Zur unterfränkischen Delegiertenversammlung des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes kam auch Innenminister Joachim Herrmann.
Bayern ist in Deutschland der Branchenprimus in Sachen Tourismus. Schön. Aber ist Bayern das auch jenseits der Alpenpanoramen und der Silhouette von Schloss Neuschwanstein? Ja. Die Zahlen für Unterfranken belegen, dass die Gäste das Frankenland mögen, der Tourismus steht im Norden Bayerns und im restlichen Franken gut da.
Die Übernachtungszahlen sind zwischen Aschaffenburg und Fladungen von 6 666 855 (im 2013) auf 7 044 879 im Jahr 2015
angestiegen, die Gästeankünfte von 2,3 Millionen (2013) auf 2,8 Millionen (2015). Da muss man nicht klagen. Tat man auch nicht, als Heinz Stempfle (
Bad Kissingen), der Bezirksvorsitzende des Bayerischen Hotel- und Gäststättenverbandes, am gestrigen Montag zur unterfränkischen Delegiertenversammlung nach Bad Neustadt gerufen hatte.
Sein prominentester Gast: der bayerische Innenminister Joachim Herrmann, der aber insbesondere in seiner Funktion als Vorsitzender des Tourismusverbandes Franken an die Saale gereist war.
Herrmann: Kenner der Region
Der Innenminister zeigte sich als intimer Kenner der Region: 1975 und 1976 hat er seinen Grundwehrdienst in Mellrichstadt geleistet, schob später Dienst in der Bundeswehrkaserne in Hammelburg.
Er hat die Entwicklung im Bäderldreieck mitverfolgt, auch den Tourismus hier und weiß, dass sich die Region des nördlichen Bayern touristisch nun wirklich nicht verstecken muss. Im Gegenteil und die Zahlen belegen dies (
siehe Info-Kasten). Deutschland wird als Urlaubsziel weiter die Nummer eins unter den Urlaubsdestinationen der Deutschen bleiben.
Angesichts der politischen Entwicklungen in der Türkei - "die Buchungen brechen derzeit ein" (Herrmann), in Europa und dem Rest der Welt bieten solche Entwicklungen - "so schlimm wie es auch insgesamt ist" - Potenziale für den lokalen Markt. Davon könne und werde der fränkische Tourismus ebenfalls profitieren, sagte Herrmann. Besonders der Städtetourismus boomt, meinte der bayerische Innenminister, Städte wie Nürnberg, Würzburg und Bamberg haben
kräftige Zuwachsraten. Auch auf dem flachen Land spüre man den Trend nach oben, wenngleich einige Probleme die Hoteliers und Gastronomen quälen.
Die Qual: Der Bürokratismus
Beispielsweise die Allergen-Kennzeichnungspflicht. Ulrich N. Brandl, Präsident des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes, sprach von unnützer Bürokratisierung.
"Bringt das wirklich was", fragte er bezüglich der Allergenkennzeichnung den Innnenminister, "ob jemals ein Gast danach gefragt hat?" Man müsse solche Gesetze auch mal hinterfragen, ob sie was gebracht hätten, forderte er unter dem Applaus seiner Kollegen Joachim Herrmann auf. Der war dazu gar nicht abgeneigt. Freilich müsse man solche Dinge überprüfen.
Auch bei der Arbeitszeiterfassung, schob Brandl nach.
"Die Unternehmen können ihre Betriebe nicht mehr nach den Worten des Gesetzes führen, wenn wir nicht drüber reden", sagte er weiter. Da allerdings blieb Joachim Herrmann hart: "Das halte ich für berechtigt", sagte er. Die Aufzeichnung der Arbeitszeiten und die Einführung des Mindestlohnes seien Dinge, über die man nicht mehr reden muss.
Da gibt es nichts zu rütteln.
Dinge selbst in die Hand nehmen
Während sich alle Redner darüber einig waren, dass die Tourismusbranche auch über 2016 hinaus in Bayern im Allgemeinen und in Franken im Besonderen Wachstumspotenziale zeigt, legte Heinz Stempfle bei einigen Themen dennoch seine Hand in die Wunden: Mindestlohn, striktes Einhaltungsgebot der Höchstarbeitszeit, Dokumentationspflicht und
Allergen-Kennzeichnungspflicht böten kaum noch Spielraum, die Folgen des gesellschaftlichen Wandels aufzufangen. Das Ergebnis für Stempfle: Steigende Kosten, sinkende Einnahmen. Dazu kommt ein Mangel an Auszubildenden. Die Zahl der Ausbildungsverträge im Gastgewerbe sank in Unterfranken von 646 (2013) auf 564 (2015). Der Fachkräftemangel ist spürbar und Stempfle sah auch keine Option darin, junge Flüchtlinge für das Gastgewerbe zu gewinnen: "Erste Versuche
unserer Branche haben gezeigt, dass auch Flüchtlinge bequeme von unbequemen Arbeitszeiten zu unterscheiden wissen."
Gutes Bild der Situation
Der gestrige Versammlung des unterfränkischen Hotel- und Gaststättenverbandes bot eine gute Situationsbeschreibung der Branche: Es sieht ganz gut aus, die Tourismuszahlen geben Grund zur Freude; Unternehmer sein, heißt unternehmerisch tätig zu werden: Die Chancen muss man
sehen und dann selbst handeln; es gibt Probleme bei der Bürokratisierung, dem Nachwuchs und der Ungleichbehandlung zwischen Winzern und Gastronomen. - Weil Winzer unter die Landwirtschaft fallen, tun sie sich bei der Förderung und Besteuerung besser als die Gastronomie. Obwohl sie teilweise auf dem selben Feld arbeiten. Der Hotel- und Gaststättenverband will die Kollegen aber nicht diskreditieren, aber die Forderung an die Politik war schon zu hören, Gleiches auch gleich anzupacken.