Trotz Lockerung der Corona-Beschränkungen fehlt es dem Nachtleben an Perspektiven. Während Restaurants wieder öffnen dürfen, hoffen Bar-Besitzer, sich irgendwie über die Zeit retten zu können. Wie sieht die Zukunft für Bars und Kneipen in der Corona-Krise aus?
Es ist wieder spürbar Leben in den Innenstädten, zumindest tagsüber. Die Gastro-Außenbetriebe können sich seit einer Woche über einen regelrechten Ansturm freuen. Seit Montag ist die Bewirtung unter Einhaltung strikter Hygiene- und Sicherheitsbedingungen grundsätzlich für Gastronomen auch drinnen wieder möglich. Während Restaurants sich für das Geschäft in ihren vier Wänden wappnen, stehen die Bars zum Teil noch vor kaum überwindbaren Hürden. Sind die Lockerungen für Kneipen und Bars überhaupt eine Perspektive?
Ein kühles Stout oder Cider im "Fiddlers Green" durfte vor Corona für Schweinfurter Nachtschwärmer auf keiner ausgedehnten Kneipentour fehlen. Der Irish Pub am Georg-Wichtermann-Platz ist eine echte Institution im städtischen Nachtleben. Seit 28 Jahren bewirtet der aus Cork in Irland stammende Mick O'Mahony in seinem Kellergewölbe bei authentischer Atmosphäre seine Gäste. Schwierige Jahre hat er mit seinem Pub in den nun fast drei Dekaden freilich auch schon mitgemacht, beispielsweise nachdem die US-Streitkräfte die Stadt verlassen hatten. Die aktuelle Situation mit der Corona-Pandemie stellt aber auch ihn vor eine völlig neue Zerreißprobe.
Nach Corona-Lockerungen: Wann dürfen Bars und Kneipen wieder öffnen?
Seit dem 15. März, als die bayerische Regierung unter anderem die Schließung aller Gastronomiebetriebe anordnete, hat O'Mahony keine Einnahmen mehr verbuchen können, bei weiter laufenden Kosten. Auf die Frage, wie lange er noch durchhalten könne ohne Geld einzunehmen, findet der eigentlich redselig und lebensfroh wirkende Wirt nur zögerlich eine Antwort. "Vielleicht zwei Monate?", sagt er. "Es ist schwer, aber es ist gerade für die ganze Welt schwer."
Für die Kneipen rein wirtschaftlich gesehen besonders. Das Grundkonzept eines klassischen Pubs ist nun wirklich nicht gemacht für das Leben in einer Pandemie. Daher schließt das "Fiddlers Green" auch eine Öffnung unter den neuen geltenden Bedingungen erst mal kategorisch aus. "Pubs sind doch dafür da, dass sich Leute vermischen", findet O'Mahony.
Doch gerade dadurch können Bars, Clubs und auch Discos in der Pandemie gefährlich werden. Menschen auf engem Raum, schlechte Belüftung und Alkohol - sie bieten die idealen Voraussetzungen, um das Virus schnell zu verbreiten. "Das ist genau dieses Szenario, bei denen es in anderen Ländern bereits zu massenhaften Ansteckungen gekommen ist. Das sind die Viren-Hotspots - gerade für das Coronavirus", erklärt der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) der Deutschen Presse-Agentur.
Virologe warnt: Bars, Clubs und Discotheken sind "Hotspots" für Coronavirus
Auch der Mundschutz kann dabei wenig helfen, er sei "nur ein zusätzliches Hilfsmittel". Abstand und Hygiene seien viel wichtiger. Die Umsetzung wirft jedoch Probleme auf: Bars oder Discos können nicht ausreichend belüftet werden. Kleine und enge Räume das sei der beste Zustand für einen Erreger, der über Atemwege übertragen wird, so Schmidt-Chanasit. Hinzu kommt, dass sich die Gäste im alkoholisierten Zustand möglicherweise nicht an Regeln, wie etwa einen Mindestabstand, halten. Schmidt-Chanasit sieht hierfür keine sinnvole Lösung. Man könne in einen Club für sonst 100 Besucher nur fünf Gäste lassen, "aber das will keiner und das macht auch keinen Sinn."
Mindestabstände, Masken, Gäste von nur zwei Haushalten fest an einem Platz, die Daten aller Besucher registrieren, Zapfenstreich um 22 Uhr - alles Dinge, die Mick O'Mahony für seine Bar für nicht praktikabel hält. Er hofft dagegen auf die Zeit, in der wieder auf Normalbetrieb gestellt werden kann. "Dann wird es bei mir eine riesige Party geben", kündigt er mit glühenden Augen an. Bis dahin muss er irgendwie durchkommen, denn das könnte noch einige Zeit dauern. Auf die Soforthilfe der bayerischen Staatsregierung wartet er bislang noch, seinen Optimismus und Mut verliert der Ire trotzdem nicht: "Es muss weitergehen, am besten noch weitere 28 Jahre."