Hohe Belastung für die Justiz

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Auch im Landkreis Bad Kissingen wurden bereits gefälschte Impfzertifikate genutzt. Symbolfoto: Sven Hoppe/dpa
Auch im Landkreis Bad Kissingen wurden bereits gefälschte Impfzertifikate genutzt. Symbolfoto: Sven Hoppe/dpa

Gefälschte Impfzertifikate waren 2021 auch im Landkreis im Umlauf. Die Polizei spricht unterfrankenweit von einer hochdynamischen Entwicklung.

Überall im Alltag geben die Corona-Regeln den Takt an. Ungeimpfte oder noch nicht vollständig Geimpfte ohne Genesenenstatus müssen mit weitaus stärkeren Einschränkungen leben als Geimpfte.Um diese zu umgehen, wagen einige Menschen sogar den Schritt in die Illegalität. Sie benützen gefälschte oder verfälschte Impfdokumente. Auch im Landkreis Bad Kissingen schreckten einige Männer und Frauen vor diesem Schritt nicht zurück. Das zeigt die Polizeistatistik des Jahres 2021.

Die für den Landkreis Bad Kissingen zuständigen Dienststellen der Polizei bearbeiteten im Jahr 2021 insgesamt 18 Fälle von Straftaten im Zusammenhang mit ge- und verfälschten Impfausweisen, teilt die Pressestelle des Polizeipräsidiums Unterfranken auf Anfrage mit. Die Fälle verteilten sich auf die Polizeiinspektion Bad Kissingen (1 Fall), die Polizeiinspektion Hammelburg (8 Fälle) und die Inspektion Bad Brückenau (9 Fälle). Diese Vorgänge seien der Staatsanwaltschaft Schweinfurt zur Prüfung und Entscheidung vorgelegt worden, heißt es weiter.

Dynamisches Geschehen

Darüber hinaus ist mit Stand 26.Januar 2022 ein Vorgang mit dieser Thematik bei der Polizeiinspektion Hammelburg in Bearbeitung. Im Gegensatz zum Jahr 2021 sei bereits jetzt eine aufsteigende Tendenz an Fallzahlen im Bereich des Polizeipräsidiums Unterfranken festzustellen, so Polizeihauptkommissar Daniel Ruß vom Polizeipräsidium Würzburg. Bei der Polizei geht man davon aus, dass diese Entwicklung sicherlich auf die Nachweispflicht der Corona-Schutzimpfung zurückzuführen ist.

Was den gesamten Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Unterfranken betrifft, so wurden bislang knapp über 700 Delikte mit Bezug zum Phänomenbereich der ge- bzw. verfälschten Impfnachweise zur Anzeige gebracht. Der Schwerpunkt liegt diesbezüglich im Bereich des bayerischen Untermains. Für den Landkreis Bad Kissingen lasse sich derzeit explizit keine steigende Tendenz im Kalenderjahr 2022 feststellen.

Die unterfränkische Polizei verweist jedoch darauf, dass die Entwicklung des Phänomens "ge- und verfälschte Impfausweise oder Impfzertifikate" hochdynamisch ist. Das bedeutet, dass zwar bereits jetzt erste Zahlen zur Entwicklung 2021/2022 veröffentlicht werden. Belastbare Zahlen werden allerdings erst im Rahmen der Polizeilichen Kriminalstatistik veröffentlicht, die alljährlich das Bayerische Innenministerium bekannt gibt.

Individuelle Betrachtung

"In der Regel erhalten nicht Vorbestrafte erst einmal eine Geldstrafe", erklärt Oberstaatsanwalt Reinhold Emmert von der Staatsanwaltschaft Schweinfurt zur möglichen Strafhöhe. In solchen Fällen könne man von einem Richtwert von zwei Monatsgehältern sprechen. Allerdings verweist Reinhold Emmert darauf, dass er keine pauschale Angabe zur Strafhöhe geben könne. Jeder Fall sei anders und wird deshalb individuell beurteilt. So kann es auch eine Rolle spielen, für welchen Zweck ein gefälschtes Impfdokument eingesetzt wird. Bei Wiederholungstätern oder bereits vorbestraften Menschen kann die Strafe deutlich höher ausfallen.

Wenn jemand ein gefälschtes Impfdokument nutzt und angezeigt wird, nimmt die Polizei die Ermittlungen auf. Wegen der dynamischen Entwicklung des Phänomens und wegen der sich daraus ergebenden Erkenntnisse stünden die Dienststellen der Polizei Unterfranken in ständigem Austausch, so die Polizeihauptkommissar Daniel Ruß. Die jeweiligen Staatsanwaltschaften seien eng mit eingebunden.

Nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen übernimmt die Staatsanwaltschaft den Fall. Diese prüft jedes Vergehen individuell. In der Regel gibt es einen Strafbefehl ohne Gerichtsverhandlung. Vor Gericht wird ein solcher Fall behandelt, wenn Widerspruch eingelegt wird. Wie Oberstaatsanwalt Reinhold Emmert auf Anfrage mitteilte, wurde wegen der steigenden Anzahl der Fälle mit gefälschten Impfzertifikaten die Sachbearbeitung zwischenzeitlich auf mehrere Schultern verteilt. Die Fälle würden eine erhebliche Belastung für die Staatsanwaltschaft bedeuten, so Emmert. Einen Verfahrensstau gebe es jedoch nicht, betonte er auf Nachfrage.

Wer sind die Menschen, die für ihre coronakritische Haltung bereit sind, sogar gefälschte Dokumente zu nutzen und somit eine Straftat zu begehen? "Das geht quer durch die Gesellschaft", sagt Reinhold Emmert. Nicht jeder scheint sich allerdings bewusst zu sein, dass das Vorzeigen eines Fake-Impfnachweises tatsächlich keine Bagatelle ist. Es gebe Leute, die glauben, dass sie das dürfen, sagt der Schweinfurter Oberstaatsanwalt. Aber es komme auch vor, dass es Menschen sehr peinlich ist, dass sie deshalb angezeigt wurden.

Fälschungen erkennen

Zu den polizeilichen Überprüfungsmöglichkeiten von Impfausweisen, gibt die Polizei aus einsatztaktischen und ermittlungstechnischen Gründen keine Auskunft. Für Personen und Stellen (zum Beispiel Apotheker, Gastronomen, Behörden oder sonstige Einrichtungen) gebe es bei der Überprüfung verschiedene Anhaltspunkte, die Hinweise auf mögliche Fälschungen sein können, so die Polizeihauptkommissar Daniel Ruß. Hierbei spielen unter anderem der materielle Zustand des Impfausweises (alt/neu) selbst, die inhaltliche Schlüssigkeit der Eintragungen und die Person, welche den Impfpass vorlegt, eine wichtige Rolle.

Im Zweifel über die Echtheit von Impfausweisen könne die Polizei unter der Notrufnummer 110 zur Unterstützung jederzeit hinzugezogen werden. Des Weiteren wurde im Rahmen der Präventionsarbeit durch das Präventionsteam des Polizeipräsidiums Unterfranken ein Hinweisflyer erstellt und unter anderem an die Apotheken verteilt, so die Information der Polizei.