In der Düsseldorfer Straße soll einer von zwei Wohnblöcken saniert werden. Den Berliner Platz will die Baugenossenschaft auf lange Sicht aufgegeben.
Voll besetzt war die Georgi-Halle am Freitagabend. Die Baugenossenschaft Bad Brückenau hielt ihre Generalversammlung ab. Reine Routine, eigentlich. Doch diesmal hat der Vorstand große Neuigkeiten zu verkünden. Die Baugenossenschaft möchte die Düsseldorfer Straße 23 bis 29 umfassend sanieren. Der Wohnblock am Berliner Platz dagegen soll aufgegeben werden.
Schon jetzt steht fast ein Viertel des Wohnbestands der Baugenossenschaft leer. Das hat mehrere Gründe: Die sinkende Einwohnerzahl der Stadt, ein überschaubares Angebot an Arbeitsplätzen und die Abwanderung gerade junger Menschen gehen nicht spurlos am Wohnungsmarkt vorbei. Dazu kommt, dass einige Wohnungen, die die Baugenossenschaft verwaltet, weder über eine Zentralheizung noch über Warmwasser aus der Leitung verfügen. Geheizt wird mit Holz, zum Teil auch mit Öl. Die Mieten seien zwar günstig, doch die Nachfrage nach unsanierten Wohnungen gehe zurück, schilderte der Vorstand die Situation.
Zwei Millionen Euro investieren
Nun will die Baugenossenschaft handeln: Schätzungweise zwei Millionen Euro sollen in die Düsseldorfer Straße investiert werden. Statt vier soll es in Zukunft nur noch drei Geschosse geben, die Wohnungen werden neu zugeschnitten und mit Zentralheizung und Warmwasser versorgt. Außerdem werden die Balkone vergrößert, für einen Hauseingang ist ein Aufzug im Gespräch. Umsetzen lässt sich das jedoch nur, wenn die Projekte gefördert werden. Die Baugenossenschaft hat bereits vorläufige Anfragen an die Stadt sowie die Regierung von Unterfranken gestellt.
"Wir wollen unsere Mieter halten", sagte Anton Kiefer vom Vorstand. Auch nach der Sanierung müssten die Mieten "verkraftbar" sein. Heinz Zähler, ebenfalls Vorstand, versprach, dass niemand allein gelassen werde. "Wir werden sicher für unsere Mieter Umzugshilfe organisieren, wenn es soweit ist", sagte er. Sobald das Projekt konkret werde, lade die Baugenossenschaft die betroffenen Mieter zu einer Versammlung ein.
Zeit des Niedrigzinses nutzen
Der zweite Gebäudekomplex in der Düsseldorfer Straße, die Nummern 31 bis 35, bleibt von den Plänen unberührt. Alle der 18 Wohnungen sind belegt, die Mieter größtenteils zufrieden. Ganz anders sieht das gleich gegenüber am Berliner Platz aus: 24 der 44 Wohnungen stehen leer. Auf lange Sicht kann sich die Baugenossenschaft vorstellen, den Block der Stadt Bad Brückenau zu verkaufen. Im Rahmen des Förderprogramms Stadtumbau West steht eine komplette Neugestaltung des Areals im Raum. Die Tage des Wohnblocks, der im Jahr 1964 errichtet wurde, scheinen sich dem Ende entgegenzuneigen.
"Wir müssen das Zeitfenster des Niedrigzinses nutzen", betonte Anton Kiefer. Wegen der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt hat der Freistaat Bayern den "Wohnungspakt Bayern" verabschiedet. Kiefer hofft auf Unterstützung für die Düsseldorfer Straße.
Mieter reagieren unaufgeregt
Die Mieter nahmen die Neuigkeiten ohne erkennbare Reaktionen auf. "Fragen werden eher im persönlichen Gespräch gestellt", vermutete Zähler. Er selbst wurde als Vorstand, genauso wie Aufsichtsrat Günter Schneider, turnusgemäß wiedergewählt. Zudem genehmigten die Mitglieder den Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2015 (siehe Info-Kasten) und entlasteten Vorstand und Aufsichtsrat einhellig. Zudem wurde beschlossen, den Gewinn in die Rücklage fließen zu lassen.
Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks (CSU) lobte den Vorstoß der Baugenossenschaft. "Wenn nicht jetzt, wann dann?", fragte sie und sicherte die Unterstützung der Stadt "ihm Rahmen unserer Möglichkeiten" zu. Während der Versammlung wurde deutlich, dass die anderen Häuser der Baugenossenschaft in den kommenden Jahren nicht zu kurz kommen sollen. In der Buchwaldstraße beispielsweise werde bei Bedarf ebenfalls modernisiert.
In der Wohnanlage in der Konrad-Zirkel-Straße gibt es insgesamt 36 Wohnungen. Auch dort soll in den nächsten Jahren saniert werden - wenn auch nicht so umfassend wie in der Düsseldorfer Straße. Hauseingänge, Bäder und Toiletten sollen erneuert, Böden und Fenster sowie Wohnungstüren neu gemacht werden, wo das bisher noch nicht passiert ist. Die Baugenossenschaft rechnet mit Investitionskosten von 500.000 bis 600.000 Euro. Darüber hinaus werden auch die anderen Häuser instand gesetzt, dafür hat die Baugenossenschaft ein Budget von jährlich rund 230.000 Euro vorgesehen.
Aus dem Geschäftsbericht für das Jahr 2015: Wohnungen Die Baugenossenschaft bewirtschaftet 48 Häuser mit 274 Wohnungen und 42 sonstigen Mieteinheiten. 24 Prozent (70 Wohnungen) stehen leer. Allein im Jahr 2015 wurden 70 Umzüge registriert, 16 mehr als im Vorjahr.
Mitglieder Ende 2015 hatte die Genossenschaft 410 Mitglieder, sechs mehr als im Jahr zuvor. Sie halten insgesamt 689 Anteile.
Finanzen Im Geschäftsjahr 2015 hat die Baugenossenschaft rund 1368 Euro Gewinn erzielt. Insgesamt wird ein Vermögen von rund 1,7 Millionen Euro verwaltet, die Schulden belaufen sich auf rund 440.000 Euro. 239.000 Euro investierte die Genossenschaft für Instandhaltung und Modernisierung. Dafür wurden heuer mit 173.400 Euro weniger ausgegeben als geplant.
Personal Der Vorstand arbeitet ehrenamtlich. Im Büro ist eine Vollzeitkraft beschäftigt, zudem sind seit Januar 2015 zwei geringfügig Beschäftigte für die Baugenossenschaft im Einsatz. Für die Pflege der Häuser sind zwei Regiearbeiter angestellt. Der Aufwand für die Verwaltung steigt mit der Zunahme an Wohnungswechseln stetig an.
Herausforderungen Es ist schwierig, den Wohnraum zu vermieten, da das Angebot die Nachfrage übersteigt. Außerdem werden die Mieter immer älter, auch die Sozialstruktur hat sich verändert. Der Vorstand beklagt, dass der genossenschaftliche Zusammenhalt nachlässt.