Satire im Kissinger Kurtheater

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Rolf Miller gastierte mit seinem Programm "Tatsachen" im Bad Kissinger Kurtheater. Foto: Klaus Werner
Rolf Miller gastierte mit seinem Programm "Tatsachen" im Bad Kissinger Kurtheater. Foto: Klaus Werner

Rolf Miller präsentierte am Samstag im ausverkauften Kurtheater sein aktuelles Programm "Tatsachen". Mit trockenem Humor sinnierte er über Limburger Bischöfe, Bus fahrende Präsidenten und Frauen, die Mann beim Schweigen nicht unterbrechen sollte.

Rolf Miller ist ein Meister des Minimalistischen: Auf einem rot bezogenen, abgenutzten Stuhl lässt sich der nordbadische Kabarettist nieder mit einem langgezogenen "Ja, genau so war des!" Schon ist er mitten in der Geschichte seiner beiden Spetzln und dem Unfall mit der "Waffe A6 in dunkelgrau". Unkoordiniert mäandert er durch die Geschichte und macht damit den Jürgen ("weit über zweimetervier groß und nicht nur Muskeln, sondern auch Masse") und den Achim bekannt.


Um sie herum gestaltet Miller das Programm in seinem unnachahmlichen Stil: Abgebrochene Sätze, die er mit einer Handbewegung zu Ende führt, ein glucksendes Lachen an der richtigen Stelle und ein ernst-wichtiger, in die Tiefen des Kurtheaters gerichteter Gesichtsausdruck, der selbst bei den besten Pointen nicht entgleist.

Wirksam eingesetzte Pausen

In 20 Jahren Bühnen-Erfahrung hat Miller eine Kunstfigur erschaffen, die einen höchst subjektiven Blick auf die Dinge wirft, und die sich ungeheuer viel Mühe gibt, diese Sichtweise auf einem vermeintlich hohen Niveau zu präsentieren. Daraus ergibt sich das Komische an Millers Kuriositäten-Kabarett: Man weiß genau, was er meint - Egal wie er es sagt, ob er es sagt oder ob er es nur mit Mimik und Gestik ausdrückt.

"Hinter der Pause lauert die Pointe", urteilte die Jury des Deutschen Kleinkunstpreises. Damit ist die Kunst Millers bestens umschrieben, wobei eins vergessen wurde: Er kann gesellschaftliche Themen in kurzen, verdrehten Sätzen bündeln, wie kein anderer. "Öl ist die Währung, alles andere ist Griechenland", ist ein Beispiel dafür.

Millers Gedankengänge machen vor nichts Halt: Während Barack Obama Bus fährt, ist in der bischöflichen Residenz von Limburg an alles gedacht: "Whirlpool, Sauna, Kinderzimmer - alles da!" Ein Seitensprung-Kind bringt Miller auf Frauen zu sprechen: "Eine Frau, wo schweigt, die hat doch was zu sagen." Auch über die Atomkraftkatastrophe in Japan weiß er Bescheid: "Damals waren alle gegen... Erdbeben." Miller gelingt es immer wieder nach einer kunstvollen Pause Unerwartetes zu formulieren und damit die Besucher aus ihrem gedanklichen Weg zu reißen.

Skurril und verdreht

Miller hinterlässt den Eindruck, gerade seinen Stammtisch zu unterhalten. Er plaudert locker aus dem Nähkästchen und zieht über Zipfelgesichter und Schiffschaukelbremser aus Politik und Fernsehen oder dem echten Leben her. Nach einem Gespräch mit einem Versicherungsberater, "da brauchst du drei Wochen lang einen Schleimlöser."

Seine "Tatsachen" präsentiert er mit skurrilen Sätzen wie "das muss man sich einmal auf der Zunge vorstellen", "wer nachts schläft, braucht sich nicht zu wundern, wenn er am Tag arbeiten muss" und "wenn die Katze ein Pferd wäre, könnte man die Bäume rauf reiten". Sein enges Umfeld nimmt er ebenso auf die Schippe. Dem Schulwunsch seines Sohnes gewinnt er zwei Seiten ab: Erstens wäre er der erste aus der Familie der aufs Gymnasium geht. Zweitens braucht er sich nicht wundern, wenn er am Schluss das Abitur hat - beides mit vorwurfsvollem Unterton.

Mit einfachsten Wörtern und passenden Pausen verliert er zielsicher den Faden und schafft es dennoch, komplizierte Zusammenhänge auszudrücken. Oder er lässt sie leer im Raum stehen. Das Überraschende und Spontane seiner Gedanken-Trümmer erzeugt jede Menge Lacher im ausverkauften Kurtheater. Finstere Abgründe seiner Selbst- und Weltkritik lassen einem dagegen das Lachen im Halse stecken: "Einen Weltkrieg möchte ich nicht planen. Wie viele Paletten Apfelsaftschorle und Hausmacher man da jeden Tag braucht. ... Aber den Dritten gewinnen wir!"

Abschließend sinniert er über die Bedeutung des deutschen Humors. "Der ist wie englischer Handball - Den gibt es nicht." Außer bei Loriot. Unter dem stürmischen Applaus der Gäste verschwindet schließlich einer, der Vergleiche mit Loriot nicht scheuen muss.