Während die Pandemie im Alltag für viele in den Hintergrund rückt, ist sie im Thoraxzentrum weiter präsent. Zwischen künstlicher Beatmung und der Behandlung von Spätfolgen - Ärzte, Therapeuten und Patienten berichten.
Nina Reinstein hat ein großes Ziel: Ihr Post-Covid-Leiden hinter sich lassen und endlich wieder zu einem Alltag ohne Einschränkungen zurückkehren. "Mein Covid-Verlauf war sehr mild. Ich hatte nicht einmal Fieber gehabt. Aber jetzt im Nachhinein sind die Probleme da", berichtet die 36-Jährige aus Gerolzhofen.
Vor einem Jahr hatte sie die Infektion. Als sie Ende April aus der Quarantäne entlassen wurde und wieder mit dem Arbeiten beginnen wollte, klappte das nicht. "Da kam der Absturz", erzählt sie. Ihr Herz war angegriffen, der Blutdruck plötzlich zu hoch. Vor allem aber äußerte sich das Post-Covid-Syndrom bei ihr in extremen körperlichen und geistigen Erschöpfungszuständen. "Es war, als ob man einen Marathon gemacht hätte, nur wenn man zur Arbeit geht", erklärt Reinstein. Sie ist froh, wenn sie ihren Alltag bewältigt. An Sport ist in ihrem Zustand aktuell nicht zu denken. Auch das hinterlässt Spuren und belastet: Annähernd 20 Kilogramm hat die junge Frau im Vergleich zu vor der Infektion zugenommen.
Vom Umfeld nicht ernst genommen
Als am schlimmsten empfindet sie es jedoch, wenn ihre Beschwerden nicht ernst genommen, sondern einfach abgetan werden. Die simuliert doch nur, habe es schon geheißen, oder: Das ist doch nicht so schlimm, das geht schon wieder vorbei. Aber das stimmt nicht: Reinstein hat lernen müssen, dass die Genesung über viele Wochen und Monate andauert. "Es ist ein langwieriger Prozess", weiß sie heute.Drei Wochen war sie auf Reha im Thoraxzentrum. Die Therapie habe ihr geholfen. Alles überwunden hat sie damit aber noch nicht. Deshalb fährt sie immer noch für ambulante Therapiestunden in die Klinik.
Heute steht bei Therapeutin Ute Roßbach die reflektorische Atemtherapie auf dem Plan. Bei dieser Therapie wird das Zwerchfell als wichtigster Atemmuskel mit Ball-Massagen stimuliert. "Bei Post-Covid-Patienten haben wir festgestellt, dass sie am meisten profitieren, wenn wir am Brustkorb arbeiten", sagt die Atemphysiotherapeutin.
Die Atemmuskulatur ist bei Post-Covid-Patienten sehr verhärtet. Dass mache es den Betroffenen unmöglich, normal Luft zu holen. Damit die Atmung wieder funktioniert, muss sowohl die Muskulatur als auch das Lungengewebe gedehnt werden. Anwendungen wie die reflektorische Atemtherapie oder die Thoraxdehnung helfen zwar, können für die Patienten aber mitunter schmerzhaft sein. Nina Reinstein nimmt das gern in Kauf, um zu einem normalen Leben zurückzukommen. "Eine Wunderspritze gibt es leider nicht", meint sie.
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