Maximilian Hornung brillierte beim Frühlingskonzert des Bayerischen Kammerorchesters in Bad Brückenau.
Eine einzige Note erzählt eine ganze Geschichte. Der Bogen streicht unendlich langsam über die Saite des Cello, der Ton schwebt, variiert Klangfarbe, Ausdruck, Dichte, wird leiser und will doch nicht enden. Nur hauchzarte Pizzicati der Geigen hoch oben im Raum begleiten ihn, verlieren ihren Atem letztlich punktgenau mit dem Cello des Maximilian Hornung.
Ergriffene Stille, länger noch, als der georgische Komponist Vaja Azarashvili den letzten Ton auf das Notenblatt geschrieben hat. Dann erst rauscht der Beifall auf. Die selten gehörten Klangbilder, die Dirigent Johannes Moesus dem Kammerorchester verinnerlicht hat, und Hornungs Interpretation des zeitgenössischen Cellokonzerts werden zum umjubelten Höhepunkt des Frühjahrskonzerts in Bad Brückenau.
Unglaubliche Klangvielfalt
Musikfreunde, die das Glissando des Cello die Seele berührt, kommen in unserer Region zu beeindruckenden Konzerterlebnissen. Animierende Spielstätten locken Künstler von Weltgeltung in den Landkreis. Da gastieren Ausnahmekönner wie Rostropowitsch, Schiff, Weilerstein oder Maisky im Max Littmann Saal in Bad Kissingen, Daniel Müller-Schott brilliert im Abteigebäude von Maria Bildhausen
und nun kommt mit Maximilian Hornung, ein hochgelobter, vielfach ausgezeichneter Stern (u.a. Echo Klassik u. Europäischer Nachwuchspreis) am europäischen Cellohimmel in den nicht minder anregenden König Ludwig Saal nach Bad Brückenau und bringt Konzertbesuchern auch zeitgenössische Musik ergreifend nahe.
Durch seinen aus Georgien stammenden Lehrer hat Hornung früh die Musik des 1936 geborenen Komponisten Azarashvili kennengelernt, ihn in Tiflis besucht und
dessen Werk dort aufgeführt. Diese innere Beziehung lässt Hornung das Publikum erleben. Sein Cello ereifert sich, klagt an mit schrillen Arpeggien und erzählt wenig später mit weich-satten Tönen georgischer Volksmusik von der Schönheit des Landes zwischen Kaukasus und Schwarzem Meer. Hornung macht den Kontrast mit unglaublicher Klangvielfalt erlebbar. Der König Ludwig Saal erlebt große Momente meisterlicher Interpretation.
Vom Diamant zum Brillant
"Solitäre" ist das Motto der diesjährigen Jahreszeitenkonzerte des Kammerorchesters und damit meint Chefdirigent Johannes Moesus nicht nur Juwelen klassischer Musik, sondern auch Solisten wie Maximilian Hornung. Nun ist der smarte Münchner längst nicht mehr der Rohdiamant, der als Teenager die Schule abbricht, mit 22 Jahren Solo-Cellist des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks wird, um
vier Jahre später eine glänzende Solokarriere zu starten. In einem emotionalen Konzert zeigt Hornung, dass er den Frühling seiner Karriere intensiv genutzt hat und auf allerbestem Weg zu einem einzigartigen Solitär ist, zu einem, um bei dem Bild zu bleiben, hochmusikalisch funkelnden, weltweit beachteten Brillanten.
Der "Odenwälder Mozart"
Die Ouvertüre zur Oper Proserpina von Joseph Martin Kraus, - er wurde
1756, im gleichen Jahr wie das Salzburger Genie geboren und wird, weil aus Miltenberg stammend, gerne "Odenwälder Mozart" genannt - ist maßgeschneidert, um sich mit Saal, Orchester und Musik anzufreunden. "Die Tochter des Jupiter muss die Hälfte des Jahres in der Unterwelt des Pluto leben", führt Dirigent Johannes Moesus in die Handlung der Oper ein und lässt dann die Zuhörer Proserpinas Traurigkeit ebenso intensiv erleben wie ihre freudige Erregung, wenn sie
wieder in den Götterhimmel ihres Vaters darf.
Schon die sieben Miniaturen für Streichorchester des 1991 verstorbenen Sulchan Zinzadse führen dann aber in die Gegenwart. Er beschreibt seine Heimat Georgien in folkloristischen Bildern. Die kleinen Kostbarkeiten kommen leicht daher, aber jede einzelne der Miniaturen hat es in sich.
Die rasenden 32stel a la Rimski-Korsakow"s Hummelflug meistern Violine und Orchester aber glänzend.
Vom gemeinsamen Musikverständnis Haydns Cello-Klassiker C-Dur Nr. 1 gehört zum Standard-Repertoire großer Cellisten und die Zusammenarbeit des Duos Moesus/Hornung wurde schon 2014 bei den "Rosetti-Festtagen im Ries" gefeiert.
Wortloses Verständnis
In Brückenau treffen sich zwei Künstler wieder, die mit
verwandtem Musikverständnis die technische Brillanz des Solisten und die Klangschattierungen des Orchesters mit emotionalem Esprit zusammenführen. Da genügt ein Augenaufschlag zum Verstehen. Ein Dirigent, der sich auf sein Orchester verlassen kann und der Solist dem selbst die kniffligen Passagen des 3. Satzes ein Lächeln absoluten Gelingens in Gesicht zaubern.
Hornung kann den singenden Ton im ersten Satz, hat den großen Atem im langsamen Teil und baut die Spannung auf im Finale. Der 30-Jährige ist angekommen bei den Großen seines Fachs.
Das Präludium aus Bachs Cello Suite Nr. 1 als Zugabe klingt noch nach, als das Kammerorchester schon mit dem "Nannerl Septett" zu Ende ist. Von Mozart nur für sieben Instrumente geschrieben, bekommt die stimmführende Oboe im Dialog mit dem gesamten Orchesters vielleicht eine Spur
zu wenig Raum. Aber da sieht man schon beglückte Menschen sich anstellen, um signierte CDs von Maximilian Hornung zu erwerben, die Klänge Georgiens, den sonoren Ton des Cello und ein beglückendes Jahreszeitenerlebnis nehmen sie mit nach Hause.