Auf dem Camping-Platz in Kothen läuft die Saison gut. In Bad Kissingen sieht es nicht ganz so rosig aus. Das Pächter-Paar erklärt, warum.
Gerda Rudolf* hat ihren grauen Klappstuhl in die Sonne gerückt. Auf ihrem Schoß eine Zeitschrift voll mit Kreuzworträtseln und Sudoku-Kästchen. Zusammen mit ihrem Mann Elmar*
(Namen von der Redaktion geändert) ist sie schon zum dritten Mal auf dem Campingplatz in Bad Kissingen. Ihre richtigen Namen wollen die beiden nicht in der Zeitung lesen. 2012 hat das Renter-Ehepaar aus Erlangen seinen Wohnwagen zum ersten Mal auf den Platz hinter dem Luitpoldpark gezogen. Eine Woche verbringen sie diesmal beim Pächter-Paar Voll. Gerda und Elmar Rudolf sind nicht immer glücklich wieder zurück in ihre mittelfränkische Heimat gerollt. Doch sie betonen: Die Volls konnten nie etwas dafür.
Im Gegenteil: "Wir kommen nur wegen ihnen", sagt Gerda Rudolf. Doch ob Familie Voll den Platz auch künftig bewirtschaften wird, ist gar nicht so klar. "Wir würden schon gern weitermachen, aber nicht unter jeder Bedingung", sagt Judith Voll. Im nächsten Jahr läuft der Pachtvertrag mit der Stadt Bad Kissingen aus. Was dann kommt? Judith Voll zögert.
Dieser August läuft besser als der letzte. Das Ehepaar ist dabei, den Verlust eines schwachen Aprils auszugleichen. Ob es reicht? "Unser Platz wird immer mehr zum Durchgangsplatz", sagt sie. Viele bleiben eine Nacht, manche für zwei oder drei Übernachtungen, erzählt sie. Sie buche inzwischen immer mehr Anreisen, aber die Leute blieben nicht mehr so lange wie sonst, sagt sie. Warum die Aufenthaltsdauer hin zum Zwischenstopp schrumpft? Dafür gibt es mehrere Gründe, meint Judith Voll.
Einer der vier Sterne ist weg
"Es geht kaum einer, der nicht sagt, dass es schön ist hier bei uns. Ganz viele kommen wieder." Doch: Dauercamper sterben weg, Kurztrips liegen im Trend und die gewichtigste Ursache für sie: Investitionsstau. "Wir sind noch auf dem Stand der 90er-Jahre", sagt ihr Mann Joachim Voll. Für den Betrieb folgenreich: "Die Wohnwagen und die Wohnmobile werden immer komfortabler. Damit steigen auch die Ansprüche der Gäste." Letztes Jahr dann das Urteil des ADAC: ein Stern weniger. Seither vermarktet sich der Kissinger Campingpark nur noch mit drei Sternen.
"Wir würden gerne richtige Komfort-Plätze anbieten", sagt Judith Voll. Dann würden die Camper ihren Haupturlaub in Bad Kissingen verbringen und zwei bis drei Wochen bleiben, meint sie. Die Übernachtungszahlen von 20 000, die die Familie während der sieben Monate langen Saison erwirtschaften, könnte sie dann um 25 Prozent toppen, schätzt sie. Schließlich sei die Lage, die Umgebung, das Angebot in der Stadt und der Region genau das, was die Camper woanders lange suchen müssen. Was fehlt, sei etwas anderes.
"Gerade weil Bad Kissingen ein Staatsbad ist, sollte man solche Plätze aufpeppen und nicht einfach mitlaufen lassen", meint Elmar Rudolf aus Erlangen. Ein anderes Ehepaar packt auf dem Stellplatz gegenüber gerade zusammen. Noch heute soll es zurück in die Heimat nach Hameln gehen. Sie haben hier nur übernachtet. Zwischenstopp in Bad Kissingen bei den Volls. Schon einmal waren sie hier. Lange bleiben sie mit ihrem Wohnmobil nie an einem Ort, erzählt die Frau. Wenn man 14 Tage auf einem Platz verbringen wollen würde, meint sie, ja, dann würde man sich schon eine andere Ausstattung wünschen.
Gäste werden abgeholt
Am Drum herum mangelt es nicht, meint Gerda Rudolf: "Der Service hier ist auf keinem anderen Platz zu toppen." Joachim Voll fährt seine Gäste zu Ärzten und holt diejenigen, die sich nicht mehr zutrauen, längere Strecken mit dem Auto zu fahren, samt ihrem Wohnwagen zu Hause ab. Seit vier Jahren übernehmen sie die Hälfte der Kurtaxe, die sie ihren Gästen berechnen müssen. Zu oft habe sie in erschrockene Gesichter geblickt, meint Judith Voll. Täten sie das nicht, würden diejenigen, die nur für eine Nacht bei ihnen Halt machen, einen weiten Bogen um die Stadt fahren.
Ehepaar Rudolf aus Erlangen geht seit 40 Jahren zum Campen und kennt die verschiedenen Plätze. Auch solche, auf denen es inzwischen Sauna, Wellness, Fitness und all das gebe. Das brauche es hier nicht, aber "die Sanitäranlagen könnten mal modernisiert werden", meint Gerda Rudolf. Anschlüsse für Gas und Wasser direkt am Stellplatz seien mittlerweile auch Standard, sagt sie.
Gute Saison in Kothen
"Gute Sanitäranlagen sind das A und O", sagt Carola Vogt. Zusammen mit ihrem Mann betreibt sie den Campingplatz in Kothen. Dieser Sommer ist ihre vierte Saison. Sie seien gerade dabei, sich einen guten Ruf aufzubauen. "Das muss sich herumsprechen", sagt Carola Vogt. Dafür haben sie den Platz umgestaltet und erneuert. Mit dem Verlauf der Saison seien sie zufrieden, sagt sie. Anders in Bad Kissingen.
Aus Sicht der Stadt Bad Kissingen, die den Campingplatz an die Volls verpachtet, besteht kein Handlungsbedarf. Auf Anfrage dieser Zeitung teilt der Sprecher der Stadt mit, dass größere Investitionen zur Zeit nicht vorgesehen seien.
Doch das sei nicht das einzige Problem: Judith Voll ist gesundheitlich angeschlagen, erzählt sie. Außerdem tut sie sich schwer, Personal zu finden. Sie will gar nicht daran denken, wie es wäre, wenn die beiden Kinder an den Wochenenden nicht mit anpacken würden. Sie würden gerne hier bleiben. Schließlich seien sie hier verwurzelt. Ein bisschen leiser erzählt sie dann, dass sie sich auch schon anderweitig umgeschaut haben. Sie könnten sich vorstellen, eine Pension oder ein kleines Hotel zu übernehmen.
Elmar Rudolf meint: "Die Stadt muss sich was einfallen lassen." Seine Frau macht der Familie Mut: "Solange die Familie Voll da ist, kommen wir wieder."