Münnerstadt war einst auch eine Behördenstadt. Doch im 20. Jahrhundert veränderte sich das. Vor 90 Jahren wurde das Finanzamt geschlossen.
Knapp 100 Jahre lang war Münnerstadt Sitz eines Rent- bzw. Finanzamtes. 90 Jahre sind es in diesem Jahr bereits wieder, dass das Amt geschlossen wurde. Kreisheimatpfleger Christian Neugebauer ist auf dieses Datum bei Recherchen über das Münnerstädter Deutschordensschloss gestoßen.
Über das Rentamt, das ab 1879 Finanzamt hieß, gibt es in der Stadt nur wenige Unterlagen. 1832 kam die Einrichtung von Poppenlauer nach Münnerstadt. Für die Behörde und den Einbau von Personalwohnungen musste das seit 1806 leerstehende Schloss saniert werden. "Kalt und düster" wird das Gebäude in Unterlagen aus der damaligen Zeit beschrieben. Die Räume im Parterre waren unbrauchbar, weil sie oft mehrmals im Jahr von Hochwasser überschwemmt wurden. "Die Reparaturkosten erscheinen vorzüglich so hoch, weil dieses Gebäude seit der Auflösung des deutschen Ordens im Jahre 1806, also gegen 24 Jahre unbenutzt und größtenteils unbewohnt dasteht, und vorzüglich an den Teilen durch die Verwendung zu einem Lazarett in den Jahren 1814 und 1815 alles verdorben worden ist", heißt es in einer Akte aus dem Staatsarchiv in Würzburg.
Trotzdem wurde das Gebäude zum Rentamt umfunktioniert. Bei einer Versteigerung 1832 wurden alle entbehrlichen Baumaterialien, auch viele Öfen, entfernt, sogar eine Windfahne und Türknöpfe wurden versteigert. Dann wurden Büroräume und Wohnungen für die Beamten eingerichtet.
Interessant findet Kreisheimatpfleger Neugebauer, wie jede Neunutzung das Schloss baulich verändert hat. "An dem Gebäude ist ständig herumgebaut worden", so der Eindruck des Kreisheimatpflegers durch seine Recherchen. So wurde vermutlich im späten 19. Jahrhundert neben dem bestehenden Erker ein Treppenhäuschen angebaut, das heute nicht mehr existiert. Über diesen Fachwerkanbau gelangte der Schreiber des Finanzamtes in seine Wohnung im Obergeschoss des Lauerflügels.
Die Schließung der Behörde, kam im Jahr 1928, als größere, zentrale Finanzämter geschaffen wurden. Neuer Finanzamtssitz für die gesamte Region wurde damals Bad Neustadt. Es war in diesem Jahr die dritte Behörde, die Münnerstadt im frühen 20. Jahrhundert verlor. Bereits 1919 war die Distriktschulbehörde am Ort aufgelöst worden. Bis 1924 hatte auch eine Nebenstelle des Zollamtes Bad Kissingen in Münnerstadt existiert.
Im Stadtarchiv Münnerstadt gibt die Zulassungsarbeit von Elke Königer (heute Hillmann) Informationen über das Behördensterben in Münnerstadt. Die wissenschaftliche Arbeit aus dem Jahr 1976 beschreibt, welche Einrichtungen bis dahin existierten oder verlagert wurden. Im Stadtarchiv, so Archivar Klaus-Dieter Guhling, sei ansonsten oft wenig über die einstigen staatlichen Ämter zu finden, da deren Verwaltung nicht in den Zuständigkeitsbereich der Stadt fiel. Dass die Stadt im Laufe der Jahrzehnte ihre Ämter und damit ihre Bedeutung als Behördenstandort verloren hat, führt Klaus-Dieter Guhling auch auf die Lage Münnerstadts zwischen den Kreisstädten Bad Kissingen und Bad Neustadt zurück.