Was im ersten Moment wie eine Fotomontage aussieht, ist Realität. Auf einem Windrad bei Münnerstadt steht ein Mensch im Raumanzug. Es ist ein sogenannter Protestonaut. Seine Schöpfer erklären, was es damit auf sich hat.
Es ist ein außergewöhnliches Foto, das der Werbefotografin Sophia Hauk auf einem Feld zwischen Windheim und Burghausen gelungen ist. Hoch oben auf der Plattform eines Windrades konnte sie 140 Meter über dem Abgrund ein Fotoshooting veranstalten. Dort entstand das Titelmotiv für den Protestonaut-Kalender 2022. Die Kalendermacher Sophia und Alexander Hauk (Berlin) haben in der achten Ausgabe des Protestonaut-Kalenders das Thema "Energiewende" gewählt. Es handle sich um ein journalistisches Kunstprojekt, das mit Fotos und kurzen Texten die Aufmerksamkeit auf wichtige gesellschaftliche Herausforderungen lenkt, heißt es in einer Pressemitteilung.
Das Titelmotiv des Kalenders ist eine fast unwirklich anmutende Aufnahme, als wäre sie nicht ganz von dieser Welt, sondern entstamme irgendwelchen digitalen Photoshop-Sphären. Weit gefehlt. Alles ist real und Ergebnis einer kreativen Auseinandersetzung mit dem Thema Energiewende. Beim Betrachten erkennt der Ortskundige im Hintergrund vertraute Landschaften: Ein bisschen Burghausen, den Michelsberg und den Altenberg, Haard und Nüdlingen sowie eine ganze Reihe Windräder in unmittelbarer Nähe und weiterer Ferne.
Auf allen Monatsmotiven taucht ein Astronaut auf, den die Kalendermacher Protestonaut (von lat.: protestari - öffentlich bezeugen und griech.: -nautes - Matrose) getauft haben. Die Idee hinter dem Kostüm: Im All haben Astronauten einen außergewöhnlichen Blick auf die Erde und schweben über Problemen des blauen Planeten. "Im Kostüm könnte jeder stecken", sagt Sophia Hauk.
Meistens schlüpft Alexander Hauk selbst in den Astronautenanzug. Dieser sei alles andere als bequem, verrät er. Doch auf der luftigen Plattform des Windrads hatte er einem Spezialisten des Windradbetreibers den Vortritt gelassen. Oben auf der Gondel sei es sehr windig gewesen, erinnert sich Alexander Hauk an das Shooting zurück. Es sei ihm lieber gewesen, wenn sich jemand auf der schwindelerregenden Gondel bewegt, der damit Erfahrung hat; der Einsatz sei trotz der Höhe und des eingeschränkten Platzangebots gefahrlos gewesen, ergänzt Hauk. Die Beteiligten waren allesamt gesichert.
Immer noch begeistert berichtet Sophia Hauk von ihrer Arbeit auf der Windrad-Gondel. Angst habe sie zu keinem Zeitpunkt gehabt. "Wenn ich die Kamera vor Augen hab, ist alles nicht so schlimm". Sie befinde sich dann in einem Arbeitsmodus und könne solche Dinge gut ausblenden. Schwierig sei nur die Verständigung gewesen, weil der Wind so stark war. "Man musste richtig gegen ihn anschreien". Alles in allem fand sie das Shooting - wie auch ihr Mann - "einfach super".
Begeistert war sie zudem vom Service des Windkraftbetreibers. Die Hauks freuten sich nicht nur über die Möglichkeit, dort fotografieren zu dürfen, sondern auch darüber, dass das Windrad für die Fotosession sogar so positioniert wurde, dass sie zur perfekten Aussicht optimale Lichtverhältnisse zur Verfügung hatte. Zum Fotoshooting gelangten sie über einen Aufzug im Windradmast.
Die Macher des Fotokalenders zeigen auf dem Titelblatt und den zwölf Monatsmotiven, welche Möglichkeiten es für die Produktion, Speicherung und Versorgung von und mit erneuerbaren Energien gibt. Unter anderem ist der Protestonaut im Kalender vor den Fallrohren eines Wasserkraftwerks in den Alpen, in einem Rapsfeld und in einem Batteriespeicher zu sehen. Außerdem war er zu Besuch in einem "Energiedorf" im Allgäu. Weitere Motive zeigen eine Wasserstoffanlage, ein Hightech-Haus sowie ein Feld mit Photovoltaikanlage.