Die Reha ist keine Kur

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Steffen Wentrock erklärt Dietmar Schwarz, was er bei seinen Übungen beachten muss. Fotos: Robert Huger
Steffen Wentrock erklärt Dietmar Schwarz, was er bei seinen Übungen beachten muss.  Fotos: Robert Huger
Gegen Mittag herrschte reger Andrang vor dem Reha-Floß.
Gegen Mittag herrschte reger Andrang vor dem Reha-Floß.
 

Viele Menschen haben die Vorstellung, dass eine Rehabilitation nur der Entspannung dient. Das Ziel ist jedoch, die Patienten für ihre alltägliche Arbeit fit zu machen.

Dietmar Schwarz aus Mutlangen ist nicht zum Urlaub machen nach Bad Kissingen gekommen. "Von nichts kommt nichts", sagt er. Bevor sich sein Körper erholen kann, muss er ihn erst trainieren. Vor allem positive Gedanken sind dabei wichtig. "Wenn man mit einer negativen Einstellung herkommt, dann funktioniert es nicht", ist Dietmar Schwarz überzeugt. Der Elektriker hat Probleme an der Lendenwirbelsäule.
Doch binnen sechs Tagen verflüchtigte sich bereits ein Großteil seiner Schmerzen.
"Die Zeit in der Reha ist keine Urlaubszeit", sagt Steffen Wentrock, Leiter der Therapieabteilung im Klinikum am Kurpark. Die passive Anwendung sei heute nur noch begleitend. Bis zu drei Stunden schwitzen die Patienten pro Einheit im Kraftraum.
Die Regeneration ist dabei genauso von Bedeutung. "Man kann nicht jeden Tag so viel ackern, sonst ist man überlastet." Meist folgt auf einen Trainingstag ein Tag Pause. Geübte Patienten dürfen zwei Tage hintereinander an die Geräte.

Psyche spielt große Rolle

Die richtige Einstellung hält auch Wentrock für unerlässlich: "Wir sagen den Patienten immer: Bringen sie zur Reha ihren Kopf mit!" Schließlich gebe es heutzutage eine hochgradige psychische Überlastung. Daher gibt es neben den sportlichen Übungen eine ganze Reihe anderer Einheiten. Die Klinikbesucher gehen unter anderem zu Wassertherapie, Rückenschule, Bewegungsbädern und Elektrotherapie. Entspannung gibt es beim medizinischen Moorlaugenbad und beim Besuch in der Saunalandschaft.

Schulterprobleme nehmen zu

Die meisten Patienten der orthopädischen Abteilung kommen wegen Rückenbeschwerden. Am zweithäufigsten machen Hüften und Knie Probleme. Seit einem Jahr verzeichnet die Klinik jedoch einen Zuwachs an Schulterpatienten. "Viele lassen sich bei Schmerzen eine Spritze geben und fertig", sagt der Therapieleiter. Der tatsächlichen Ursache werde meist zu spät entgegengewirkt.

Der neue Behandlungsweg

Alltagsnähe heißt das Stichwort für die im Klinikum angewandten Methoden. "Das ist der Unterschied zu früher", sagt Wentrock, "wir gehen danach, welche Bewegungen wieder ausgeführt werden sollen und behandeln nicht nur den Schmerz." Es wird also untersucht, was getan werden muss, damit der Patient wieder seiner beruflichen Tätigkeit nachgehen kann.
Dafür gibt es einen Übungsraum, der mit speziellen Trainingsgeräten ausgestattet ist. Es handelt sich um Gegenstände aus dem Berufsalltag. Dort stehen verschiedene Lastenkisten, eine Leiter, eine Palette, Einhandsteine und 25 Kilogramm schwere Säcke. Damit lernen die Patienten die rückengerechte Arbeitsbelastung anhand alltagsnaher Übungen.

Langsam anfangen

Prinzipiell startet man immer mit kleinen Bewegungen. Die Übungen werden mit wenig Last und hoher Wiederholungszahl durchgeführt. "Später können die Patienten bestimmte Strukturen wieder benutzen, die aufgrund von körperlichen Defekten und Schmerzverhalten abgeschaltet sind", sagt Wentrock. Durch das Training wird Gelenkschmiere produziert, die für eine bessere Versorgung der Knorpel und somit für eine höhere Beweglichkeit sorgt.
Der Weg zur Therapie kann allerdings lang sein. Der Antrag für eine Rehabilitation ist mit einigen Hindernissen verknüpft. So kann zum Beispiel nicht jeder Hausarzt einen Antrag für seine Patienten einreichen geschweige denn einen Antrag bewilligen. "Irgendjemand hinter einem Schreibtisch bestimmt rein aufgrund der Aktenlage, ob ein Patient zur Reha darf", sagt Prof. Monika Reuss-Borst, Ärztliche Direktorin der Reha-Klinik am Kurpark.
Wie Landrat Thomas Bolt, Bürgermeister Thomas Leiner (CSU), Hanna Heusinger vom Staatsbad und einige Mitarbeiter verschiedener Kliniken nahm sie deshalb am Aktionstag "Reha braucht Dich!" teil. Die Aktion, die im Rahmen der Kampagne "Meine Reha - Mein Leben" stattfand, spricht sich unter anderem für weniger Bürokratie bei Reha-Anträgen aus.
Symbolhaft wurde diese Botschaft mit einem kleinen Holzfloß auf der Saale zu Wasser gelassen. Mit ein wenig Glück soll es seinen Weg in den Main finden. Wer das Floß auf seiner Reise sieht, der sollte es fotografieren. Denn jeder, der ein Bild davon an die Reha-Klinik am Kurpark sendet, erhält eine kleine Überraschung.
Vor dem Start des Floßes waren am Informationsstand bis zum Mittag ungefähr 250 Unterschriften für die Aktion gesammelt worden. Wichtig ist den Verantwortlichen, dass es nicht um Werbung geht, sondern rein um Information. "Die Klinik ist zu 99 Prozent ausgelsatet", sagt Monika Reuss-Borst.