leichtathletik" bitte bis Mittwoch, 15. Juli, per E-mail an
leserreporter@infranken.de.