Messpunkt am Wittelsbacher Turm: So genau misst Ihr Handy

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Wer misst genauer? Staatssekretär Albert Füracker hat gestern am Wittelsbacher Turm einen sogenannten "Geodätischen Referenzpunkt" vorgestellt. Dort kann ab sofort jeder kontrollieren, wie genau sein GPS-Gerät arbeitet. Foto: Carmen Schmitt
Wer misst genauer? Staatssekretär Albert Füracker hat gestern am Wittelsbacher Turm einen sogenannten "Geodätischen Referenzpunkt" vorgestellt. Dort kann ab sofort jeder kontrollieren, wie genau sein GPS-Gerät arbeitet. Foto: Carmen Schmitt
 
 
 
 
 
 

Messpunkt auf 400 Metern: Mit seinen exakten Koordinaten kann am Wittelsbacher Turm jetzt jeder überprüfen, wie genau sein Smartphone ist.

Wer vor dem Wittelsbacher Turm steht, weiß ab sofort ganz genau, wo er sich auf der Erdoberfläche befindet. Wie die Zielscheibe im Tatort markiert ein kleines Kreuz den Punkt auf einer Metallplatte vor dem Turm. Zentimetergenau. Hinter dem Punkt stecken die geographischen Koordinaten: 50 Grad, 9,7592 Minuten nördlicher Breite und zehn Grad, 4,5775 Minuten östlicher Länge.
Künftig kann jeder Radler, Wanderer, Geocacher oder Fotograf überprüfen, wie genau sein Smartphone oder GPS-Gerät misst.

Albert Füracker, Staatssekretär im Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, reiste aus München an, um den sogenannten "Geodätischen Referenzpunkt" vorzustellen. Die Bayerische Vermessungsverwaltung ist seit 2013 dabei, in jedem Landkreis mindestens einen Referenzpunkt wie am Wittelsbacher Turm einzurichten. Neben Bad Kissingen sind bisher 51 Städte mit einer Metallplatte samt Messpunkt ausgestattet. Weitere sollen folgen: Bald sollen auch die Kreuzberg-Pilger im Landkreis Rhön-Grabfeld an so einem Fixpunkt ihre Messdaten kontrollieren können.


Neuer Punkt mit Geschichte

Der Wittelsbacher Turm war für Vermessungsfachleute schon immer ein wichtiger Punkt, erklärt Vermessungsdirektor Konrad Unsleber. Schon im Jahr 1910, drei Jahre nach der Einweihung des Turms, wurde er für die Landesvermessung als sogenannter Trigometrischer Punkt genutzt. Noch heute sind diese Beobachtungspunkte Grundlage für die Kartographie. Konrad Unsleber hat die Koordinaten des Wittelsbacher Turms nicht nur wegen ihrer Geschichte ausgewählt.

Der Direktor des Vermessungsamts hatte lange überlegt und schließlich den Punkt auf dem Scheinberg auf 396,4 Meter Höhe ausgewählt. "Er liegt zentral und es kommen viele Leute hier oben vorbei." Wanderer, Radfahrer, Gleitschirmflieger und Spaziergänger: Die können jetzt die Daten auf ihren Smartphones mit den exakten Koordinaten auf der Edelstahltafel abgleichen. "GPS-Geräte haben eine unterschiedliche Genauigkeit", sagt Konrad Unsleber.


Vermessungsdirektor gewinnt

Sein Smartphone fängt acht Satellitensignale ein. Ungeschlagen zwischen all den Smartphones der geladenen Gäste und Redner bei der offiziellen Vorstellung am Aussichtsturm. Längst arbeiten die Fachleute mit den Koordinaten des "unsichtbaren Navigationsnetzes". Referenzpunkte wie jener am Wittelsbacher Turm legen diese Daten nun stückweise offen, sagt Staatssekretär Albert Füracker. "Ohne großen Aufwand kann jeder testen, ob und wie gut sein Gerät funktioniert." Ein Service von dem sich Landrat, Oberbürgermeister und Staatssekretär einen Effekt erhoffen.

Denn der Referenzpunkt kann noch mehr, meint auch Konrad Unsleber: "Ich denke, das ist eine weitere Attraktion, die reizt, den Wittelsbacher Turm zu besuchen." Er sieht den Messpunkt am Aussichtsturm als Ausflugsziel für Touristen und Einheimische.

GPS ist das weltweit wichtigste Ortungssytem. Seit den 70er-Jahren wurde das "Global Positioning System" (offiziell NAVSTAR GPS) vom US-amerikanischen Militär entwickelt. 1995 wurde das System in Betrieb genommen, für Bürger wurde GPS im 2000 relevant.

Nutzung Jeder kann das amerikanische Satelliten-Netzwerk GPS kostenlos nutzen. Satelliten senden Signale aus, die ein GPS-Empfänger nutzt, um seinen Standort zu bestimmen. GPS wird in der Luft, an Land und auf dem Wasser genutzt.

Navigationssysteme Neben GPS gibt es diese weiteren sogenannten "globalen Navigationssatellitensysteme", kurz "GNSS": Die EU und die Weltraumbehörde ESA arbeiten seit 2003 gemeinsam an "Galileo". Inzwischen haben sie die Hälfte der 30 geplanten Satelliten auf ihrer Umlaufbahn im All positioniert. Das System soll 2020 vollständig nutzbar sein. Genauso das chinesische GPS-Pendant "Beidou", auch unter dem Titel "Compass" bekannt. Im Jahr 2000 begann die Volksrepublik mit dem Projekt. 35 Satelliten sollen die Chinesen bald unabhängig von den Amerikanern machen. "Glonass" ist die GPS-Alternative des russischen Verteidigungsministeriums. Seit ein paar Jahren ist dieses Satelliten-Netzwerk auch für die Zivilbevölkerung nutzbar und damit neben GPS das einizige, das heutzutage schon funktioniert.

Auf Empfang Die Satelliten senden auf verschiedenen Frequenzen. Je mehr Signale ein Gerät empfängt, desto präziser die Ortung. bcs