Will-Bräu: Familien-Unternehmen als Lebensmittelpunkt

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Ein Lkw vor dem Gasthaus der Will Bräu. Foto: Archiv der Will Bräu.
Ein Lkw vor dem Gasthaus der Will Bräu.  Foto: Archiv der Will Bräu.
Eine Zeichnung der Will Bräu, undatiert. Foto: Sammlung Alfred Stumpf
Eine Zeichnung der Will Bräu, undatiert.  Foto: Sammlung Alfred Stumpf
 
Der Will-Bräu-Fuhrpark vor dem ehemaligen Brauhaus Anfang der 1960er Jahre. Im Hintergrund der neu erbaute Gär- und Lagerkeller. Foto: Archiv der Will Bräu.
Der Will-Bräu-Fuhrpark vor dem ehemaligen Brauhaus Anfang der 1960er Jahre. Im Hintergrund der neu erbaute Gär- und Lagerkeller. Foto: Archiv der Will Bräu.
 
Blick auf die Will Bräu vom Kirchendach im August 1991. Foto: Helmut Möller
Blick auf die Will Bräu vom Kirchendach im August 1991. Foto: Helmut Möller
 
Die Abfüllanlage Ende der 1950er Jahre. Foto: Archiv der Will Bräu.
Die Abfüllanlage Ende der 1950er Jahre. Foto: Archiv der Will Bräu.
 

Seit 230 Jahren ist die Will Bräu in Familienbesitz. Wie der "Geburtstag" gefeiert wird, hängt von der Corona-Pandemie ab, die auch vor der Mottener Brauerei nicht Halt macht.

Es ist wohl ein Charakteristikum, das auf alle Familien zutrifft, die eine Brauerei führen: "Die Familie lebt die Brauerei". So beschreibt Ulrich Klesper, der mit seiner Schwester Julia seit 1987 geschäftsführende Gesellschafter und Betreiber der Will Bräu ist, den Bezug zum Unternehmen als Lebensmittelpunkt: "Das Unternehmen kommt zuerst.”

Diese Einstellung scheint die letzten Jahrhunderte die Mottener Brauerei geprägt zu haben, denn die Braustätte, die laut Will-Bräu-Homepage "die geistlichen Herren aus dem Hochstift Fulda" im 9. Jahrhundert errichten ließen, blieb seit 1791, als Johann Georg Will die "Fürstlich-Fuldische Amtsbrauerei nebst Wirtshaus" kaufte, ohne Unterbrechung in Familienbetrieb. Für Feierlichkeiten zum 230-jährigen Jubiläum im Jahr 2021 gab es schon Ideen. Doch die bleiben vorerst in der Schublade - zu unsicher ist derzeit, welche Feiern heuer überhaupt möglich sind.

Bis 1791 wurde das Brauhaus, zu dem schon eine Schankstätte gehörte, an die Amtmänner von Motten verpachtet. Das Bier wurde damals nur für die hohen Herren des Hochstifts und für die Schankwirtschaft gebraut. Nach dem Tod des letzten Pächters Balthasar Will kaufte der Mottener Johann Georg Will das Anwesen. In der Folgezeit wurde das Unternehmen von den Familien Will, Klüh und Böhm kontinuierlich erweitert und modernisiert.

Wegen Expansion neue Häuser gebaut

Als "sehr einschneidend" gilt der Zweite Weltkrieg. Brauereibesitzer Karl Will gerät in Kriegsgefangenschaft, die Will Bräu wird von der Treuhand verwaltet. Ab 1948 ist sie wieder "geprägt von dem unternehmerischen Geist der Familie Will", wie es auf der Homepage der Will Bräu heißt.

So mancher Bewohner der Ortschaft wurde Ende der 1960er Jahre umgesiedelt. Die Erweiterungsbestrebungen der Will Bräu waren an die Grenzen der in der Nachbarschaft entstandenen Häuser gestoßen. Ein brauereieigener Bautrupp baute neue Häuser für die Mottener, deren Häuser den Expansionsplänen weichen mussten.

"Blütephase"

Diese 1960er und 1970er Jahre bezeichnet Ulrich Klesper als die "Blütephase" der Will Bräu. Die Brauerei hatte sehr früh auf das Pils-Bier gesetzt und erlebte einen Aufschwung. Auch die Aufhebung der Preisbindung förderte den Umsatz. Den damaligen Brauereibesitzer Franz Karl Will sieht Ulrich Klesper als "prägend, tatkräftig und zielstrebig an. Er hat die Brauerei groß gemacht". Unter seiner Federführung wurde der Lagerkeller gebaut, das Lagerkellerhochhaus von vier auf sieben Stockwerke erhöht, 1953 das Sudhaus vergrößert und zehn Jahre später erneut erweitert. Der Slogan "Ich will Will..." machte Will Bier deutschlandweit bekannt.

Modernisierung und Altbewährtes

Die steigende Nachfrage erforderte laufend Modernisierungen, doch die Will Bräu setzt auch auf Altbewährtes. Nicht nur der Erfolg der Familienführung, auch das Handwerk des Brauens erfolgt ganz im Zeichen der Tradition. "Bier braucht Ruhe", hatte Ulrich Klesper schon von seinem Vater mit auf den Weg bekommen, und führt diese Bierbraukunst in der Will Bräu weiter. Dort reift der Gerstensaft vier bis fünf Wochen, die Lagerkapazität ist vorhanden und erlaubt die relativ lange Ruhezeit. Der Brauer überwacht mit seiner sensorischen Erfahrung den Brauprozess. Geschmack, Geruch und die Farbe des Bieres geben Aufschluss über den Reifegrad. Eine nahe Verbindung zum Produkt ist so vorhanden. Ulrich Klesper ist von diesem Herstellungsprozess überzeugt und "stolz, Teil davon zu sein". Bier vermittle den Menschen nicht nur Gemütlichkeit und Genuss, sondern auch Kultur. Bier sei ein Identifikationsmerkmal.

Wegen Corona Bier weggeschüttet

Umso mehr schmerzt die jüngste geschichtliche Entwicklung. Die Corona-Pandemie macht auch vor der Mottener Brauerei nicht Halt und beschert ihr einen 30- bis 35-prozentigen Umsatzrückgang. Dies ist auch der Anteil, der bis vor zwei Jahren an Gaststätten, Vereine, für Veranstaltungen und Feste verkauft wurde. Wie andere Brauereien, musste auch die Will Bräu schon Fassbier nach Ablauf der fünfmonatigen Haltbarkeit wegschütten. Seit März vergangenen Jahres befindet sich das Unternehmen in Kurzarbeit: "Das ist das einzige Instrument, um die Arbeitsplätze zu sichern." Eine substanzielle Lösung sei es nicht, lindere aber die Not. Aussicht auf eine staatliche Förderung gibt es für Brauereien nicht. Zwar geriet die Will Bräu "nicht in finanzielle Schieflage, die Situation ist trotzdem belastend", beschreibt Ulrich Klesper die Atmosphäre. "Unsere Branche wird dauerhaft leiden, Corona wird Spuren hinterlassen."

Sommer mit "angezogener Handbremse"

Demografisch bedingt gebe es sowieso schon einen langfristigen Minus-Trend, Corona beschleunige diese Tendenz um ein Vielfaches. Schwarzmalerei liegt Ulrich Klesper fern, aber für Euphorie gebe es derzeit auch keinen Grund. Er prophezeit auch für diesen Sommer Brauereibetrieb "mit angezogener Handbremse. Wir sind vom normalen Geschäft meilenweit entfernt."

Informationen

Ausführliche Informationen über die Geschichte und Firmenphilosophie der Will Bräu gibt es auf der Homepage der Will Bräu.

Umfirmierung: Das "Hochstiftliche Brauhaus" betreibt Brauereien in Fulda, Motten, Lauterbach und Schlitz. Nach der Übernahme der Will Bräu 1987 durch das Hochstiftliche Brauhaus Fulda erfolgte 1994 die Umfirmierung in "Hochstiftliches Brauhaus in Bayern".