Oberthulba: Deshalb schreibt eine 22-jährige Medizinstudentin ein Lied für ihre Großeltern

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Louisa Friedrich in der Küche ihrer Großeltern - ihnen und eben dieser Küche und dem Leben darin hat die Medizinstudentin ein Lied gewidmet. Foto: Anja Vorndran
Louisa Friedrich in der Küche ihrer Großeltern - ihnen und eben dieser Küche und dem Leben darin hat die Medizinstudentin ein Lied gewidmet. Foto: Anja Vorndran
Louisa Friedrich in der Küche ihrer Großeltern - ihnen und eben dieser Küche und dem Leben darin hat die Medizinstudentin ein Lied gewidmet. Foto: Anja Vorndran
Louisa Friedrich in der Küche ihrer Großeltern - ihnen und eben dieser Küche und dem Leben darin hat die Medizinstudentin ein Lied gewidmet. Foto: Anja Vorndran
 
Ein gerahmtes Bild zeigt die Großeltern Helmtrud und Josef Schießer. Repro: Anja Vorndran
Ein gerahmtes Bild  zeigt die Großeltern Helmtrud und Josef Schießer. Repro: Anja Vorndran
 
Ein seltener Anblick im 21. Jahrhundert: Herdfeuer in der Küche. Foto: Anja Vorndran
Ein seltener Anblick im 21. Jahrhundert: Herdfeuer in der Küche. Foto: Anja Vorndran
 
Ein seltener Anblick im 21. Jahrhundert: Herdfeuer in der Küche. Foto: Anja Vorndran
Ein seltener Anblick im 21. Jahrhundert: Herdfeuer in der Küche. Foto: Anja Vorndran
 

Die 22-jährige Louisa Friedrich aus Oberthulba erinnert sich gerne an die Geborgenheit, die sie in ihrer Kindheit in der Küche von "Omma" und "Obba" erlebt hat. Deshalb hat sie eine Hommage an ihre verstorbenen Großeltern geschrieben.

Mal ehrlich, Herdfeuer dürfte ein Begriff sein, der im Wortschatz des 21. Jahrhunderts eher weniger vorkommt. Die meisten Jugendlichen wissen wahrscheinlich nicht einmal, was das sein soll, ein Herdfeuer. Das könnte sich jetzt ändern, denn Louisa Friedrich aus Oberthulba hat dem heimatlichen Herdofen ebenso wie dem familiären Leben darum herum mit viel Leidenschaft ein Lied gewidmet.

"Was für eine glückliche Kindheit" möchte man sagen. Auch wer die Familie, weitere Verwandte, Freunde und Gäste, die sich um den Küchentisch scharen, nicht kennt, fühlt sich beim Anhören sofort daheim. Wer die Familie kennt, sitzt sofort wieder - egal wo auch immer er sich gerade befindet - bei Helmtrud und Josef Schießer, den Großeltern von Louisa Friedrich, in der Küche. Sie und der Herdofen sind das Zentrum des Glücks. Hier, am großen Tisch, wird geweint und gelacht, gestritten und gebetet, die Haare werden gemacht, es wird "verzählt, verkuppelt und die Kinner wern gewoat" (Anm. der Redaktion: Kinder werden gehütet geschaukelt).

Mit der Selbstverständlichkeit eines Menschen, der beides beherrscht - Dialekt und Hochdeutsch - singt die 22-jährige ihr Lied, eine Hommage an ihre verstorbenen Großeltern. Premiere des Stücks, zu dem sie auch die Musik komponierte, war im September 2018. Damals hat "die Mama ganz arg geweint": Vor Rührung, denn Oma und Opa, die zusammen mit dem Herdfeuer und allen anderen liebevollen Details aus dem Oberthulbaer Küchenleben besungen werden, waren die Eltern ihrer Mutter Silvia.

"Omma" hat Tag und Nacht für alle Mann gekocht, heißt es im Lied. Nach dem Sonntagsbraten (Sunndichsbroade) noch einen Pudding (Budding), und das alles hätte nicht funktioniert, wenn der Ofen aus gewesen wäre. Also, immer schön noch einen Scheit nachlegen. Wie gut, dass der Opa (Obba), zuständig für die allgemeine Ordnung im Haus, "immer Holz gemacht hat, das dann in der Küche zum Einsatz kam".

Beim Gespräch über das Lied sitzt Louisa Friedrich, Medizinstudentin, siebtes Semester, in ihrem Zimmer ihrer WG in Marburg, Neurologie steht auf dem Stundenplan und am Nachmittag der Besuch in einem Seniorenheim zum Musizieren. Später, so steht es auf dem Lebensplan, will sie als Hausärztin auf dem Land praktizieren. Zwei Jungs und vier Mädels im Alter von 21 bis 32 Jahren "aus allen Teilen der Bundesrepublik" wohnen hier noch mit ihr zusammen, alle verstehen sich prima und, wen wundert es: Die Küche ist der zentrale Treffpunkt für alle. Oder, wie im Lied beschrieben "die Köüche is dar Middelbunkt vo unnerm Irrehaus". Louisa Friedrich erinnert daran, dass in "Ommas" Küche an manchen Tagen 20 Leute ein und ausgingen. Jeder, der Sehnsucht hatte, durfte vorbeischauen.

Die Idee für das Lied kam Louisa Friedrich beim Radfahren. Daheim schrieb sie einen Zettel mit den Stichwörtern "Oma" und "Opa", dazu die wichtigsten Eigenschaften der beiden. Und so fügte sich eines zum anderen. Einmal mehr habe sie Worte der Oma "du schaffst das" im Ohr gehabt, erzählt die Studentin, die am Jack Steinberger Gymnasium in Bad Kissingen Abitur gemacht. So manches andere begleitet sie ebenfalls im täglichen Leben. So habe ihre Oma nie verurteilt, erklärt die junge Frau, "sie hat immer motiviert und war für jeden da". Willensstärke und damit die Fähigkeit, sich auch einmal durchbeißen zu können, "einfach mal machen", das steht auf der Seite vom Opa und auch davon hat Friedrich ihren Teil geerbt.

Schnell stand fest: Es soll ein Lied im Dialekt sein. Nach zwei Monaten, schreiben, texten, komponieren, singen und wieder umschreiben, stand das Lied so, wie es kürzlich im größeren Familienkreis im Wohnzimmer vorgetragen wurde. "Viele haben geweint, weil sie meine Großeltern gut kannten." Oder sich einfach darüber gefreut, wie Herzfeuer ein Herdfeuer unsterblich machen kann.

Der Text des Liedes von Louisa Friedrich

Dar Oufe Läich amol neis Faüer, sunst brönnd'dersch gleich ganz ro. Egal ob's häß odder kahlt is dauß, wölle mir's schüa worm hin ho. Für'n Opa woarsch die gröaßte Fräd mit'n Beil und seiner Säiche egal zu welcher Joahreszeit es Holz klä ze zerläiche. Die Holzhall, die woar akkurat, wenn er durt rauskumme is und wenn er oaweds auf seim Hochsitz g'sesse is, woar ihm ein Wunsch ganz gewiss: Refrain Egal wenn enner kumme is, bei Doch odder bei Nocht, die Oma hat mit iäm groaße Herz für alle Mann gekocht. Mäßtens gabs noch'm Sunndichsbroade noch en Budding hinterher. Dos hätt oaber gornit funktioniert, wenn dar Oufe scho aus wär. Refrain (x2) Om Köüchedüsch wird geheult, gelacht, gestriede und gebatt, Hoar gemocht, verzäihlt, verkubbelt und die Kinner werrn gewoat. Mei Dehäm geit mir Geborchenheit, weil doa guade Mönsche senn. Nawe die Herzenswirm stiaht für die Dembratur noch dar Oufe mittedin. Refrain (x2) Die Köüche is dar Mittelbunkt vo unnerm Irrehaus. Weil's ouffe is, gian an manche Doch 20 Laüt durt ein und aus. Wenn du mei Großeltern gekannt host, not vergeisst'se nit die zwei. Ihre Seelen senn no do und wenn de Sehnsucht hoast, no da künnste ma vorbei.

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