In Belarus drohen der Journalistin "Sascha" sieben Jahre Gefängnis, sollte sie in ihrer Heimat als Journalistin erkannt werden. In Franken ist sie einen Monat zu Gast. Eine Verschnaufpause, bevor sie weiter heimlich die Belarussen mit kritischen Informationen über das diktatorische Regime versorgt.
In Belarus tobte vergangenes Jahr ein blutiger Kampf von Demonstranten gegen den selbst ernannten Wahlsieger Alexander Lukaschenko, Präsident von Belarus und "letzter Diktator Europas". Mittlerweile sind die Proteste niedergeknüppelt. Die Gewalt hat sich von den Straßen ins Gefängnis verlagert.
Folter, sexuelle Gewalt, Entführung, Mord. Das hat nicht aufgehört, aber die internationalen Medien berichten seltener. Wenn dann liest man über die erzwungene Landung eines Passagierflugzeuges, in dem der Regierungskritiker Roman Protassewitsch saß. Auch der Versuch, eine belarussische Athletin bei den olympischen Spielen in Tokio nach kritischen Äußerungen gegen ihren Willen nach Belarus zu verschleppen, machte Schlagzeilen. Oder ganz aktuell die Frage: Wie viele Geflüchtete aus dem Irak oder Syrien, die von Belarus aus nach Litauen und Polen geschleust werden und im Grenzgebiet festhängen, kommen nach Deutschland? Wie die Bevölkerung in Belarus leidet, erreicht kaum mehr eine breite Öffentlichkeit. Das liegt auch daran, dass Journalisten mit aller Brutalität verfolgt werden.
"Freie Zeitung gibt es in Belarus nicht", sagt die belarussische Journalistin "Sascha". Sie nennt ein Beispiel: Über 200 000 Menschen protestierten gegen Lukaschenkos Wahlbetrug. In den staatlichen Medien stand nichts, stattdessen wurde darüber berichtet, wie gut die Ernte war. Viele Menschen starben an Corona. Die Staatsmedien berichten nur darüber, dass die Rente angehoben wurde. "Dass da ein Zusammenhang besteht zwischen hohen Coronazahlen und Erhöhung der Rente, sagt keiner", sagt Sascha.
Telegram wichtig für freie Informationen
Die Internetseiten der wenigen freien Medienhäuser sind gesperrt. Telegram ist zum zentralen Kommunikationsmedium geworden, um überhaupt noch an Informationen zu gelangen, die nicht von Lukaschenkos Schergen stammen. Rund 2,3 Millionen Belarussen bei neun Millionen Einwohnern folgen laut der belarussischen Journalistin den wenigen freien Medienkanälen auf Telegram. Ein Risiko, denn auch dafür kann man im Gefängnis landen.
Sascha berichtet von einem Mädchen, das 15 Nächte ins Gefängnis musste, weil sie einem kritischem Telegram-Kanal folgte. "Wenn man sich wehrt, dem Polizisten das Handy zu zeigen, bekommt man noch mehr Nächte, wenn man seinen Anweisungen nicht Folge leistet."
Journalisten werden wie Terroristen behandelt. Wenn sie auf Telegram über Proteste berichten, kann das mit sieben Jahren Gefängnis bestraft werden. Ein paar Kollegen von Sascha sind im Gefängnis. Sascha macht trotzdem weiter - um jeden Preis. "Wenn nicht wir, wer dann? Ich möchte die Bevölkerung informieren für meine Kollegen und für Belarus." Manche Journalisten sind in ein anderes Land geflüchtet, manche haben sich einen anderen Job gesucht.
Nicht verhungert, aber knapp davor
Was passiert mit den Menschen im Gefängnis? "Das Ziel ist es, den Menschen so sehr Angst zu machen, dass sie nie wieder ins Gefängnis wollen." Man bekomme gerade so viel zu essen, sodass man nicht verhungert, aber knapp davor sei. Es sei sehr kalt und feucht in den Zellen. In eine Zelle, in die eigentlich vier Personen passen, würden 20 Personen gequetscht. Es bleibe kaum Luft zu atmen.