Der Landkreis und die Stadt wollen die Frage nach der Zukunft des Jugendhauses am Dicken Turm jetzt gemeinsam angehen.
Bürgermeister Helmut Blank war ebenfalls erst am Donnerstagnachmittag über den Entschluss des Ordens informiert worden. Die Situation sei auch für die Stadt ganz neu. Eines ist dem Münnerstädter Bürgermeister allerdings klar. Das Kloster müsse in der künftigen Stadtentwicklung neben der Sanierung der "Schweiz" Priorität haben.
Blank setzt dabei auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Landkreis in der Frage, was mit dem Areal zu machen ist. Der Landkreis bzw. die Carl von Heß'sche Sozialstiftung des Landkreises steht ja schon seit Längerem in Verhandlungen darüber, ob das benachbarte Betreute Wohnen St. Michael in die Stiftung eingebracht wird. Landrat Thomas Bold betonte am Freitag auf Anfrage, dass das Jugendhaus bislang völlig außen vor gewesen war. "Da haben wir uns noch gar keine Gedanken gemacht", sagt er. Bislang war sein Kenntnisstand immer, dass der Orden das Jugendhaus am Dicken Turm weiter betreiben will. Angesichts dieser neuen Situation müssten Stadt und Landkreis eng zusammenarbeiten. Denn die Schließung betreffe die gesamte Stadtentwicklung. Man müsse gemeinsam überlegen, welche Möglichkeiten der Nutzung es geben könnte. Landrat Thomas Bold kennt aber auch die Sorgen der Orden, "weil einfach keine Leute mehr da sind". Die Auswirkungen für Münnerstadt seien aber dramatisch, meint der Politiker.
Bürgermeister Helmut Blank betont, er habe nach dieser Meldung die erste wirklich schlaflose Nacht seiner Amtszeit verbracht. Das Jugendhaus sei ein Wirtschaftsfaktor. 33 Prozent der Übernachtungen in Münnerstadt fallen auf das Jugendhaus. Die Jugendgruppen würden in Münnerstadt einkaufen. Hinzu kommt die riesige Fläche, die das Klosterareal innerhalb der Münnerstädter Altstadt einnimmt. Wie die Fläche dauerhaft genutzt werden kann, werde eine der großen Herausforderungen werden, meint Blank. Ein bisschen Mut spricht sich und der ganzen Stadt der Bürgermeister in dieser Situation dann doch noch zu. Vielleicht sei es ja auch eine Chance.
Das Bistum Würzburg zeigte sich vom Beschluss der Augustiner ebenso überrascht. "Wir werden in den kommenden Wochen in den Gremien beraten, wie wir uns zu der Schließung verhalten", sagte Generalvikar Dr. Karl Hillenbrand. Eine mögliche Entscheidung über eine Fortführung des Hauses müsse im Zusammenhang mit der Gestaltung der Zukunft kirchlicher Jugendarbeit vor allem in der Region Main-Rhön gesehen werden. Diözesanjugendpfarrer Stefan Michelberger bedauerte die Schließung des Jugendhauses am Dicken Turm sehr. Für die Jugendarbeit bedeute das zunächst, nach Ausweichmöglichkeiten zu suchen.
Tief betroffen zeigte sich Altbürgermeister Eugen Albert von dieser Mitteilung. Als Bub war er Klosterschüler in dem Gebäude. Jetzt ist er direkter Nachbar des Jugendhauses. Er schätzt das lebendige Treiben. Das Jugendhaus habe einen Ruf in ganz Deutschland. Die Schließung sei ein echter Verlust.
Eugen Albert hat die Zeit mitbekommen, als der Klostertrakt nach Schließung des Internats und vor Eröffnung des Jugendhauses für einige Zeit leer stand. "Das war gespenstisch". Eugen Alberts Befürchtung ist, dass die Schließung des Jugendhauses ein weiterer Teilschritt dazu ist, dass sich die Augustiner langfristig komplett aus Münnerstadt zurückziehen.
Wie sich die Augustiner die Zukunft der Immobilie vorstellen, darüber gibt es in der Provinzleitung offenbar noch keine konkreten Vorstellungen. "Gespräche mit möglichen Interessenten über eine Nutzung des Jugendhauses nach der Schließung im Sommer 2015 gibt es noch nicht", schreibt der Provinzial des Ordens, Pater Alfons Tony auf Anfrage unserer Zeitung. "Zu klären wäre die Frage, ob das Bistum Würzburg oder die Stadt Münnerstadt sich eine Übernahme des Hauses vorstellen könnten und dafür das Haus erwirbt", heißt es weiter.
Das Jugendhaus war bis um das Jahr 1974 ein Jungeninternat des Augustinerordens (Klosterschule). Nach der Schließung stand das Gebäude zunächst leer, wurde dann an die Regierung vermietet und diente als Unterkunft für vietnamesische Flüchtlinge. 1983 verkaufte der Orden das alte Gymnasium am Stenayer Platz an die Stadt und baute dafür die Klosterschule in ein Jugendbeleghaus um. Das Jugendhaus wurde im Oktober 1984 unter Leitung von Pater Christoph Weberbauer eröffnet. Aktueller Leiter ist Pater Felix Meckl.