Plötzliche Wende bei Wolfsabschüssen in der Rhön: Eilanträge zeigen Wirkung

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Mehrere unterfränkische Landkreise hatten Anträge auf eine "Wolfsentnahme" gestellt, nachdem mehrere Weidetiere gerissen worden waren. Doch nur für eine Region wurde der Abschuss genehmigt. Nun hat sich das Gericht schon wieder umentschieden.

Update vom 03.11.2023: Verwaltungsgericht stoppt Abschuss von Wölfen in der Rhön

Das Verwaltungsgericht Würzburg hat eine Ausnahmegenehmigung zum Abschuss von zwei Wölfen in der Rhön vorerst gestoppt. Zwei Naturschutzverbände haben laut Gerichtsangaben Eilanträge gestellt und so die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen gegen die Entscheidung der Regierung von Unterfranken wiederhergestellt.

Bis zur Entscheidung über die Eilanträge dürfe von der erteilten Abschussgenehmigung vorläufig kein Gebrauch gemacht werden, teilte ein Gerichtssprecher am Donnerstag mit.

Die Regierung von Unterfranken hatte den Abschuss von zwei Wölfen in der Rhön nahe der Landesgrenze zu Hessen genehmigt. Die Ausnahmegenehmigung zum Töten der sonst unter Schutz stehenden Wölfe ist bis 9. November befristet, sie gilt im Naturschutzgebiet Lange Rhön und in angrenzenden Gebieten. Durch besondere Maßnahmen soll erreicht werden, dass nur die zwei Wölfe geschossen werden, die bereits Tiere gerissen haben.

Der vorläufige Stopp der Abschussgenehmigung sei erforderlich gewesen, um einen kurzfristigen Abschuss der Wölfe vor Erlass einer Entscheidung über die Eilanträge zu verhindern, begründete das Gericht seine Entscheidung. Damit sei noch keine Aussage über die Rechtmäßigkeit der Ausnahmegenehmigung durch die Regierung von Unterfranken getroffen worden, hieß es.

Zuvor hatten mehrere andere fränkische Landkreise - Bad Kissingen, Aschaffenburg sowie Main-Spessart - Anträge auf eine "Entnahme" der dortigen Wölfe gestellt, nachdem hier ebenfalls wiederholt Weidetiere getötet worden waren. Denn auch hier wird vermutet, dass ein oder mehrere Wölfe die Schafe gerissen haben. Für diese Regionen hat die Regierung von Unterfranken die Anträge allerdings abgelehnt und ausschließlich für die beiden Wölfe in der Rhön erteilt.

Originalmeldung vom 13.10.2023: Wolf reißt Weidetiere - Kreis Bad Kissingen will radikale Lösung

Nachdem in den vergangenen Wochen immer mehr Weidetiere im Landkreis Bad Kissingen mutmaßlich von einem Wolf getötet worden waren, hat der Landkreis reagiert: Er stellte bei der Regierung von Unterfranken einen Antrag auf "Entnahme" der Wölfe. Dies teilte die Kreisverwaltung am Freitag in einer Stellungnahme mit. Bei der Bezirksregierung dürfte der Antrag jedoch nicht auf Zustimmung treffen.

"Die Wolfsübergriffe haben in den vergangenen Wochen so stark zugenommen, dass wir dringend handeln müssen", erklärt Landrat Thomas Bold (CSU). So wurden in letzter Zeit mehrere tote Weidetiere aufgefunden, bei denen der Wolf als Verursacher nicht ausgeschlossen werden kann und teilweise auch schon durch das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) bestätigt wurde. Zuletzt wurden am 4. Oktober gleich in zwei verschiedenen Gemeinden – Oberbach und Motten – insgesamt fünf Schafe mutmaßlich von einem Wolf getötet.

"Für die Nutztierhalter entstehen dadurch erhebliche wirtschaftliche Schäden. Wir können nicht weiter zusehen und dabei hoffen, dass der Wolf von allein wieder verschwindet", macht Bold deutlich. "Da nutzen auch die Schutzzäune nichts. Sie werden vom Wolf überwunden, beziehungsweise können nicht an allen Stellen errichtet werden." Der vermehrte Einsatz von Herdenschutzhunden sei auch keine Lösung, so der Landrat: "Das würde für die Wandernden in der Rhön eine potenzielle Gefahr darstellen."

Auch in den Nachbarlandkreisen Main-Spessart und Rhön-Grabfeld kam es in den vergangenen Wochen zu mehreren Übergriffen auf Nutztiere, die teils mutmaßlich, teils sicher auf den Wolf zurückgeführt werden können. Dazu der Bad Kissinger Landrat Bold: "Zum Teil lassen sich als Verursacher die gleichen Wölfe feststellen. Um die Gefährdungslage einschätzen zu können, müssen wir unserer Auffassung nach das Geschehen in den drei Landkreisen als Gesamtlage betrachten."

In dem Antrag beruft sich der Landkreis Bad Kissingen auf entsprechende Paragrafen im Bundesnaturschutzgesetz. In dem Schreiben an die RUF heißt es unter anderem: "Den betroffenen Tierhaltern sind ernste Schäden entstanden. Darüber hinaus ist damit zu rechnen, dass die Wölfe weitere Angriffe unternehmen werden, da sie gelernt haben, wie leicht es hier ist, Beute zu machen, sodass für weitere entstehende Schäden durch Wolfsangriffe eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht. Hinzu kommt, dass allein auf der hessischen Seite der Rhön vier Wolfsterritorien bestehen. Dadurch wandern immer wieder Wölfe von dort in den bayerischen Teil der Rhön und verüben auch im Landkreis Bad Kissingen Übergriffe."

Umdenken in der Bundesregierung bei Wolfsdebatte: "richtiges Signal"

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) bereitet aktuell eine Regelung vor, um schnellere Abschüsse einzelner Wölfe in Deutschland zu ermöglichen. Insbesondere Schäfer und andere Nutztierhalter verlangen, dass die Wolfspopulation in der Bundesrepublik reduziert wird. Dass im Umweltministerium ein Umdenken eingesetzt hat, wertet Bold grundsätzlich als positives und wichtiges Signal. Allerdings hält er die Regelung, dass der Abschuss im 1-Kilometer-Umkreis stattfinden muss, für nicht praktikabel. "Der Wolf kann täglich über 70 Kilometer zurücklegen. Es ist also sehr unwahrscheinlich, dass er sich für längere Zeit in der Nähe der Rissstelle aufhält. Und damit würde man die von der Ministerin vorgeschlagene Regelungen sehr selten anwenden können."  

Am Freitag hatte die Regierung von Unterfranken dann tatsächlich den Abschuss von zwei Wölfen genehmigt. "Die Entscheidung zielt darauf, das weitere Reißen von Schafen und Lämmern durch diese Wölfe zu verhindern", teilte die Behörde am Freitag in Würzburg mit. Die Schafherden in der Rhön seien von großer Bedeutung für den Schutz der dort natürlich vorkommenden Tier- und Pflanzenwelt. Die Ausnahmegenehmigung zum Töten der sonst unter Schutz stehenden Wölfe ist bis 9. November befristet, sie gilt im Naturschutzgebiet Lange Rhön und in angrenzenden Gebieten. Durch besondere Maßnahmen soll erreicht werden, dass nur die zwei Wölfe geschossen werden, die bereits Tiere gerissen haben, und keine andere Wölfe.

Neben dem Antrag aus Bad Kissingen liegen der Behörde auch Anträge auf den Abschuss einer Wolfsfähe in den Landkreisen Aschaffenburg und Main-Spessart vor. In diesen Fällen ist die Bezirksregierung aber zu dem Ergebnis gekommen, dass in diesen Regionen die Voraussetzungen für einen Abschuss nicht gegeben sind. "Für diese Gebiete ist derzeit eine Wiederholungsgefahr hinsichtlich des Reißens von Nutztieren nicht anzunehmen", hieß es.

Seit dem 1. Mai gilt in Bayern eine Wolfsverordnung, die den Abschuss von Wölfen erleichtert. Der Wolf ist nach europäischem und deutschem Recht eigentlich nach wie vor streng geschützt. Der Bund Naturschutz in Bayern (BN) klagt gegen die Landesregelung.

Vorschaubild: © Karl-Josef Hildenbrand/dpa/Symbolbild