Bei der Hotellerie in Bad Kissingen gilt wie für so vieles in Deutschlands bekanntestem Kurort: Sie ist erheblich besser als ihr Ruf. Das hat eine Erhebung ergeben, die die Kommunikationsagentur BZ.COMM (Frankfurt) im Auftrag von Stadt und Staatsbad GmbH durchgeführt hat.
Auch wenn es derzeit kein Fünf-Sterne-Haus gibt, 85 Prozent der Gäste fänden in Bad
Kissingen das für sie passende Zimmer.
BZ.COMM-Geschäftsführerin Beate
Zwermann sagt, "Bad Kissingen bietet seinen Gästen ein sehr gutes Angebot an
Unterkünften, die von engagierten, sehr professionellen und ideenreichen Hoteliers geleitet
werden." Kurz: Die Zeit der Plastikstühle ist vorbei, die künstlichen Blumen sind
verblüht.
Insbesondere die großen Häuser fungierten als
Aushängeschilder und "Motoren für die bundesweite Vermarktung Bad Kissingens.
Sie bringen neue Gäste in die Stadt." Namentlich erwähnt wurden das Hotel
"Frankenland" ("im Moment das erste Haus am Platz") und der "Sonnenhügel" ("begeistert von dem
Familienhotel"). "Toll hergerichtet" sei das Hotel "Kaiserhof Victoria", das über "tolle
Suiten" verfüge. Das Precise Hotel "Bristol" und Laudensacks "Parkhotel" komplettieren das
Spitzenquintett.
Die kleineren Häuser arbeiteten weiterhin mit einem hohen Anteil
an Stammgästen, die relativ lange - zehn Tage seien die Regel - bleiben.
Als weiteres positives Beispiel nannte Oberbürgermeister Kay Blankenburg (SPD) das
"Westpark-Hotel".
Beate Zwermann hatte rund 35 Häuser mit mehr als zehn Betten
unter die Lupe genommen und nach einer Checkliste bewertet. Die meisten wurden besucht (zwei davon
inkognito). Dort fanden ausführliche Gespräche statt. Die Gastgeber seien dabei "sehr
produktiv und unheimlich nett" gewesen.
Kein
Investitionsstau Dabei habe sie festgestellt, sagt Beate Zwermann, dass es keinen
Investitionsstau gebe. Renovierungsbedarf sei nur in Einzelfällen zu erkennen.
Finanziert wurden die Aufwendungen meist aus dem laufenden Betrieb heraus.
Mehr als 90 Prozent der Betriebe seien "sehr sauber, gepflegt und gediegen.
Bad Kissingen kann stolz sein auf die Leistungen seiner Hoteliers."
Auch eine
Schließungswelle sei nicht zu erwarten. Im Gegenteil gehe der Trend weg vom Sanatorium hin
zum Hotel. In vielen Häusern gebe es "gelungene Generationswechsel". Zwei von drei derzeit
geschlossenen Hotels sollen bald wieder eröffnet werden, so Beate Zwermann.
Viel
Lob gab es für das Kulturangebot Bad Kissingens. Vor allem der Kissinger Sommer bringe
"wirklich Gäste". Dieses Festival gelte als eines der wichtigsten Alleinstellungsmerkmale.
Überaus beliebt bei den Gästen seien auch die Kurkonzerte.
Nicht gelten lassen
wollte OB Blankenburg die Kritik der Hoteliers an angeblich oft zu kurzen Öffnungszeiten des
Einzelhandels. Hier sei die Stadt an die Gesetze gebunden. Sie sei in deren Rahmen der
Geschäftswelt entgegen gekommen. Aber mehr als vier verkaufsoffene Marktsonntage pro Jahr
seien nicht erlaubt.
"Verkauf weit unter
Wert" Allerdings, sagt Beate Zwermann, verkauften viele Hotels ihre Leistungen weit
unter Wert: "Im Vergleich zu anderen Kurorten ist das Preis-Leistungsverhältnis ungesund". Sie
führt das auf die interne Konkurrenzsituation vor Ort zurück.
Auch fehle ein Benchmarking (vergleichende Analyse) mit andern Heilbädern.
Die Struktur Bad Kissingen erlaube es problemlos, höhere Preise zu verlangen und damit auch
eine kaufkräftigere Klientel in die Kurstadt zu holen.
OB Blankenburg zeigte sich
angetan: Man habe mit der "absolut ergebnisoffenen Untersuchung eigentlich Defizite aufdecken und
ausmerzen" wollen. Ihre Kernbotschaften müssten "ganz dringend unter das Volk gebracht
werden". Die Häuser sollten sich über die Qualität vermarkten, nicht über den
Preis. Der Premium-Standort verkaufe sich weit unter Wert.
Blankenburg warnte aber
davor, die Hände in den Schoß zu legen. Beate Zwermann deutete an, dass es viele Ideen
gebe, die aber noch nicht spruchreif seien. Dabei gehe es unter anderem um die Bereiche Schlaf und
Bäder.
Am Vormittag hatte ein Meinungsaustausch zwischen Hoteliers und Experten
stattgefunden. Dazu sagte Heinz Stempfle, der Vorsitzende des Kurvereins, es sei "zur Sache
gegangen" und viel diskutiert worden. "Sonnenhügel"-Direktor Hans Mark walder, sprach von
einer inhaltlich guten Veranstaltung, die auch Tipps gegeben habe. Die Agentur mache einen guten
Job.
Stempfle warnte vor Dumpingpreisen, nur um die Betten zu füllen.
Zur Untersuchung sagte er, es handele sich nicht um eine Gefälligkeitsumfrage.