Norbert Kirchner vom Hammelburger Drachenfliegerclub stellte bei der WM im französischen Annecy einmal mehr seine überragende Form unter Beweis. Schon bei der Deutschen Meisterschaft war er ganz vorne mit dabei.
Sechs spannende "air-races", Rennen in der Luft, lieferten sich die Drachenflieger in Annecy. Das Teilnehmerfeld der "Starrflügelhängegleiter" war mit 42 Spitzenpiloten aus aller Welt top besetzt. Norbert Kirchner konnte sich gegen die meisten Mitbewerber durchsetzen und mussste nur Tim Grabowski den Vortritt lassen. "Du darfst dir in allen Rennen keinen einzigen taktischen Fehler erlauben, sonst bist du hintendran und kannst, wenn überhaupt, nur schwer einen Rückstand aufholen", betonte der Vizeweltmeister die Leistungsdichte des Wettbewerbs.
Der Unterebersbacher schaffte es, in allen Rennen (Task) ganz vorne dabei zu sein. Einen Task gewann er sogar überzeugend bei schwierigen Wetterverhältnissen. Insgesamt holte er 4616 Punkte und landete damit 98 Punkte hinter dem deutschen Weltmeister, seinem Freund und A.I.R.-Werkspilot Tim Grabowski.
"In den ersten beiden Durchgängen war das Wetter hervorragend, und mit hoher Thermik konnten im Rennen hohe Geschwindigkeiten geflogen werden", berichtete Sebastian Binsteiner, Vorsitzender des Drachenfliegerclubs Hammelburg.
Die Distanzen waren bis zu 175 Kilometer lang und führten durch das malerische, zerklüftete Gebirge rund um den Lac de Annecy. Die Piloten konnten oft auch den schneebedeckten Mont Blanc sehen. Die Aufgaben werden an den Wettkampftagen morgens in einem "Briefing" gestellt. Dabei werden je nach Wetterlage (Thermikgüte, Wind) die Rennrouten festgelegt und Wendepunkte über GPS-Daten definiert. "Nach dem Start fliegen die Drachen Richtung Startzylinder und drehen in den Aufwinden auf maximale Höhe auf", erläuterte der Clubvorsitzende. Zur festgelegten Startzeit des Rennens fliegen die Piloten in den Startzylinder ein, und das Rennen beginnt.
Warme Aufwinde nötig Da Hängegleiter ausschließlich warme Aufwinde zum Höhengewinn zwischen den Gleitphasen nutzen können, ist es die Kunst des Piloten, zu entscheiden, ob er im Aufwind noch mehr Höhe gewinnen will, oder ob er schon weiter zum nächsten Aufwind gleitet, ohne noch länger Zeit zu verlieren. "Die Taktik und Beobachtung des Wetters und der Konkurrenten sind hier entscheidend", machte Sebastian Binsteiner deutlich.
Hinzu kommt, dass sich an jedem Tag die Wetterbedingungen ändern. An einem Tag herrschen zum Beispiel gute Aufwinde, die aber weit auseinanderstehen, am nächsten Tag gibt es dann eine tiefe Wolkenbasis, sodass Gleitflüge durch die geringe Höhe sich nur auf kurze Distanzen erstrecken können.
"Wiederum am nächsten Tag hat es starken Wind im Tal, so dass es bei einem Sinken ins Tal nur schwer wieder nach oben geht und man besser beständig hoch fliegt", erläuterte der Fachmann. Nur wer alle Wetterlagen taktisch gut meistert, hat die Chance, vorn dabei zu sein. Dazu gehört viel Erfahrung.
Norbert Kirchner kommen seine lange Wettkampferfahrung und das Training im thermikschwächeren Flachland zu Gute. Auch die anderen Deutschen lieferten bei der WM ein Top-Ergebnis ab. Neben Einzeltiteln gewannen sie auch die Team-Silbermedaille. Die Gesamtstrecke aller Rennen lag bei rund 700 Kilometern. "Für die Bewältigung der Aufgaben waren die Piloten mehr als 15 Stunden in der Luft", betonte der Clubvorsitzende.
Die Hammelburger Drachenflieger und der Sponsor freuen sich über den Vizeweltmeistertitel von Norbert Kirchner.
"Er ist auch schon von Hammelburg aus Strecken von 277 Kilometer bis hinter Braunschweig rein mit der Kraft der thermischen Aufwinde geflogen", berichtete Sebastian Binsteiner.
Ende Oktober bietet der Verein den nächsten Grundkurs für Interessierte an. "Drachenfliegen bietet die Möglichkeit, mit einem stabilen und leistungsfähigen Flügel sich unser schönes Franken und tolle Landschaften in aller Welt wie ein Vogel von oben anzuschauen", wirbt Binsteiner. Weitere Infos gibt es unter
www.flieg-drachen.de im Internet.