Endlich wieder Menschen in den Museen Schloss Aschach

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Der blaue Stuhl steht für den "Fremden" Es diskutieren v.l. Anne Kraft, Sachgebietsleitung Museum des Bezirks Unterfranken, Daniela Kühnel M.A, Kunsthistorikerin, Konzept, Prof. Dr. Kaus Reder, Bezirksheimatpfleger, Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel und Josefine Glöckner, Leiterin Museen Schloss Aschach. Foto: Werner Vogel
Der blaue Stuhl steht für den "Fremden" Es diskutieren v.l. Anne Kraft, Sachgebietsleitung Museum des Bezirks Unterfranken, Daniela Kühnel M.A, Kunsthistorikerin, Konzept, Prof. Dr. Kaus Reder, Bezirksheimatpfleger, Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel und Josefine Glöckner, Leiterin Museen Schloss Aschach.  Foto: Werner Vogel
Rezepte zum Mitnehmen liegen vor Daniela Kühnel und Kaus Reder. Foto: Werner Vogel
Rezepte zum Mitnehmen liegen vor Daniela Kühnel und Kaus Reder. Foto: Werner Vogel
 
Krug für den Export von Rakoczywasser. Foto: Werner Vogel
Krug für den Export von Rakoczywasser. Foto: Werner Vogel
 

Mit der hochaktuellen Sonderausstellung "Woher / Wohin" eröffnen die Museen Schloss Aschach nach der Corona Krise die Saison.

Jetzt ist der idyllische Schlosspark nicht nur Spaziergängern und Restaurantbesuchern vorbehalten, auch Kulturfreunde stimmt das zauberhafte Ambiente des Kunstortes wieder auf einen inspirierenden Rundgang durch eines der Museen ein. Zur offiziellen Eröffnung in der Museumsscheune gab's - Corona bedingt - Abstand und Mundschutz statt Sekt und Hörnchen, dafür aber spannende Informationen der Ausstellungsmacher und intensiven Gedankenaustausch zu einem emotionalen Thema. Museumschefin Josefine Glöckner konnte Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel begrüßen, der hatte Anne Kraft, Sachgebietsleiterin für Museum des Bezirks mitgebracht. Prof. Dr. Kaus Reder, Bezirksheimatpfleger, und Daniela Kühnel, Kunsthistorikerin M.A., die die Ausstellung konzipiert hatte, komplettierten die Sachverständigenrunde.

Heimisch und fremd

Der Untertitel der Ausstellung "Vom Ankommen und Weggehen" beschreibt ein uraltes Thema der Menschheit und hat vor allem seit der Migrationswelle von 2015 die Stammtische und die Parlamente nicht nur bei uns "in Wallung" gebracht, wie es der Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel in seinem Grußwort beschreibt. Ausstellungsmacherin Daniela Kühnel aus Kitzingen bringt das Konzept mit einem Stuhlkreis augenfällig zum Ausdruck. Sechs Stühle in Weiß, exakt im Rund platziert. Dazu ein wenig abseits und irgendwie störend ein baugleicher, aber blauer Stuhl. "Was will der..."? und "Wo kommen die her..."? ist die Plakatwand dahinter überschrieben, die auf menschliches Empfinden, auf "heimisch" und "fremd" anspielt. Diese Fragen begleiten den Besucher durch die gesamte Ausstellung, werden aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und auf Unterfranken präzisiert.

Glaubensflüchtlinge und Weltentdecker

Glaubenskonflikte sind unter "Auf Kilians Spuren" aufgearbeitet, die wirtschaftliche Not des 19. Jahrhunderts mit der Auswanderungswelle aus Spessart und Rhön nach Amerika wird unter "Schöne neue Welt" vermittelt. Die Suche nach Arbeit, Freiheit oder Sicherheit, aus wirtschaftlicher Not, aber auch im Dienste des Glaubens, wie Daniela Kühnel in der gut gemachten Begleitbroschüre schreibt, prägen Unterfranken als Grenzregion besonders. Gleichzeitig und gleichberechtigt wird aber auch der Zugewinn an kulturellen Einflüssen und inspirierendem Austausch gezeigt.

Albrecht Dürer, Balthasar Neumann, Giovanni Tiepolo sind unter "Künstlerreisen und Kulturaustausch" thematisiert. Die Kannenbäcker aus der Rhön profitieren vom Export des Kissinger und Brückenauer Heilwassers, wie ein Foto mit handgetöpfertem Krug und eingebranntem Rakoczy-Schriftzug zeigt. Es wird - unter "gezwungenermaßen" - auch nicht verschwiegen, wie das Nazi-Regime die fränkischen Juden zur Emigration zwingt. Der Original-Fluchtrucksack von Hella Strauß aus Würzburg macht das Schicksal nicht nur dieses 17-jährigen jüdischen Mädchens 1941 deutlich.

Grenzwanderungen

"Das Mädchen auf dem Foto" hingegen zeigt die Ankunft Heimatvertriebener aus den deutschen Ostgebieten. Das ausdrucksstarke Bild aus dem Jahr 1946 geht unter die Haut.

"Leben in zwei Kulturen" hingegen beschreibt die Situation türkischer Arbeitsmigranten, und Conny Froboess macht mit ihrem Hit "Zwei kleine Italiener..." auf italienische Gastarbeiter aufmerksam. Die noch im Gedächtnis verhaftete, bedrückende Situation an der innerdeutschen Grenze im Landkreis Rhön-Grabfeld wird unter "Grenzwanderungen" eindrucksvoll beschrieben. Ankommen und Weggehen war da nicht mehr möglich.

Bürgerkriege, zerfallende Staaten und schwierige Verhältnisse in Mittel- und Nahost oder Afrika veranlassten 2018 fast 70 Millionen Menschen weltweit zur Flucht. 48 Nationen zählt die Migrationsberatung in Unterfranken auf. "Flucht nach Europa" zeigt Schwierigkeiten, aber auch gelungene Beispiele gelebter Integration auf, beschreibt aber auch die Anker-Einrichtung in Geldersheim/ Niederwerrn.

Am Ende des Rundgangs laden die Stühle vom Eingang wieder ein. Aber jetzt sind sie farbig, der blaue fällt nicht mehr auf, dafür liegt eine Speisekarte zum Mitnehmen auf dem gedeckten Tisch. Der Besucher kann wählen: Kebab aus der Türkei, Bigos aus Polen, Mamaliga aus Rumänien oder Blaue Zipfel aus Franken.

Die Museumsscheune mit der Ausstellung, sowie das Volkskunde- und Schulmuseum, sind von Dienstag bis Samstag von 14 bis 17 Uhr sowie an Sonn-und Feiertagen von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Montag ist Ruhetag.