Rhöner Schinken reift in Unterleichtersbach: Welche Idee dahinter steckt und was das Besondere daran ist

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Silvia Kleinhenz und ihr Vater Richard mit einem der ersten Exemplare des Rhöner Schinkens. Foto: Rebecca Vogt
Silvia Kleinhenz und ihr Vater Richard mit einem der ersten Exemplare des Rhöner Schinkens. Foto: Rebecca Vogt

In einem länderübergreifenden Projekt entsteht in der Region derzeit ein neues Produkt, an dem auch eine Metzgerei aus Unterleichtersbach beteiligt ist. Was es mit dem Rhöner Schinken genau auf sich hat.

Auf einem großen schwarzen Schneidbrett transportiert Silvia Kleinhenz einen saftig rot schimmernden Schinken. Eigentlich nichts Ungewöhnliches, denn die staatlich geprüfte Lebensmittelchemikerin hat vor ein paar Jahren den Betrieb ihres Vaters übernommen: Die Landmetzgerei Kleinhenz in Unterleichtersbach. Täglich geht es dort im wahrsten Sinne des Wortes um die Wurst.

Doch der Schinken, den Kleinhenz extra für den Termin mit dieser Redaktion aus dem Lager geholt hat, ist ein ganz Besonderer: Er ist eines der ersten Exemplare des Rhöner Schinkens. Einer Produktneuheit aus der Region, die Anfang Oktober auf dem 11. Ostheimer Wurstmarkt offiziell vorgestellt werden soll.

Sieben Metzgereien aus der Rhön

"Der Schinken wird bis dahin reifen und dann ganz anders aussehen als jetzt. Er wird zum Beispiel einen leichten weißen Überzug haben", verrät Kleinhenz. Ihre Landmetzgerei ist eine von sieben Metzgereien aus dem Netzwerk der Dachmarke Rhön, die an der Herstellung des Rhöner Schinkens beteiligt sind.

"Das Großartige an dem Projekt ist, dass die Metzgereien nicht in Konkurrenz zueinander stehen, sondern alle zusammenarbeiten", berichtet die Unterleichtersbacherin.

Ende Januar ist das länderübergreifende Projekt gestartet, wie es in einer Pressemitteilung der Rhön GmbH heißt: Die teilnehmenden Betriebe in Bayern, Hessen und Thüringen haben hier erstmals Schweinefleisch mit der neuen Würzmischung gesalzen.

Naturgewürze mit Regionalbezug

Welche Gewürze das im Einzelnen sind, ist geheim. Auch Silvia Kleinhenz und ihr Vater Richard, seines Zeichens Metzgermeister, lassen sich da nur wenig entlocken: Bei den verwendeten Gewürzen sei darauf geachtet worden, dass diese einen Bezug zur Region haben. Es handele sich bei der Mischung um eine eigens für den Schinken entwickelte, geschützte Rezeptur. Hierfür wurde mit der thüringischen Lay Gewürze GmbH zusammengearbeitet, wie Richard Kleinhenz berichtet.

Seit Ende vergangenen Jahres hätten die Metzger gemeinsam an einer passenden Rezeptur getüftelt. "Ziel war es, einen Schinken wie früher zu produzieren", sagt Kleinhenz. "Mit Naturgewürzen, ohne Zusatzstoffe und ohne Allergene."

Entstanden ist die Idee dazu im hessischen Rasdorf. Zwar fiel dort die zweite Auflage des Rhöner Schinken- und Destillationsmarktes im vergangenen Jahr coronabedingt aus, aber stattdessen standen Schinken- und Schnapsspezialitäten im September beim "Besonderen Feierabendmarkt" im Mittelpunkt, wie die Rhön GmbH berichtet.

Rhöner Schinken mit drei besonderen Merkmalen

Bei einer Nachbesprechung hierzu stießen die Metzgermeister Christoph Budenz, Richard Kleinhenz und Ludwig Leist erste Überlegungen zur Etablierung eines Rhöner Schinkens an. Nach "intensivem Austausch" mit Thomas König von der Abteilung Marke und Produkt der Rhön GmbH und Matthias Weller, dem Vorsitzenden des Vereins Rasdorfer GenussKultur, stand laut Mitteilung kurze Zeit später das Konzept für das Produkt.

"Der luftgetrocknete Schinken soll sich durch drei Merkmale auszeichnen: ein einheitliches Rohprodukt, einheitliche Würzung nur mit Naturgewürzen sowie einheitliche Reifung", berichtet die Rhön GmbH weiter. Das Fleisch trage - wie später auch der fertige Schinken - das Siegel "Qualität des Biosphärenreservats! Die Rhön". Es stamme ausschließlich von Strohschweinen, idealerweise Bio-Schweinen.

Die Landmetzgerei Kleinhenz in Unterleichtersbach verarbeitet beispielsweise größtenteils Bio-Fleisch, wie die Firmenchefin berichtet. Zu den Bio-Schweine-Lieferanten zählt der Antonius-Hof in Fulda. Geschlachtet werden die Tiere im Fuldaer Schlachthaus. Der fertige Rhöner Schinken habe rund drei Kilo Frischmenge und fertig rund zwei Kilo Gewicht, sagt Richard Kleinhenz.

Sechs Monate reift der Schinken

Nach der Salzung mit der Gewürzmischung reift der Schinken für sechs Monate. Er wird luftgetrocknet, was eine weitere Besonderheit darstellt. "In Deutschland wird Schinken normalerweise geräuchert", erklärt Silvia Kleinhenz. Der Rauch töte Keime ab, verpasse dem Schinken aber auch seine Geschmacksnote, wodurch die Gewürze teilweise überdeckt würden.

Das sei bei der Lufttrocknung nicht der Fall, dafür müsse hier die Umgebung hygienisch einwandfrei sein, führt Kleinhenz weiter aus. "Es muss die richtige Betriebsflora herrschen, damit die Lufttrocknung des Schinkens gut funktioniert. Die Lufttrocknung ist im Gegensatz zum Räuchern des Schinkens die höhere Kunst der Reifung."

Erste Kostproben des Rhöner Schinkens sollen am 9. September, also schon etwa einen Monat vor der offiziellen Präsentation, auf dem nächsten "Besonderen Feierabendmarkt" in Rasdorf angeboten werden, wie die Rhön GmbH berichtet. Der genaue Name, unter dem der Schinken auf den Markt kommen wird, ist noch geheim. Ebenso wie der tatsächliche Geschmack.

Spezialisten für Rohschinken

Sie wüssten aber schon, wie der Schinken schmecken werde, sagt Richard Kleinhenz. Beteiligt seien schließlich Metzger mit jahrelanger Berufserfahrung, die selbst immer wieder viel testen würden. "Die Metzger, die mitmachen, sind allesamt Spezialisten für Rohschinken", unterstreicht auch Silvia Kleinhenz. Am Ende der Verarbeitung und Reifung werde ein hochwertiger Schinken stehen.

Dieser sei sicher auch ein schönes Mitbringsel, das Urlauberinnen und Urlauber aus der Rhön mit nach Hause bringen könnten, befindet Richard Kleinhenz. Und wer weiß, vielleicht entsteht hier ein Produkt, das in Deutschland oder darüber hinaus einmal so bekannt sein wird wie Schwarzwälder Schinken und Thüringer Rostbratwurst.

Diese Metzgereien und Organisationen stecken hinter dem Projekt: Sieben Metzgereien aus dem Netzwerk der Dachmarke Rhön arbeiten nach einheitlichen Qualitätsstandards an der Herstellung des Rhöner Schinkens: Beteiligt sind in Bayern die Betriebe Kleinhenz (Unterleichtersbach) und Koob (Bad Neustadt), in Hessen die Betriebe Budenz (Rasdorf), Richter (Eiterfeld), Henkel (Hofbieber-Mahlerts) und Leist (Hilders) sowie in Thüringen der Betrieb Wenzel (Urnshausen).

Weitere Betriebe aus dem Netzwerk der Dachmarke Rhön oder solche, die beitreten möchten und die erforderlichen Maßgaben erfüllen, können laut Pressemitteilung jederzeit einsteigen (Kontakt: thomas.koenig@rhoen.de). Begleitet wird das Projekt von der Abteilung Marke und Produkt der Rhön GmbH, dem Verein Rasdorfer GenussKultur sowie den Verwaltungen des Unesco-Biosphärenreservats Rhön.