Erinnerung braucht einen Platz

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Auf der Eckbank um den Tisch in der Guten Stube wurden Führungen gerne bei einer zünftigen Brotzeit beendet. Isabelle Geck und ihre Eltern Cornelia und Reinhard Sturm führen dieses Ritual gerne weiter. Fotos: Stephanie Elm
Auf der Eckbank um den Tisch in der Guten Stube wurden Führungen gerne bei einer zünftigen Brotzeit beendet. Isabelle Geck und ihre Eltern Cornelia und Reinhard Sturm führen dieses Ritual gerne weiter.  Fotos: Stephanie Elm
Ein Tabakschneider in der Werberger Stube. Foto: Stephanie Elm
Ein Tabakschneider in der Werberger Stube.  Foto: Stephanie Elm
 
Das Turmkreuz der Werberger Kirche. Foto: Stephanie Elm
Das Turmkreuz der Werberger Kirche.  Foto: Stephanie Elm
 

Die Werberger Stube feiert ihr 30-jähriges Bestehen. Es werden alte Fotos und Filmausschnitte gezeigt. Durch das ehemalige Dorf sind Führungen geplant.

Seit Lothar Selig (†), die Werberger Stube geleitet hat, war es üblich, dass Führungen durch das kleine Museum am Stubentisch mit einer Brotzeit ausklangen. Isabelle Geck, die mit ihrer Familie seit 2015 die Pflege der Werberger Stube wahrnimmt, führt dieses Ritual gerne weiter. "Oft bleiben die Besucher noch lange sitzen, obwohl sie sich eigentlich noch etwas anderes vorgenommen hatten. Aber das "Zusammengehörigkeitsgefühl wirkt hier wohl sehr stark", so die Kothenerin.

Ein "schweres Erbe" hatte die Familie nach dem plötzlichen Tod von Lothar Selig übernommen. Der ehemalige Lehrer hatte jahrelang Kindern und Jugendlichen die alten Rhöner Lebensweisen vermittelt. Doch Isabelle Geck und ihre Eltern fühlten sich dem Erhalt des Werberger Andenkens verpflichtet und haben deshalb für verschiedene Altersklassen Führungen zusammengestellt.


Zentrale Anlaufstelle

Isabelles Mutter Cornelia Sturm, geborene Haydu, war noch in Werberg geboren worden und denkt gerne an die Zeit ihrer Kindheit zurück. Vor 51 Jahren mussten die Werberger das Dorf endgültig verlassen, die Familien zerstreute es in alle Richtungen.

Doch haben sie nun seit 30 Jahren eine zentrale Anlaufstelle. In der Kirchgasse in Kothen ist seit 1987 die Werberger Stube im Gebäude der alten Schule untergebracht. Die Dorfbewohner von Werberg hatten nach den beiden Absiedlungen 1938 und 1966 viele Andenken aus ihrer alten Heimat mitgenommen. Darunter waren Kleidungsstücke, Bilder oder Geschirr, aber auch größere Gegenstände wie ein Stubenschrank, ein Butterfass, Sensen, Flachskämme und Messgewänder. Zunächst waren die vielen Erinnerungsstücke in den Familien gesammelt worden, wo immer es sie hin verschlagen hatte. Doch war dies in der neuen Bleibe einerseits häufig ein Platzproblem, andererseits wuchs der Wunsch nach einem zentralen Ort, an dem man sich regelmäßig treffen konnte.

1973 hatte sich bereits die "Interessengemeinschaft ehemalige Werberger" gebildet, erster Vorsitzender wurde Oberstleutnant a.D. Ernst Zimmermann. Ziel war der Erhalt der Überreste von Werberg. Weit ab der alten Heimat könne "das Andenken an Werberg auf die Dauer nicht erhalten werden", schrieb Ernst Zimmermann in "Alte Heimat Werberg" und äußerte den Wunsch nach "einer geeigneten musealen Erinnerungsstätte", um die Andenken an Werberg "ständig zugänglich machen zu können."

Geeignet erschienen Ernst Zimmermann die Kellerräume des alten Kothener Schulhauses. Unter dem ehemaligen Mottener Bürgermeister Josef Will wurden diese Räume der Interessengemeinschaft unentgeltlich und auf unbegrenzte Zeit zur Verfügung gestellt. Sie wurde 1987 eingeweiht.

Im ersten Raum befinden sich kirchliche Gegenstände sowie Unterlagen der Werberger Gemeindeverwaltung. Hier ist auch der Grundstein der Werberber Kirche aufbewahrt, den Ernst Zimmermann aus den Trümmern des gesprengten Gotteshauses ausgegraben hatte.

Eine typische Bauernstube schließt sich an. Vom Bett bis zum Webstuhl zeigt sie das Leben einer Rhöner Familie auf.

Im dritten Raum sind landwirtschaftliche Arbeitsgeräte zu sehen. Kuhjoch, Dreschflegel, aber auch Schulranzen, ein hölzernes Kinderfahrrad und vieles mehr hat nun hier seinen Platz.

Wie zu jedem Werberger Treffen ist die Werberger Stube auch dieses Jahr geöffnet. Da wegen der gerade erst beendeten Sanierungsarbeiten auf dem Werberger Friedhof dort keine Andacht stattfinden kann, wird diese heuer um 15 Uhr vor der Werberger Stube gefeiert.

Der Ablauf des Fests:

Anfahrt
Zum Werberger Treffen am 24. Juni ist die Schranke an der "Einfahrt Süd" ab 10 Uhr geöffnet. Da es in Werberg selbst nur begrenzt Parkmöglichkeiten gibt, wird gebeten, ab der Rothenrainer Straße Fahrgemeinschaften zu bilden.

Programm Ab 10.30 Uhr werden Führungen durch das ehemalige Dorf angeboten. Es werden Bilder von Häusern an deren ursprünglichen Standorten aufgestellt. Um 16 Uhr schließt die Schranke wieder.
Die Andacht findet um 15 Uhr vor der Werberger Stube (Kirchgasse 1 in Kothen) statt. Danach ist eine Bildergalerie zu besichtigen, außerdem werden Filmausschnitte über Werberg und von alten Werberger Treffen präsentiert. Für das leibliche Wohl ist an beiden Veranstaltungsorten gesorgt. Sanitäre Anlagen sind vorhanden.

Chronik Die Werberger Chronik kann sowohl in Werberg als auch in Kothen erworben werden.