Der Männergesangverein (MGV) Harmonie ist seiner Auflösung in einer dramatischen Sitzung entgangen.
Eisernes Schweigen herrschte unter den Mitgliedern im Alter zwischen 56 und 81 Jahren, als der stellvertretende Dirigent Richard Koch in die Runde fragte: "Wer soll jetzt das Amt des ersten Vorsitzenden übernehmen?"
Denn der bisherige Vorsitzende, Klaus Wetzel, blieb in der Jahreshauptversammlung konsequent. "Ich kandidiere aus beruflichen Gründen nicht mehr", sagte er. Wetzel bat seine Vereinskollegen, diese Entscheidung zu akzeptieren. Damit war die Auswahl der Kandidaten begrenzt. Nacheinander lehnten die Vorgeschlagenen das Amt des Vorsitzenden ab.
Schon schien es, dass der Traditionsverein MGV Harmonie sich auflösen müsse. Nach rund zwei Stunden wurde dann aber doch eine Lösung gefunden: Das Amt des zweiten Vorsitzenden wurde gestrichen. Drei neue Vorsitzende, Dietmar Meder, Rudolf Hofmann und Werner Meder, teilen sich die Vereinsleitung gleichberechtigt. Hofmann übernahm zusätzlich in Doppelfunktion das Amt des Kassierers. Lothar Nöth ergänzt den Vorstand als Schriftführer.
"Ich bin froh, dass es mit unserem Verein weitergeht", erklärte Hofmann nach der Wahl. Sein Herz hänge am MGV und an der Heimat. "Es wäre schade gewesen, wenn der Verein untergegangen wäre", sagte auch Werner Meder. "Ich bin seit drei Jahrzehnten im Vorstand tätig", erklärte Dietmar Meder. Lothar Nöth wies darauf hin, dass er ursprünglich überhaupt kein Amt habe annehmen wollen. Er war schon vor Jahren Vorsitzender des MGV gewesen. Jetzt habe er seinem Herzen einen Stoß gegeben und sich wählen lassen, weil die übrigen Vorstandsmitglieder nicht gekniffen hätten. "Aber noch lieber als die Vorstandsarbeit ist mir der Gesang", betonte Nöth. Auch anderen Chören leihe er regelmäßig seine Stimme.
Dankbar waren die Sänger, dass Richard Koch einspringt, wenn Chorleiter Bogner verhindert ist. "Wir können uns hören lassen", waren sich die Sänger einig. Sie gaben mit einem Lied eine kleine Kostprobe.
Stücke von Mozart und Brahms, Volkslieder und moderne Gospelsongs liegen laut Notenwart Adolf Hofmann auf den Pulten der Sänger. Zum Einsatz kommen die 15 Aktiven meist bei runden Geburtstagen in ihrem Dorf und der näheren Umgebung. Ein Konzert in der Hammelburger Spitalkirche war im vergangenen Jahr der Veranstaltungshöhepunkt für den Obereschenbacher MGV gewesen. Für dieses Jahr ist ein Auftritt im Rhön-Klinikum in Bad Neustadt am zweiten Weihnachtsfeiertag geplant.
Die Sänger des MGV treffen sich jeden Freitag zur Probe. "Junge musikbegeisterte Menschen gehen lieber zu den Gleichaltrigen in die Blasmusikkapelle als zu uns Alten", beobachtet Adolf Hofmann schon seit Jahren eine gewisse Konkurrenzsituation. "Da sind wir eher in der Rolle von Dinosauriern", stellte er fest. Ohne Sänger aus der jüngeren Generation werde der MGV auf längere Sicht doch zum Aufhören verurteilt sein.