Ganz einfach, weil ich hier lebe und weiß, dass es so ein Angebot hier nicht gibt. Es wäre so schön, wenn man das hier anbieten könnte, haben viele zu mir gesagt. In Hammelburg gibt es ja zum Beispiel schon ein ähnliches Angebot. Aber es ist sicher gut, wenn man hier zusätzlich einen Treff anbietet und diesen über den Landkreis hinaus öffnet. Wenn man aus seinem Umfeld herausgezogen wird, öffnet man sich vielleicht besser. Ich bin selbst schon bis nach Bad Königshofen gefahren mit meinen Gefühlen - zu einem Trauerseminar.
Sie sind nach zwei persönlichen Verlusten erst Hospiz- und dann auch noch Trauer-Begleiterin geworden. Wie genau kam das?
Als mein Vater gestorben ist, stand ich plötzlich allein da. Mein Papa ist ziemlich schnell verstorben, und ich wusste zu dem Zeitpunkt, dass auch mein Mann stirbt. Ich hatte sonst keine direkten Angehörigen mehr, mein Papa war der letzte Teil meiner Angehörigen, und ich stand da mit einem Sterbenden im Haus. Da habe ich jemanden gebraucht, mit dem ich darüber reden konnte. Wenn man jemanden pflegt und ständig mit einem todkranken Menschen zusammen ist, braucht man ein paar Minuten Ausgleich. Ob das ein Friseurbesuch, Gymnastik oder der Gang ins Schwimmbad ist. Oder jemand, mit dem man eine Tasse Kaffee trinkt und der einen über den Sterbeprozess begleitet. Jemand, den man anrufen kann, der da ist, der weiß, was in dem Chaos zu tun ist. Ich hatte damals eine Frau an der Seite, die mich nach Fulda ins Krankenhaus gefahren hat, als mein Mann gestorben ist, und den Arzt zum Beispiel vorsorglich um eine Beruhigungstablette für mich gebeten hat, damit ich nachts schlafen kann. Das, was dir da widerfahren ist, das möchtest du auch einmal anderen Menschen zurückgeben, habe ich mir damals gedacht.
Wie erleben Sie Ihre Arbeit als Hospiz- und Trauerbegleiterin? Das ist sicher oft hart.
Sie glauben gar nicht, was so eine Sterbebegleitung im Positiven mit einem macht, einfach, weil man den Menschen so viel geben kann und man auch viel zurückbekommt. Aber es belastet natürlich auch, vor allem, wenn ein Fall sich mit den Erfahrungen, die man selbst gemacht hat, deckt. Da hat man dann schon ein bisschen mehr zu knabbern, wenn man damit konfrontiert ist. Im Hospiz gibt es monatlich eine Supervision, in der wir unsere Erlebnisse aufarbeiten. Ich arbeite jetzt seit 20 Jahren im Hospiz, da ist es in einem drinnen, wie man mit Verlust umgeht. Es geht vor allem darum, dass man zeigt: Du bist mir wichtig, ich verstehe deine Situation. Gerade im Hospiz haben wir den Auftrag, zu begleiten, zu zeigen: Ich bin da, wenn du eine Stütze brauchst. Man kennt sich da auch mit dem Drumherum aus, von der Patientenverfügung bis was weiß ich was. Wir haben uns in der Ausbildung zum Beispiel auch das Krematorium zeigen lassen, damit wir bei Fragen zu dem Thema gerüstet sind. Bei Trauernden geht es mehr um den seelischen Knacks. Man hört oft den Satz: Du darfst nicht vor mir sterben. Das ist nichts anderes als eine Angst vor dem Alleinsein. Oft ist es ja für denjenigen, der stirbt, eine Erlösung. Aber beide Seiten müssen sich verabschieden. Als Angehöriger muss man dem Sterbenden irgendwann auch die Erlaubnis geben, gehen zu dürfen.
Der Tod wird in der Gesellschaft ausgeklammert. Warum ist das so?
Man spricht nicht gerne darüber. Wenn wir mal im Freundes- oder Bekanntenkreis auf das Thema kommen, höre ich oft: Du, bleib bitte bunt. Ich will mich damit nicht auseinandersetzen. Oder zum Beispiel im Pflegeheim, da hatten wir das Thema Einäscherung. Es ging vom Aschekreuz bis hin zum Aschewerden. Da hat einer der Senioren, weit über 80, gesagt: Erzähl mir von was anderem. Der Tod ist ein schweres Thema, und wir haben im Leben schon genug schwere Sachen mit uns rumzutragen. Und, der Tod ist weit weg. So wie wir auch mal dachten, Corona ist weit weg. Mit dem Tod möchte man sich einfach nicht auseinandersetzen. Die Angehörigen sind nie darauf vorbereitet, auch wenn sich beim Sterbenden eine Krankheit zum Beispiel schon lange hinzieht. Der Moment des Todes ist immer plötzlich.
Was beschäftigt Menschen, die trauern?
Trauer ist nicht nur ein plötzliches, vorübergehendes Gefühl, sondern etwas, das sich hinzieht. Deswegen ist es wichtig, sich zu treffen und darüber zu sprechen. Zunächst ist da der Verlust. Viele wissen nicht, wie es weitergeht und sie damit klarkommen sollen. Mich hat mal jemand gefragt: Ist es normal, dass ich jeden Tag auf den Friedhof gehe? Andere kostet es Überwindung, überhaupt hinzugehen. Und dann ist Trauer ein langer Prozess. Ich finde heute noch Dinge, die mich an meine Eltern erinnern. Meine Mutter zum Beispiel war eine Leseratte, das bin ich auch, aber mit einem ganz unterschiedlichen Geschmack, was die Lektüre betrifft. Trotzdem habe ich sehr lange gebraucht, um ihre Bücher wegzugeben. Es braucht zum Beispiel auch eine ganze Weile, um Bilder aufhängen und auch anschauen zu können. Oder sich an schöne Situationen zu erinnern, ohne dass es die Trauer auslöst.
Wie kann man mit Trauer umgehen?
Wichtig ist, dass ein Austausch erfolgt. Nur so sieht man, dass es anderen Menschen genauso geht, dass sie das Gleiche erleben und dass man nicht verrückt ist oder so, sondern ganz normal auf den Verlust, die plötzliche Erfahrung der Trennung, reagiert. Da dürfen einem auch mal die Tränen kommen. Aber je öfter ich über den Verlust spreche, je öfter ich mich damit konfrontiere, umso besser wird es. Der Druck lässt nach. Früher, wenn ich zu Bestattungen gegangen bin, hatte ich immer einen Kloß im Hals und mir kamen die Tränen. Auch wenn es zum Beispiel kein enger Verwandter, sondern ein Schulkollege oder Nachbar war, der gestorben ist. In der Ausbildung habe ich erfahren, dass ich dabei nicht um den Verstorbenen geweint habe, sondern aufgrund des Verlusts, den ich erlitten und noch nicht verarbeitet hatte. Das Verarbeiten, sich mit dem Thema Trauer zu beschäftigen und es in seinem Leben zu etablieren, ist ganz entscheidend.
Alle Infos zum Trauertreff: Als erster Termin für den Trauertreff ist Freitag, 25. Februar, angedacht. Die weiteren Treffen sollen dann im dreiwöchigen Rhythmus stattfinden. Dementsprechend ist der nächste Termin der 18. März. Der Trauertreff ist im Haus Volkersberg angesiedelt. Beginn ist jeweils um 17 Uhr, Ende gegen 18.30/19 Uhr. Platz ist für maximal zehn Personen. Die Anmeldung läuft über den Malteser Hilfsdienst (Hartmannstraße 2a, 97688 Bad Kissingen; Tel.: 0971/ 72469422; E-Mail: hospiz-kg@malteser.org). Angedacht ist zunächst eine Serie von zehn Terminen, dabei müssen nicht alle besucht werden, jeder Termin ist in sich abgeschlossen. Das Team arbeitet ehrenamtlich, der Trauertreff ist kostenfrei.