Manche handelten dabei höchst irrational. "Das hat mehr mit dem Bedürfnis nach Zugehörigkeit zu tun. Dieses ,Alle machen so, also mache ich es auch‘ wurde während der Evolution von einer Generation an die andere weitergegeben, da es dem Überleben der Gruppe diente." Es reiche also, ein paar Bilder über Toilettenpapier-Kauf per Whatsapp oder Facebook zu bekommen, um zu denken, dass das alle machten. "Zudem sind die Toilettenpapier-Packungen relativ voluminös, also für alle im Supermarkt sichtbar", sagt Kornyeyeva.
Und warum halten sich manche Menschen nicht an Hygieneregeln und treffen sich bedenkenlos mit Freunden? "Es ist wie ein Trotzverhalten. Man handelt buchstäblich kindisch. Man blendet wesentliche Teile der Realität aus, will sie nicht wahrhaben." Das Motto sei: "Es stimmt alles nicht, also muss ich mein Verhalten nicht ändern."
Zeit, um Ruhe zu finden
Was für Tipps geben Seelsorger und Psychologen, um gut durch die Krise zu kommen? Die katholische Kurseelsorgerin Ursula Summa sagt: "Ich wünsche mir, dass die Menschen diese ruhige Zeit nutzen, um zu reflektieren und neue Zuversicht zu finden. Es ist eine Riesenchance. Die echten Lebensfragen kommen jetzt auf den Tisch."
Diese Reflexion könne aber auch wehtun. "Da können Konflikte hochkommen. Das ist nicht in zwei Tagen getan. Das dauert mindestens ein paar Wochen oder länger." Problematisch sei es, wenn niemand da sei, der diesen Weg mit einem gehe. Das könne der Partner, die Freundin oder Gott sein.
Summa empfiehlt: "Mach dich auf deinen eigenen spirituellen Weg. Bete nicht die Gebete, die andere dir vorgeben, sondern schreib deine eigenen Gebete. Klage deinem Gott, was diese schwere Situation soll."
Der Umgang mit der Krise sei eine Frage des Blickwinkels: "Es gibt immer schon Menschen, für die ist das Glas eher halbleer als halbvoll. Die bleiben im Negativen hängen."
Was sind positive Seiten der Krise, auf die die Menschen sich besinnen können? Psychologin Kornyeyeva sagt: "Generell werden wir aus der Krise lernen, vor allem, was Hygiene und individuelle Gesundheit betrifft. Wir werden lernen, etwas zu schätzen, was vorher selbstverständlich war." Summa findet, dass es in Politik und Medien eine neue, positive Art gibt, miteinander zu sprechen. "Oder seit wann wünschen die Nachrichtensprecher im Fernsehen ,Bleiben Sie gesund‘?"