Anwohner beschweren sich seit Jahren über die "geheime Nord-Umgehung": Bis zu 6000 Fahrzeuge täglich fahren zum Beispiel durch die Rote-Kreuz-Straße. Eine Bürgerinitiative hat für kommenden Samstag einen Workshop organisiert.
Seit dem Jahr 2000 wohnt Johannes Schottdorf an der Seeshofer Straße. Der Verkehr habe in dieser Zeit stetig zugenommen. "Da hat sich über Jahrzehnte was eingebürgert", kritisiert der 66-Jährige die "geheime Nord-Umgehung" über die Rote-Kreuz-Straße. Im jüngsten Gutachten der Stadt wurden vor seinem Haus mehr als 4000 Fahrzeuge täglich gezählt: 2860 von der Turnhouter Straße kommend, 1240 in die Gegenrichtung.
"Wenn man von Norden her kommt, zeigt selbst das Navi die Rote-Kreuz-Straße als kürzesten Weg zur Autobahn an", ergänzt Stefan Seufert. Schottdorf und Seufert haben sich gemeinsam mit weiteren Anwohnern zur Bürgerinitiative "Verkehrssicherheit und Verkehrsberuhigung Hammelburg" zusammengeschlossen. Am Samstag, 7. Dezember, veranstalten sie einen Bürger-Workshop rund um die Themen Verkehr, sichere Schulwege und Klimaschutz (siehe Info-Kasten).
"60 Prozent Transit-Verkehr"
"In Hammelburg haben wir sichere Umgehungsstraßen, die leider von den Autofahrern zu wenig genutzt werden", nennt Stefan Seufert als Grund-Problem. Er wohnt in der Rote-Kreuz-Straße, für die das Gutachten auf rund 6000 Fahrzeuge am Tag kam: 4030 Richtung Osten und 1990 in die Gegenrichtung. Während der Bauarbeiten auf der Umgehungsstraße seien sogar bis zu 9000 Fahrzeuge am Tag gezählt worden. "60 Prozent ist Transitverkehr zur Autobahn", verweist Seufert auf das Gutachten, und: "Bei uns fahren in der Woche 700 Lkw vorbei, obwohl die Straße für den Schwerlast-Durchgangsverkehr gesperrt ist."
"Das Verkehrsgutachten wurde vor allem gemacht, um Fördergelder für die Bahnhofstraße zu bekommen", blickt Stefan Seufert zurück. 2017 gab es konkrete Lösungsvorschläge. Dazu gehörte, dass Rote-Kreuz- und Kissinger Straße jeweils an einer Stelle in beide Richtung gesperrt werden sollten. Aber: "Wir haben gemerkt, dass das Gutachten in die Schublade gelegt wird", berichtet Stefan Seufert, und: "Wir haben den Eindruck, dass es manche Stadträte gar nicht gelesen haben."
Also bildete sich vor zwei Jahren die Bürgerinitiative. Ihr Ziel? "Unser Vorschlag ist, das Lösungskonzept aus dem Gutachten befristet umzusetzen", sagt Seufert, und: "Das Absurde ist ja, dass wir das Gutachten gut finden, aber die Stadt, die es bezahlt hat, es nicht umsetzt."
"Wir sind halt eine Autofahrer-Stadt", ist auch Johannes Schottdorf enttäuscht von der Reaktion der Stadt. Für ihn ist völlig unbegreiflich, dass der Transit-Verkehr durch Wohnstraßen geduldet werde. Wie attraktiv die Strecke sei, sehe man auch an dem Werbeschild direkt gegenüber seinem Haus: Eine solch große Tafel gebe es sonst nur an großen Ein- und Ausfallstraßen. Zudem staut sich der Verkehr in Richtung Süden immer öfter an der Ampel direkt vor seinem Haus zurück.
Das Problem beginnt aus Schottdorfs Sicht bereits an der Abzweigung zur Weber-Straße und an der Kreuzung Turnhouter, Bahnhof- und Seeshofer Straße: "Wir müssen den Verkehr vergrämen und auf die Umleitung umlenken", fordert er längere Ampelphasen oder einen Grün-Pfeil für die Rechtsabbieger aus Richtung Untererthal. Das Nadelöhr Rote-Kreuz-Straße müsse auch deshalb entlastet werden, weil es der Schulweg für die komplette Siedlung "am Gericht" sei.