Eigentlich wollte Conny Dittrich heiraten. Die Corona-Krise ließ die Hochzeit platzen. Sie fing an, Herzen zu häkeln - nicht als Deko für ihre Feier, sondern als Dank für Menschen, die in der Krise die Stellung halten. Damit begeistert sie viele.
Mit dem Coronavirus verbreitet sich noch etwas anderes in der Gesellschaft: Solidarität und gegenseitige Wertschätzung. Neben den Krisenmeldungen gibt es jeden Tag neue herzerwärmende Geschichten und auch diese ist eine. Conny Dittrich ist Garitzerin. Sie postete auf Facebook ein Bild von gehäkelten Herzen, unter dem steht: "Ihr kennt jemanden der sich über ein Herz freuen würde? Altenheim, Krankenhaus, Verkäufer?" Sie wolle sie an die "Helden des Alltags" verschenken. "Mehr kann ich nicht tun, um eure Arbeit zu wertschätzen", erklärt sie auf der Plattform.
Auf die Frage, wie sie auf die Idee kam, antwortet die 57-Jährige: "Also eigentlich wollte ich die Herzen für unsere Hochzeit häkeln. Ich wollte im April heiraten." Die kirchliche Hochzeit sei wegen der Umstände erst einmal verschoben. "Naja, und dann hatte ich eben die Anleitung hier rumliegen."
Dazu kam, dass durch die Umstände ihr Engagement auf Eis lag. Normalerweise spielt sie in ihrer Band oder ist im Kontaktpunkt vor Ort - einem Treff der katholischen Kirche. "Ich bin es nicht gewohnt, nichts zu machen", sagt sie. Währenddessen müssten die, die in Kranken- und Altenpflege oder Supermarkt arbeiten, überdimensional viel tun. Sie würden teilweise sogar angepöbelt. "Es soll ihnen einfach ein Lächeln aufs Gesicht zaubern", erklärt Dittrich ihren Hintergrundgedanken. "Was so aus einer geplatzten Hochzeit wird", stellt sie fest und muss schmunzeln.Das nehme nun unerwartete Ausmaße an: "Ein Altenheim in Bad Brückenau hat mich angeschrieben, ob ich 90 Stück machen kann! Naja, nun sitze ich abends da und häkle, statt zur Chorprobe zu gehen." Die falle ja sowieso aus. Sie habe auch schon welche nach Braunschweig geschickt, nachdem eine Freundin ihren Post gelesen hatte. Eine Viertelstunde brauche es etwa, eines der Herzen zu fertigen. Bei 90 Stück braucht das also seine Zeit. Daher ärgere sie sich auch über Anfragen à la "29 Stück, wann sind die fertig?" - ohne Bitte und Danke. "Die machen mich traurig und werden nicht beachtet", sagt sie.
Sie arbeitet in Bad Bocklet in einem Kindergarten. Und da das Personal auch ohne Kinder anwesend sein muss, hat sie einen ganz normalen Arbeitstag. "Also sitze ich abends da, bis nachts, und häkle." Natürlich hat sich schon die erste Person gemeldet, die sich erboste, Dittrich habe die Reinigungskräfte vergessen. "Ein Dankeschön hat jeder verdient, der seinen Dienst machen muss. Altenheime haben sich eben vor allem angesprochen gefühlt", meint sie.
Die Idee hat sich weiterentwickelt: Manche wollen die Herzen als Schlüsselanhänger, manche als Pin, um sie an ihre Kleidung zu hängen. Sie bekomme aber keine Pinnadeln, weil die Geschäfte ja zu haben. "Eine Frau hat mir einen Karton Wolle geschickt, weil die Läden mit Wolle ja auch geschlossen sind", erzählt sie.
Unerwartete Hilfe bei der Post
Ein tolles Erlebnis hatte sie, als sie den ersten Teil der Herzen (170 Stück) in der Postfiliale in Hausen abgegeben hatte. "Auf die Frage, wie ich die Briefe denn versenden möchte, sagte ich: ,Bitte so günstig, wie möglich. Die gehen an verschiedene Altenheime und Pflegedienste. Da sind Dankeschönherzen drin.'" Dadurch habe die Dame am Schalter sie erkannt: "Sind das die, die bei Facebook gepostet wurden? Ich finde die Aktion so toll, wissen Sie was? Wir teilen uns das Porto!", sagt die Verkäuferin.
Das dürfe sich auch gerne wie ein Virus verbreiten, meint Dittrich: Hilfsbereitschaft und Empathie. Mittlerweile habe sie knapp über 200 Stück versandt. "Das ist meine Art, Danke zu sagen, und etwas tun zu können. Man kann ja sonst nichts tun!", meint sie. Zum Schluss hat sie noch eine Bitte an die Menschen: "Leute, haltet einfach zusammen. Wie heißt es so schön in dem Kinderlied? Wenn jeder gibt, was er hat, werden alle satt! Also, wenn jeder über Klopapier und Hefe streitet, kommen wir einfach nicht weiter."