Bad Brückenau: Warten auf den Arzt

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24 Stunden geöffnet: Pflegedienstleiter Falk Riedel in der Notaufnahme der Capio Franz von Prümmer-Klinik. Foto: Ulrike Müller
24 Stunden geöffnet: Pflegedienstleiter Falk Riedel in der Notaufnahme der Capio Franz von Prümmer-Klinik. Foto: Ulrike Müller

Ein kleiner Junge bekommt nachts Bauchschmerzen. Der Bereitschaftsarzt braucht viel zu lange und in der Notaufnahme darf niemand helfen. Warum ist das so?

Es ist eine Situation, die sich kein Elternteil wünscht. Matthias Dittmayer berichtet der Redaktion dieser Zeitung, wie er unlängst nachts einen Arzt für sein Kind suchte. Doch vergeblich. "Der Bereitschaftsdienst sagte mir, dass erst in zweieinhalb Stunden jemand kommen könnte", berichtet der Vater eines dreijährigen Jungen.

Das Szenario ist durchaus realistisch. Zum 1. Februar dieses Jahres wurde der Dienstbereich für den Bereitschaftsdienst mit Bad Kissingen zusammengelegt. Das Gebiet entspricht den Grenzen des Landkreises: Bis zu 50 Kilometer muss der diensthabende Bereitsschaftsarzt zurücklegen, um zum Beispiel von Motten nach Elfershausen oder von Zeitlofs nach Münnerstadt zu kommen. "Da gibt es tatsächlich Situationen, in denen ich den Patienten sagen muss, dass es drei bis vier Stunden dauern kann, bis ich da bin", berichtet Dr. Rainer Nelkenstock, der regelmäßig Bereitschaftsdienste übernimmt.


Bereitschaftsgebiet wurde ausgeweitet

Anfangs hatten sich die Ärzte gegen die Neustrukturierung gesträubt. Schon 2012, als das Gebiet um Wildflecken dazu kam, war die Sorge groß, den Anfragen nicht mehr gerecht werden zu können. Doch mittlerweile zieht Dr. Nelkenstock ein positives Fazit: Die Dienste werden auf mehr Ärzte verteilt als vorher, ungefähr 60 seien es momentan im Landkreis. "Ich muss nur noch etwa die Hälfte an Diensten übernehmen", erzählt Dr. Nelkenstock. Die seien aber auch wesentlich anstrengender, gibt er zu. Die Kommunikation mit der Bereitschaftsdienstzentrale aber lobt er ausdrücklich. Das funktioniere trotz der Entfernung sehr gut.

Matthias Dittmayer jedenfalls wollte nicht so lange auf den Bereitschaftsarzt warten. Die Zentrale empfahl ihm, mit dem Kind ins Krankenhaus zu fahren, doch auch in der Notaufnahme der Capio Franz von Prümmer-Klinik fand die Familie keine Hilfe. "Die Versorgung ist miserabel", sagt der Vater frustriert. Der Bereitschaftsärztin will er dennoch keinen Vorwurf machen. Es geht ihm darum, auf eine Situation aufmerksam zu machen, die jederzeit auch anderen Eltern passieren kann.


Fehldiagnosen verhindern

In der Prümmer-Klinik reagiert niemand überrascht von Dittmayers Geschichte. Das Krankenhaus ist nicht auf kleine Kinder spezialisiert, erklärt Pflegedienstleiter Falk Riedel. Bei internistischen Patienten liege die Altersgrenze bei 14 Jahren. "Kinder reagieren ganz anders als Erwachsene", sagt Riedel. Es bestehe die Gefahr von Fehldiagnosen oder einer Fehltherapie, deshalb verweise das Personal grundsätzlich auf Kliniken in Fulda oder Bad Kissingen.

Anders sei es, wenn ein Kind mit einer Platzwunde oder einem gebrochenen Arm in die Notaufnahme komme. "Frakturen werden, wenn sie nicht hochkomplex sind, vor Ort behandelt", sagt Riedel. Er macht klar: Bei akuten Notfällen werde auch einem Kleinkind geholfen. Wenn es ganz schnell gehen müsse, bringe ein Notarzt-Wagen das Kind direkt nach Fulda oder Bad Kissingen. "Das schätzen die Kollegen ein, sie haben ja viel Erfahrung", sagt Riedel.

Und Matthias Dittmayer? Dass er ins Krankenhaus geht und sein Kind von einem Arzt noch nicht einmal angeschaut wird, ist für ihn nicht verständlich. "Heutzutage ist alles so stark geregelt, dass niemand mehr selbst Verantwortung übernehmen kann", sagt er. Kann oder darf. Glücklicherweise verflüchtigten sich die Bauchschmerzen seines Sohnes noch in derselben Nacht. Ein ungutes Gefühl aber bleibt.


Medizinische Notfälle: Wer hilft wann?

Bereitschaftsdienst Der ärztliche Bereitschaftsdienst ist eingerichtet worden, um die Zeiten zu überbrücken, in denen Arztpraxen nicht geöffnet haben. Das ist am Mittwochnachmittag, nachts, am Wochenende sowie an Feiertagen der Fall. Der Dienst ist für dringliche aber nicht akute gesundheitliche Probleme zuständig und deutschlandweit erreichbar. Tel.: 116 117.

Rettungsdienst Bei lebensbedrohlichen Situationen kann jederzeit der Rettungsdienst verständigt werden. Für den Bereich Bad Brückenau ist die Rettungswache des Bayerischen Roten Kreuzes in der Rotkreuzstraße zuständig. Laut Vorgabe soll der Rettungsdienst innerhalb von zwölf Minuten am Einsatzort sein. Einige Dörfer haben eigene Helfer vor Ort-Gruppen gebildet, um noch schneller reagieren zu können. Der Notruf für den Rettungsdienst ist ebenfalls bundesweit einheitlich. Tel.: 112.

Notaufnahme Bei akuten Beschwerden, die aber nicht lebensbedrohlich sind wie beispielsweise Knochenbrüche oder Verdacht auf Blinddarmentzündung, ist die Notaufnahme die richtige Anlaufstelle. DieNotaufnahme der Capio Franz von Prümmer-Klinikist rund um die Uhr geöffnet. Das Krankenhaus ist telefonisch jederzeit erreichbar. Tel.: 09741/ 8980.