Sie gehören zu den beliebtesten Fotomotiven der Kurstadt: Edeltraud Wiedamann und Irmtraud Zirbel. Am 29. Juli feiern die eineiigen Zwillinge ihren 82. Geburtstag - mit dem Volksmusik-Duo "Die Geschwister Hofmann". Warum sie das Alter nicht juckt?
Der Regentenbau, das Sisi-Denkmal, der Rosengarten - das dürften die meist fotografierten Motive in Bad Kissingen sein. Und Edeltraud und Irmtraud natürlich, wenn die beiden mal wieder durch Bad Kissingen flanieren. Edeltraut Wiedamann und ihre Schwester Irmtraud Zirbel sind eineiige Zwillinge. Und werden heute 82 Jahre alt. Eine Geschichte über ein Leben - zu zweit.
Wie ein Ei dem anderen, so gleichen sie sich wirklich: Das selbe feine Gesicht, volle weiße Haare, den selben Humor, die selbe Fähigkeit, lauthals zu lachen und das Leben nicht ganz so ernst zu nehmen - wer mit den Zwillingen spricht, ist verblüfft. Edeltraud Wiedamann lebt in Garitz, Irmtraud Zirbel in Oberthulba. Wann immer es geht, sind sie zusammen. Und wenn sie zusammen irgendwo auftauchen, geraten die Menschen in Verzückung und zücken ihre Fotoapparate. "Das passiert uns ständig, dass wir gefragt werden, ob man uns knipsen darf."
Irmgard war eine Überraschung
Als Edeltraud geboren wurde, herrschte der Zweite Weltkrieg. Die Eltern wohnten in Seelze bei Hannover. Eine Diagnostik gab es keine, und so war die Überraschung groß, als fünf Minuten nach Edeltrauds Geburt weitere Wehen ein zweites Mädchen in diese Welt pressten. Ein Kind, das so ungeplant war, dass es kurzzeitig nicht einmal einen Namen hatte. Irmtraud, fünf Minuten jünger.
Zwei Leberflecke scheinen die einzigen äußeren Unterscheidungsmerkmale der beiden Frauen zu sein. Innen sind es bei Edeltraut vier Stents, bei Irmtraud sieben, die das Herz entlasten. "Sonst gibt"s keine Unterschiede", sagen die beiden fröhlichen Frauen. Kleidungsgeschmack? So ähnlich, dass beide immer im Doppelpack einkaufen. Nicht immer, aber sehr häufig und manchmal unabgesprochen tragen sie die gleichen Klamotten.
"Was haben wir die Jungs veräppelt!"
Ihre Kindheit hört sich ein bisschen nach dem Doppelten Lottchen an, Erich Kästners Erfoglsroman. "Ach", winkt Irmtraud ab und lacht so, dass ihr Oberkörper nach vorne fällt, "was haben wir die Jungs früher veräppelt!" Fand einer Irmtraud hinreißend, sie ihn aber eher langweilig, sprang Edeltraud beim Date ein und umgekehrt. "Das hat nie einer gemerkt!" Und in der Schule hatten die Lehrer ihre liebe Not, wenn die beiden heimlich die Plätze tauschten.
Es ist dem Glück, der Fügung des Schicksals oder der Intuition ihrer Mutter zu verdanken, dass sie überhaupt noch leben. "Wir waren im Kindergarten, es gab Sirenenalarm. Unsere Mutter hatte ein merkwürdiges Gefühl, so beschrieb sie es damals. Sie fuhr mit dem Rad zum Kindergarten, packte uns und radelte mit uns nach Hause. Nun: Das Haus, in das sich die Kindergärtnerin mit den anderen Kindern geflüchtet hatte, wurde bombardiert. Es überlebte niemand."
Die eine ist krank, die andere hat Schmerzen
Über die Intuition von Zwillingen haben Generationen von Psychologen geforscht - über dieses unsichtbare Band, für das es keine Belege gibt, aber genügend Erzählungen. Edeltraud und Irmtraud fallen spontan viele solcher Geschichten ein. "Es war 1962, da war ich gerade nach Bad Kissingen gezogen", sagt Edeltraud. Von Beruf Schneiderin hatte sie ihren Job verloren und zusammen mit ihrer Schwester bei den Schokoladefabrikanten Bahlsen und Sprengel gearbeitet, bis eine Freundin sie aus Kissingen anrief: Sie möge doch kommen - es sei so schön hier, einen Job als Zimmermädchen in einem Hotel habe sie auch für sie. "Da bin ich gefahren." "Das war schlimm", erinnert sich ihre Schwester Irmtraud. "Was habe ich sie vermisst. Ich bin gar nicht mehr weggegangen." Und dann, plötzlich, überfielen Edeltraud schlimmste Bauchschmerzen. "Ich wusste nicht, was los war. Dann habe ich meine Mutter angerufen und gefragt: Sag mal, ist etwas mit Irmtraud?" Ja, es war etwas - Irmtraud hatte eine Blinddarmentzündung. Und Edeltraud die Schmerzen.