Seit 130 Jahren sorgen die Garitzer Sängerinnen und Sänger dafür, dass die wichtigen Ereignisse im Ort immer musikalisch ausgestaltet werden.
Im 'Gasthaus Krone' versammelten sich Ortsbürger und andere Herren von Garitz, um einen langgehegten Wunsch, nämlich der Gründung eines Gesangvereins Rechnung zu tragen. Tags darauf begab man sich zum Schreinermeister Häfner, um wegen Überlassung seines Klaviers 'Berathung' zu pflegen". Genau das ereignete sich im Dezember 1883, also vor beinahe genau 130 Jahren. Die Geburtsstunde des Gesangvereins im heutigen Stadtteil Garitz.
Die "Krone" gehört inzwischen der Vergangenheit an, der Gesangverein Garitz aber besteht seit 130 Jahren, probt in der ehemaligen Gemeindekanzlei und hatte nun seinen Ehrenabend im Festsaal des Parkwohnstiftes.
Eine Mark Leihgebühr Um auf das Klavier zurückzukommen: Man einigte sich damals auf eine Mark Leihgebühr und ein Vorkaufsrecht. Der Mitgliedsbeitrag wurde vor 130 Jahren für Sänger auf zehn Pfennige festgelegt, Nichtaktive zahlten das doppelte und wer die Proben oder Auftritte "schwänzte", musste ebenfalls zehn Pfennige an die Vereinskasse zahlen. Dennoch, der Verein stand auf gesunden Füßen, über Neuaufnahmen, damals durften in den Gesangverein nur Herren eintreten, wurde noch in geheimer Wahl abgestimmt und das damalige Protokoll vermerkte dazu - "jedoch oft zu lange". So war bei den Abstimmungen auch nicht immer die Stimme, oder das musikalische Verständnis des Bewerbers für die Aufnahme entscheidend, sondern vielmehr seine gesellschaftliche Stellung.
Anrede "Herr Direktor" Was heute mit "Chorleiter" vollkommen richtig tituliert wird, war damals der "Herr Direktor". Und noch etwas ganz Entscheidendes hat sich in den 130 Jahren ereignet: Die heutigen "Gesangsdirektoren", pardon Chorleiter, und davon hat der Garitzer Gesangsverein von 1883 mit Andrea Metzler und Rudolf Wurm gleich zwei, sind nicht nur deutlich jünger als die damaligen Ober- und Hauptlehrer, die früher den Chor leiteten. Sie gehören eigentlich zu den jüngsten Chormitgliedern überhaupt. Einige der Aktiven könnten vom Alter her nicht nur Eltern, sogar Großeltern der beiden Chorleiter sein.
Wie dem auch sei: Chorleiter Rudolf Wurm dirigiert heute auch den gemischten Chor des Männergesangvereins Westheim und so war dieser beim Ehrenabend als Gastchor zugegen.
Seit 65 Jahren aktiver Sänger Doch nochmal zurück in die Geschichte: Im April 1948 erwachte nach rund 20-jähriger Ruhe der Garitzer Gesangverein wieder wie ein "Phönix aus der Asche". Mit Egon Reichert, einem der damaligen "Wiedergründungsmitglieder", hat der Verein sogar noch ein aktives Mitglied. Reichert wurde jetzt für 65 Jahre Mitgliedschaft ausgezeichnet.
Wo wird mehr geleistet? Ewald Kiesel, Vorsitzender der Sängergruppe Bad Kissingen, der gemeinsam mit Paul Kolb vom Sängerkreis Schweinfurt die Ehrungen vornahm, stellte eingangs die kritische Frage, wo wohl mehr Kultur praktiziert werde: "Im Rundfunk und Fernsehen, wo hochbezahlte Stars Konzerte bieten, die mit erheblichen staatlichen Mitteln gefördert werden. Oder sei die Kultur in den Dörfern und Städten höher einzuschätzen, wo eine große Zahl von Laienchorsängern immer und ehrenamtlich zur Stelle ist, wenn es gilt, den Festlichkeiten im kirchlichen oder weltlichen Bereich einen würdigen, stilvollen Rahmen zu geben.
Die Frage blieb im Raum stehen, die Antwort gaben die Sängerinnen und Sänger: Die Zuschauer waren begeistert ob der Vorträge und spendeten einen Applaus, der bei einem hochbezahlten Star auch nicht hätte lauter ausfallen können.