Früher wäre das sicher unmöglich gewesen: Leopold aus Sulzthal lebt Ökumene. Warum er evangelisch ist und trotzdem in der katholischen Kirche ministriert.
Leopold Sollfrank geht zum Ministrieren. Das ist in Sulzthal, wo beinahe alle katholisch sind, eigentlich nichts Ungewöhnliches. Es sei denn, man ist evangelischen Glaubens und besucht gleichzeitig den Konfirmationsunterricht in Hammelburg. Das ist dann in ganz Bayern eine Seltenheit.
In seinem Heimatdorf zählt Leopold zu den Minis, zu den Ministranten. Er ist Assistent des Pfarrers, läutet die kleinen Glocken bei der Wandlung, schwenkt Weihrauch durch das Kirchenschiff und trägt auch schon mal das Kreuz bei Beerdigungen oder Umzügen. Unter den Sulzthaler Minis ist Leopold eigentlich ein Maxi, wie Küsterin Christa Keller berichtet. Normalerweise gehen Kinder nach der ersten Kommunion, also so mit neun Jahren aufwärts, zum Ministrieren; der Konfirmand Leopold sticht da mit seiner Größe heraus, er überragt auch die allseits beliebte Küsterin um Haupteslänge.
Irgendwann mal, so berichtet seine Mutter, wollte Leopold bei den Minis mitmachen, beim Gottesdienst im weißen Gewand mit dem Pfarrer einziehen und all die Dienste verrichten, die man als Ministrant halt so auf sich nehmen muss.
Fürsprecher gefunden
Für diesen Wunsch fand Leopold Fürsprecher in der katholischen Kirche und Sulzthaler Jugendliche, die den Ministranten ihren Job erklären: die Ober-Minis, also die Oberministranten, unterweisen die Minis bei all den Tätigkeiten und übernehmen auch die Organisation. Und zu der gehört auch, dass ihr Leopold derzeit am Sonntag praktisch nicht verfügbar ist. Weil Leopold in Hammelburg zur Kirche geht - als Konfirmand. Auch das macht Leopold mit viel Disziplin - er ist fast immer Gottesdienstbesucher im nahen Hammelburg, berichtet seine Mutter. Sie gehört selbst zur katholischen Kirche, ihr Mann dagegen ist Protestant und dies gilt auch für die gemeinsamen Kinder - Leopold hat noch eine Schwester.
Küsterin Christa Keller ist heilfroh, dass sich ihre Kirche öffnete und dem protestantischen Teenager das Mitwirken im katholischen Gottesdienst ermöglicht. Sie schildert den Wandel in der katholischen Kirche und freut sich, dass Leopold mitmachen darf. Früher, da ist sich die Küsterin sicher, wäre das schlicht unmöglich gewesen. Jetzt erhält Leopold sogar von vielen aus dem Seelsorgeteam auch die Kommunion, die Oblate und gehört so "vollwertig zu den Minis".
"Tante Christa", wie Frau Keller von vielen in Sulzthal gerufen wird, nutzt die Unterhaltung und wirbt für die vielen Events, die die Kirchengemeinde im Ort stemmt, lobt die Helfer, die in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen, auch bei besonderen Gottesdiensten rund um Sulzthal.
Auf Gemeindegebiet stehen neben der schmucken Kirche noch zwei Kapellen und die katholische Kirche nutzt für Feste auch die anderen schönen Plätze im Dorf. Nach der Neustrukturierung der Kirchen leitet ein Pastoralteam Sulzthal und die Nachbarkirchen. Rund sechs Gottesdienste, so Christa Keller, finden im Monat hier noch regelmäßig statt.